Festival macht die Bauausstellung IBA in Backnang sichtbar
Vier Jahre vor Beginn der IBA finden im Sommer in Backnang zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Bauen statt. Die Macher wollen damit auch auf das geplante Großprojekt im Westen der Stadt aufmerksam machen. Wann dort gebaut wird, ist allerdings noch immer unklar.

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Künstlerin Barbara Kastin hat seit Anfang des Jahres ihr Atelier auf dem IBA-Gelände. Dort beschäftigt sie sich intensiv mit der Backnanger Industriegeschichte. Ihre Werke wird sie während des IBA-Festivals im Helferhaus ausstellen. Foto: Alexander Becher
Von Kornelius Fritz
Backnang. Die Idee, mit dem Kaelble-Areal und weiteren ehemaligen Industrieflächen im Backnanger Westen an der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 teilzunehmen, ist mittlerweile fünf Jahre alt. Seitdem wurde über das Projekt zwar viel geredet und geschrieben, zu sehen ist davon auf dem 17 Hektar großen Areal allerdings noch nichts. Und es werden wohl auch noch etliche Jahre vergehen, bis dort ein neuer, lebendiger Stadtteil entstanden sein wird. Selbst bei den drei sogenannten Initialprojekten, die nach dem Willen der Stadt bis 2027 fertig sein sollen, ist der Baustart im Moment noch nicht absehbar.
Trotzdem soll die IBA, die in vier Jahren an verschiedenen Standorten in der Region Stuttgart stattfinden wird, bereits in diesem Sommer eine breite Öffentlichkeit erreichen. Dann findet vom 23. Juni bis 23. Juli das erste von zwei IBA-Festivals statt, Backnang ist neben Fellbach und Stuttgart einer der Gastgeber. Baustellen oder gar fertige Gebäude kann die Stadt bis dahin zwar noch nicht präsentieren, dafür aber Pläne und Visionen, die, eingebettet in ein buntes Rahmenprogramm, der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Dieses Festival soll der Startpunkt sein und zeigen, wo es hingehen soll“, erklärte IBA-Intendant Andreas Hofer am Dienstag bei einem Pressegespräch in Backnang.
Interessierte können ihre Ideen einbringen
Ziel des vierwöchigen Festivals ist es, mit einem attraktiven Programm, möglichst viele Menschen in das Gebiet zwischen Friedrichstraße und Viadukt zu locken, das sonst eher ein Schattendasein in der Stadt fristet. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich hat nämlich den Eindruck, „dass das Wissen über die IBA in der Backnanger Bevölkerung noch unterdurchschnittlich ausgeprägt ist“. Deshalb haben sich die Stadtverwaltung und das Stuttgarter IBA-Büro für den Sommer einiges einfallen lassen (siehe Infotext). Das Programm findet an verschiedenen Orten statt: Neben dem Technikforum steht auch das Nachbargebäude in der Wilhelmstraße 42 für Ausstellungen und Aktionen zur Verfügung.
„Wir wollen das Festival nutzen, um über den aktuellen Planungsstand zu informieren“, erklärt Tobias Großmann, der Leiter des Stadtplanungsamtes. Denn seit sich vor zwei Jahren bei einem internationalen Städtebau-Wettbewerb die Planungsbüros Teleinternetcafé (Berlin) und Treibhaus (Hamburg) durchgesetzt haben, ist der Siegerentwurf schon mehrfach überarbeitet worden. Wie 2019 hat die Bürgerschaft jetzt auch wieder die Möglichkeit, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen.
„Wir laden die Bevölkerung ein mitzumachen“, erklärt Großmann. Auch für Schülerinnen und Schüler gibt es einen Workshop, bei dem sie den Planern ihre Wünsche für die Gestaltung der Freiflächen mitteilen können. Daneben spielen Kunst und Kultur eine wichtige Rolle beim IBA-Festival. „Wenn ein neues Stadtquartier entsteht, darf die Kultur nicht fehlen“, sagt Kulturamtsleiter Johannes Ellrott.
Bandhaustheater bezieht eine Probebühne und zweite Spielstätte auf dem IBA-Areal
Da trifft es sich gut, dass das Bandhaustheater diese Woche eine Probebühne und zweite Spielstätte in einer alten Fabrikhalle auf dem IBA-Areal bezieht (wir berichteten). Die soll natürlich auch während des IBA-Festivals für Aufführungen und Aktionen genutzt werden. Unter anderem will die Künstlerin Barbara Kastin dort drei Tage lang ein offenes Atelier betreiben. Unter dem Titel „Jemandsland“ wird sie ihre Arbeiten ab 2. Juli auch bei einer Ausstellung in der Galerie im Helferhaus zeigen.
Ab 7. Juli lädt der Backnanger Künstler Norbert Kempf drei Kollegen zu einem Bildhauersymposium ein. Auf dem Parkplatz hinter dem Technikforum wollen sie innerhalb von zwei Wochen große Blöcke aus Muschelkalk in Skulpturen verwandeln. Die Bevölkerung kann ihnen dabei über die Schulter schauen und mit den Künstlern ins Gespräch kommen.
Mit dem IBA-Festival soll die Backnanger Bevölkerung auf das eingestimmt werden, was sie in den kommenden Jahren erwartet. Das Quartier Backnang-West ist laut Intendant Andreas Hofer nicht nur das flächenmäßig größte IBA-Projekt, sondern auch eines der anspruchsvollsten. Das liegt unter anderem daran, dass die Grundstücke zum größten Teil nicht der Stadt, sondern mehreren Privateigentümern gehören. Hinzu kommen weitere Herausforderungen, etwa beim Hochwasserschutz. Statt die Murr mit hohen Mauern zu bändigen, möchte die Stadt lieber einen ökologischen Hochwasserschutz umsetzen mit Dämmen und Retentionsflächen, die bei einem Anstieg der Pegel überflutet werden dürfen. Doch dafür müssen die bestehenden Pläne noch einmal grundlegend überarbeitet werden, was zusätzlich Zeit kostet.
Trotzdem ist Stadtplaner Tobias Großmann zuversichtlich, 2027 erste fertige Gebäude auf dem IBA-Gelände präsentieren zu können. Nach den Plänen der Stadt soll bis dahin die ehemalige Lederfabrik Hodum neben dem Restaurant Merlin saniert und aufgestockt werden, auch eine ehemalige Halle der Lederwerke Backnang (Leba) soll umgebaut und neu genutzt werden. Am Murrufer ist eine neue Parkaue geplant, als grüne Mitte des künftigen Quartiers.
Beflügelt wird Großmanns Optimismus durch eine gute Nachricht aus Berlin. Als eines von nur 18 Projekten bundesweit wurde Backnang in das Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ aufgenommen. Die Stadt kann nun mit einem Zuschuss von drei Millionen Euro rechnen.
Ausstellungen „MaterialLab“ heißt eine Mitmachausstellung, die vom 7. bis 22. Juli im Gebäude Wilhelmstraße 42 zu sehen ist. Dabei werden unter anderem neue und innovative Baustoffe vorgestellt. Parallel dazu präsentieren Schülerinnen und Schüler der Backnanger Gymnasien und der Anna-Haag-Schule unter dem Titel „Mutopia“ ihre Visionen für das Gebiet. Im Technikforum sind vom 5. bis 22. Juli die Pläne und Modelle für das Quartier Backnang-West zu sehen.
Führungen Am 14. und 15. Juli werden Stadtspaziergänge durch das Quartier Backnang-West angeboten. Neben Vertretern der Stadt werden daran auch Planer der Büros Teleinternetcafé und Treibhaus teilnehmen, die vor zwei Jahren den städtebaulichen Wettbewerb für das Gebiet gewonnen hatten. Auf der Suche nach Stadtpflanzen und „essbarem Unkraut“ geht es am 8. Juli mit Maurice Maggi durch das Quartier. Der Rundgang endet mit einem Kochevent.
Workshops Bei einem „Tag des Bauens“ am 7. Juli wird gezeigt, wie aus Schutt wieder neues Baumaterial entstehen kann. Am Abend findet eine „Science Night“ statt. Bei einem Beteiligungsworkshop der Planungsbüros am 15. Juli können Schülerinnen und Schüler ihre Ideen einbringen.
Kultur Ergänzt wird das Festival durch ein Kulturprogramm mit Theateraufführungen, einem Bildhauersymposium und einer Ausstellung im Helferhaus.