Ex-Partner hält Abstandsgebot nicht ein und muss in Haft
41-Jähriger bedroht und beleidigt das Opfer zum wiederholten Mal. Backnanger Amtsgericht setzt die Strafe nicht zur Bewährung aus.

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Amtsgericht urteilt über einen 41-Jährigen. Symbolfoto: O. Akdeniz/Stock-Adobe
Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Ein 41 Jahre alter Mann ist jetzt vom Backnanger Amtsgericht zu acht Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Vorgeworfen wurden ihm unter anderem ein Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz sowie Bedrohungen und Beleidigungen. Obwohl es dem Mann untersagt war, sich seiner Ex-Partnerin auf 50 Meter zu nähern, hat er dies getan.
Bis zur Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes (Inkrafttreten am 1. Januar 2002) herrschte Rechtsunsicherheit im Umgang mit Gewalt, die sich im häuslichen und privaten Umfeld ereignete. Wurde Gewalt im familiären Bereich lange Zeit als Privatsache behandelt, so setzte in den 1990er-Jahren ein Umdenkungsprozess ein. Gewaltakte an Frauen werden nunmehr als Menschenrechtsverletzungen und die Staaten als verantwortlich für den Schutz der Opfer angesehen.
Um eben dieses Gewaltschutzgesetz und den Verstoß dagegen geht es in der Verhandlung am Amtsgericht Backnang. Ohne das Einverständnis der Ex-Partnerin darf sich ihr der Angeklagte nicht weiter als 50 Meter annähern. Doch genau dies habe der Angeklagte gemacht. Demnach sei der 41-Jährige aus Backnang im Herbst vergangenen Jahres zur Wohnung der Geschädigten gekommen. Diese war mit dem Auto unterwegs nach Hause und sah den Angeklagten schon von Weitem. Deshalb holte sie ihren derzeitigen Partner zur Unterstützung ab. Der Angeklagte klingelte und beschimpfte sie und ihren Freund lautstark. Es fielen Beleidigungen wie „Hurensohn“ und Drohungen im Sinne von „Komm runter, dann klären wir das unter Männern“. Die zweite Anklage bezieht sich auf das Mitführen eines verbotenen Schlagrings, ebenfalls im Jahr 2021. Die beiden Fälle stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
Der Rechtsanwalt des Angeklagten stellte fest, dass der Sachverhalt in beiden Anklagepunkten unstrittig ist. Im Fall des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz wird dies auch durch die beiden Zeugen, der Geschädigten und ihres Partners, bestätigt. Ein Handyvideo über den Vorfall gibt es ebenfalls. Zweifelhaft bleibt der Punkt der Bedrohung.
Kompliziert wird die Angelegenheit durch die Berufung in einem noch anhängigen Verfahren beim Landgericht Stuttgart, weswegen die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme aller Verfahren gegen den Angeklagten beschlossen hat. Dieser wirft immer wieder ein, dass auch er Anzeige erstattet habe, und muss mehrfach zur Ordnung gerufen werden.
Die Betroffene, 31 Jahre alt, gelernte Einzelhandelskauffrau und Mutter eines Sohns, bestätigt die Vorwürfe gegen den Mann und ergänzt auf Nachfrage, dass etliche andere Verstöße vorgekommen seien, auch an ihrem Arbeitsplatz. Zudem sei sie seither in psychologischer Behandlung, da sie unter massiven Ängsten leide. Seit Januar 2022 habe jedoch kein weiterer Übergriff stattgefunden.
Anstatt eine Frage an die Ex-Partnerin zu richten, erhebt der 41-Jährige schwere Vorwürfe gegen sie. Dies gehe schon langsam in Richtung der Einschüchterung von Zeugen, so der Staatsanwalt. Der Angeklagte wird ein weiteres Mal ermahnt.
Auch der Freund der Geschädigten sagt übereinstimmend aus, dass es zu der Annäherung und den Beleidigungen gekommen ist, wobei er sich an den genauen Wortlaut in Bezug auf die Bedrohungen nicht mehr erinnern kann.
Im Bundeszentralregister gibt es
19 Eintragungen des Angeklagten
Der Richter verliest nun 19 Eintragungen des Beschuldigten im Bundeszentralregister, von Körperverletzung, Nötigung, Hausfriedensbruch, Erschleichen von Leistungen bis hin zu dem Verstoß gegen das BTM- und das Gewaltschutzgesetz sowie Sachbeschädigung. Die entsprechenden Strafen wurden verbüßt.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, sagt der Angeklagte, dass er 1981 in Backnang geboren wurde und dort zur Schule gegangen ist. Nach einer Ausbildung und Tätigkeit als Straßenbauer machte er aus gesundheitlichen Gründen eine Umschulung zum Maler. Auch in diesem Beruf arbeitete er einige Jahre. Derzeit ist er in einer Firma in der Region Stuttgart beschäftigt. Seine Arbeitszeugnisse fallen durchweg gut aus. Seine Schulden trägt er sukzessive ab, eine Drogentherapie ist beantragt. Er ist ledig, kinderlos und zurzeit Single. Damit ist die Beweisaufnahme abgeschlossen.
Der Staatsanwalt plädiert auf eine neunmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung, aufgrund der „höchst einschlägigen Vorstrafen“ und der offenkundigen Gewaltneigung. Die Sozialprognose sei zwar nicht schlecht, die Kriminalprognose jedoch schon. Der Rechtsanwalt hingegen spricht sich für sechs Monate mit Bewährung aus, da der Beschuldigte ein geschätzter Mitarbeiter sei, eine Therapie in Angriff nehmen möchte und dies mit entsprechenden Bewährungsauflagen eine positive Prognose erlaube. Der 41-Jährige verzichtet auf ein letztes Wort.
Das hat nun der Richter. Er verurteilt den Angeklagten nach einer eineinhalbstündigen Verhandlung zu einer Gesamtstrafe von acht Monaten ohne Bewährung und der Übernahme der Kosten des Verfahrens. Als Begründung führt er, neben den Straftaten selbst, die Vorstrafen und seine mangelnde Konfliktfähigkeit an sowie den Umstand, dass ihn auch bisher die Einbettung in ein Arbeitsverhältnis und die damit verbundene Wertschätzung nicht davon abgehalten hat, immer wieder straffällig zu werden.
Der Angeklagte ist mit dem Strafmaß nicht einverstanden, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.