Experten untersuchen Schieferölmeiler der Nazis
dpa/lsw Balingen. Experten des Landesdenkmalamtes wollen am Donnerstag (14 Uhr) in Balingen im Zollernalbkreis Proben aus einem früheren Schieferölmeiler der Nazis entnehmen. Der Meiler war im Zuge des „Unternehmens Wüste“ aufgebaut und im Frühjahr 1945 beim Einzug der Franzosen hinterlassen worden.
Hintergrund ist, dass Albert Speer, Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion, im Juli 1944 die systematische Nutzung des Ölschiefers zur Öl- und Treibstoffproduktion angeordnet hatte.
Zwischen Tübingen und Rottweil sollten zehn riesige Schieferölfabriken entstehen. Um die immense Bauleistung in dem utopisch knapp bemessenen Zeitraum von nur wenigen Monaten umsetzen zu können, griff man auf die Arbeitskraft von Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen zurück. Sieben Außenlager des Konzentrationslager Natzweiler wurden für das Projekt eingerichtet und Tausende KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in die Region verschleppt und für das Ölschieferprojekt ausgebeutet. Viele von ihnen starben.
„Das Unternehmen Wüste war ein grandioser Fehlschlag“, sagte Christian Bollacher, Leiter des Forschungsprojekts KZ-Komplex Natzweiler. Vier der Schieferölwerke hätten vor Kriegsende einen Notbetrieb aufgenommen. Der Ertrag des technisch simplen Meilerschwelverfahrens habe nicht ansatzweise die illusorischen Erwartungen, größere Mengen Rohöl zu gewinnen, erfüllt.
Bei der Erforschung arbeitet das Landesdenkmalamt mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters und dem Competence Center Archaeometry Baden-Wuerttemberg an der Universität Tübingen.
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