Farbenpracht zum Selbstpflücken in Backnang

Landwirt Andreas Häußermann bewirtschaftet seit über 20 Jahren Blumenwiesen, auf denen seine Kunden ihre Sträuße selbst pflücken können. Das Angebot wird gern angenommen. Allerdings steht und fällt es mit der Ehrlichkeit der Menschen, die diese Felder besuchen.

In Backnang kann man in der Sulzbacher Straße und am Heininger Kreisel auf Andreas Häußermanns Wiesen seine Blumen selbst pflücken. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

In Backnang kann man in der Sulzbacher Straße und am Heininger Kreisel auf Andreas Häußermanns Wiesen seine Blumen selbst pflücken. Fotos: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Backnang. Mitten im Gewerbegebiet an der Sulzbacher Straße befindet sich eine blühende Oase mit bunten Blumen direkt an der B14. Die Blumen darf dort jeder Hobbyflorist selbst schneiden. Auf einem großen Betonklotz liegen kleine Messer bereit. Das Feld bewirtschaftet Andreas Häußermann, er ist Landwirt im Gollenhof bei Leutenbach. Dass er einmal elf Felder mit insgesamt zweieinhalb Hektar Blumenwiese als Geschäftszweig ausbauen würde, hätte er früher nicht für möglich gehalten.

Sein Vater war früher Obstbauer und hatte viele Apfelbäume. „Ich habe nur noch Williamsbirnen für die Brennerei“, sagt Andreas Häußermann und lacht. Die Milchkühe seines Vater sind der Aufzucht von Puten gewichen und ebenso haben sich irgendwann die Blumenwiesen in sein Repertoire eingereiht. „Im Gegensatz zum Streuobst habe ich damit bei der Bewirtschaftung keine Erntekosten.“ Auf diese Idee der Feldnutzung hatte ihn damals ein Bekannter gebracht. Seitdem kamen immer mehr Flächen dazu.

Gladiolen stehen in voller Blüte

Auf seinem ersten Feld in Affalterbach standen zunächst nur Gladiolen. „Die sind relativ anspruchslos in der Pflege. Und von ihnen kann man schon ein paar einzelne in eine Vase stellen und das sieht dann gleich schön aus“, sagt Häußermann.

Über das Jahr verteilt blühen inzwischen auf den meisten seiner Felder Tulpen, Gladiolen, Lilien, Sonnenblumen und Pfingstrosen. Auf dem Feld in Backnang verzichtet er auf das Setzen von teuren, mehrjährig blühenden Pfingstrosen und beschränkt sich auf seine anderen Blumen, die er jährlich pflanzen kann. „Meine Blumen und ich werden hier nur geduldet. Das Feld gehört der Stadt und wird auf lange Sicht ein Teil vom Gewerbegebiet werden.“

Doch bis dahin verschönern seine bunten Farbtupfer diesen Teil des Gewerbegebiets sehr, der dritte Satz Gladiolen steht im Moment in voller Blüte. „Wir setzen die Blumen oft zu verschiedenen Zeitpunkten, damit immer etwas Blühendes auf dem Feld steht“, erklärt Andreas Häußermann.

Im Sommer gibts Gladiolen in allen Farben.

© Alexander Becher

Im Sommer gibts Gladiolen in allen Farben.

Bereits im Oktober pflanzt er Tulpen, damit sie im Frühjahr in ihrer ganzen Pracht aufblühen können. Die Zwiebeln der frühen Sorten kühlt er bereits vor dem Pflanzen extra, damit sie sich schneller entwickeln und noch früher aufblühen. Die späten Sorten hingegen bleiben noch eine Weile im Warmen, damit sie etwas später blühen. So kann er die Tulpensaison in die Länge ziehen und „wenn sie am Muttertag noch blühen, sind die Felder oft wie leer gefegt“.

Positives Feedback, aber auch Diebstahl

Viele Menschen nehmen das Angebot zum Selbstpflücken gerne an. Wenn Häußermann auf seinen Feldern arbeitet und mit den Kunden ins Gespräch kommt, sieht er, welche Freude er ihnen damit bereitet. „Manche erzählen mir, dass sie jede Woche kommen und Blumen holen.“

Auf seinem Feld bezahlt man pro Tulpe 60 Cent, für eine Sonnenblume 50 Cent und für eine Gladiole 80 Cent, eine Preisliste hängt aus. Für viele Pflücker spielt sicher auch die Spontaneität eine Rolle, man ist nicht abhängig von Öffnungszeiten. „Und frischer als selbst gepflückt bekommt man keine Blumen“, sagt Andreas Häußermann.

Doch es gibt auch Probleme. In den vergangenen Jahren kommen Blumendiebstähle immer häufiger vor. „Man merkt es schon, wenn in der Kasse weniger Geld ist, als Blumen abgeschnitten wurden.“ Diebe haben auch schon versucht, seine alten Kassen aufzubrechen. Mittlerweile hat er neue, schwere Betonsockel aufgestellt. Das Geld wird in eine schmale Öffnung im Sockel hineingeworfen. Diese Kassen sollen ziemlich einbruchssicher sein. „Inzwischen habe ich selbst Angst, dass ich nie wieder an das Geld rankomme, falls ich den Schlüssel verlieren sollte“, sagt Häußermann lachend. Eines seiner Felder musste der Landwirt sogar aufgeben, weil er den Eindruck hatte, dass dort gewerbsmäßig Blumen gestohlen wurden. „Es wurde viel gepflückt, aber trotzdem war immer zu wenig Geld in der Kasse“, sagt er.

Ohne ehrliche Menschen keine Felder

Eine Kundin beobachtete auch an einem anderen Feld einen Pflücker, der viele Gladiolen abgeschnitten und ins Auto getragen hat. „Und später hat sie ihn auf dem Markt in Stuttgart wiedergetroffen, wo er meine Blumen verkauft hat.“ Solche Fälle könne man natürlich zur Anzeige bringen, bei kleineren Diebstählen sei das aber schwierig. Auch eine Überwachung der Felder komme aus vielen Gründen nicht in Frage.

Andreas Häußermann hat jedoch den Eindruck, dass sich die Fälle von Diebstählen immer noch in Grenzen halten. „Blumen pflückt man doch, weil man sie selbst möglichst lange anschauen oder einer anderen Person eine Freude machen möchte. Und das können die meisten Menschen eher nicht mit Diebstahl vereinbaren.“ Und solange die meisten Menschen ehrlich bleiben, wird es die Felder noch geben. „Wenn sich der Aufwand irgendwann nicht mehr lohnt, sind sie halt weg“, sagt er.

Der Pflegeaufwand einer einzelnen Blumenwiese sei zwar überschaubar, bei elf Feldern gibt es in der Summe dann doch recht viel zu tun. Die Pflanzen zu gießen macht bei der Transportstrecke und der Größe seiner Felder keinen Sinn. Der Landwirt muss also Blumen auswählen, die mit den Gegebenheiten zurechtkommen, und sich dann auf das Wetter verlassen. „Jedes Jahr ist anders“, sagt er und zuckt mit den Schultern. „Aber irgendwie gehts immer.“

Zwischen 70 und 100 Stunden arbeitet er übers Jahr verteilt auf einem Feld. Diese Pflegearbeiten könnte er bei allen Feldern nicht alleine leisten. Er verlässt sich darum auf seine Frau und seine Mutter, die ihn bei der Pflege der Felder unterstützen.

Die schönsten Blumen warten hinten

Die Farbauswahl trifft Häußermann nach seinem persönlichen Geschmack, er kann jedoch auch gut beobachten, welche Farben besonders beliebt sind und oft gepflückt werden. „Viele Menschen lieben weiße Pfingstrosen“, sagt Andreas Häußermann.

Sein Tipp für begeisterte Pflücker: Nicht immer nur bei den vordersten Pflanzen in der Nähe der Straße oder des Parkplatzes nach schönen Exemplaren suchen, sondern ruhig weiter nach hinten laufen. Dort verstecken sich meistens die schönsten Blumen, weil viele Pflücker gar nicht nach hinten laufen und ihre Blüten eher vorne abschneiden. Und: „Gerade bei den Gladiolen würde ich lieber nicht die bereits voll blühenden und damit aktuell schönsten Blumen aussuchen. Die verblühen dann meistens relativ schnell. Ich würde mir die Blumen aussuchen, die gerade erst aufgehen.“

Zum Artikel

Erstellt:
13. September 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen