Firmen im Rems-Murr-Kreis bekennen sich zum Klimaschutz
Auch Unternehmen aus der Region sind dem 2020 gegründeten Klimabündnis BW beigetreten. Ihre Absicht: klimaneutral werden, den Gesamtenergieverbrauch reduzieren und die Produkte möglichst CO2-frei herstellen.
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. Eigentlich hätte die Firma Eugen Hackenschuh das Ziel der Klimaneutralität schon erreicht, wären da nicht die Handwerkerprobleme. Schon früh hat sich Firmeninhaber Alexander Eckstein auf den Weg gemacht, unter anderem ging vor neun Jahren auf dem Betriebsgelände eine E-Tankstelle in Betrieb – eine der ersten in der Region. „Wir beziehen schon seit 20 Jahren Ökostrom“, führt Alexander Eckstein aus. Der Fuhrpark ist komplett elektrisch, der Carport im Hof hat ein mit Solarpaneelen versehenes Dach, die Dachfläche des Betriebsgebäudes ist auch größtenteils mit Fotovoltaik ausgestattet und das Obergeschoss ist mit Kork so gedämmt, dass es die Standards eines Passivhauses erfüllt. Eine weitere PV-Anlage mit Ausrichtung nach Osten soll hinzukommen.
Als Motivation für seinen Einsatz sagt Alexander Eckstein: „Wenn meine Kinder mich fragen: Was habt ihr damals gemacht, um den Klimawandel aufzuhalten, dann habe ich Antworten.“ Wenn Menschen nur jammern, bringe das die Gesellschaft nicht weiter, sagt er. Er wolle zeigen: Man kann etwas tun. Die Technologie von heute gibt bereits viele Lösungen her. „Wenn man will, findet man Wege.“ Dass nicht alles auf Anhieb klappt, hat auch der Backnanger Unternehmer erlebt. „Wo ich mich völlig verzockt habe: Wenn man einen Passivhausstandard hat, muss da auch Wärme emittiert werden“, berichtet er. Bei vergleichsweise weitläufigen Büroräumen funktioniere das nicht so richtig. Alexander Eckstein hat daher Infrarot-Paneele nachgekauft. Seine Überzeugung in Sachen Klimaschutz hat darunter nicht gelitten.
Der Ideenaustausch mit anderen Firmen ist gewünscht
Beinahe schon folgerichtig erscheint es da, dass die Firma Hackenschuh kürzlich dem Klimabündnis BW beigetreten ist. Dieses möchte Firmen dabei unterstützen, klimaneutral zu werden (siehe Infotext). Seit Anfang Januar wurde in der Firma Hackenschuh eine Klimabilanz für das Jahr 2022 erstellt, welche den Referenzpunkt darstellt. Auf diese Werte bezogen wird die Reduzierung der Treibhausgasemissionen gerechnet. Was noch fehlt, so Alexander Eckstein, ist die Umstellung der Heizung. Das Blockheizkraftwerk im Keller, das mit Heizöl betrieben wird, ist schon nicht mehr im Betrieb. Kommt die zusätzliche PV-Anlage hinzu, sei der Stromüberschuss so groß, dass damit geheizt werden könne. Dann sei die Firma energetisch autark.
Damit ist ein in der Vereinbarung genanntes Etappenziel erreicht, doch damit hört es nicht auf. In der nächsten Stufe spielen nämlich noch andere Faktoren rein, etwa, wie die acht Mitarbeiter der Firma zur Arbeit kommen. Zwar schafft der Firmenchef bereits Anreize, stellte einem Mitarbeiter etwa ein E-Bike zur Verfügung, aber es gebe noch Luft nach oben. Hier erhofft sich Alexander Eckstein neue Ideen aus dem Bündnis: „Andere haben ähnliche Herausforderungen“, weiß er. Von ähnlichen Veranstaltungen hat er schon in der Vergangenheit Impulse mitgenommen. In der Folge hat er beispielsweise im Betrieb von Kuh- auf Hafermilch umgestellt. Das sei zwar nur ein kleiner Schritt, aber schließlich hilft jedes bisschen dem Ziel.
Die umfangreichen Beratungsangebote, die das Land den Mitgliedern des Klimabündnisses zur Verfügung stellt, sind auch für Harro Höfliger ein großer Vorteil. Die Allmersbacher Firma ist dem Bündnis bereits im September 2022 beigetreten. „Für Rückfragen haben wir eine Kontaktperson beim Umweltbündnis“, erklärt Senior Director Stefan Mayer. Diese beantworte jederzeit persönlich oder per E-Mail Fragen zum Thema. „Die Fragen bezogen sich bislang auf mögliche Fördermittel, Form der Antragsverfahren und Kontaktadressen zu fachkompetenten Beratern.“ Auch werde das Unternehmen kontaktiert, wenn das Land für spezifische Nachhaltigkeitsprogramme neue Mittel bereitgestellt hat. Mitglieder des Umweltbündnisses könnten zudem zusätzliche Vergünstigungen oder bessere Kreditkonditionen bekommen.
Höfliger steht hinter dem Ziel des Landes, bis 2040 klimaneutral zu sein
Es geht aber nicht nur um die Vernetzung. Mit dem Beitritt zum Klimabündnis wolle Harro Höfliger ein deutliches Signal setzen, dass das Unternehmen das ambitionierte Ziel des Landes vollauf unterstützt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Erste Maßnahmen seien schon umgesetzt worden, berichtet Stefan Mayer. Teil der Stufe eins im Transformationsplan sind etwa der Einbau einer Mikrogasturbine auf dem Dach des Mehrzweckgebäudes, ein kleiner Wasserstoffspeicher zur Versorgung der Turbine, ein Elektrolyseur zur Wasserstofferzeugung und ein Kälte- und Wärmespeichereinbau zur Pufferung von Spitzenverbräuchen. Eine PV-Anlage mit etwa 100 Kilowattstunden (Peak) ist bereits fertig installiert. Mit allen Maßnahmen der Stufe eins „können zukünftig bereits 500 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden“, so Mayer.
Seit Februar 2022 ist auch die Firma Kärcher Teil des Klimabündnisses. In einem Statementfilm begründet der Vorstandsvorsitzende Hartmut Jenner diesen Schritt damit, dass man so netzwerken und Ideen austauschen könne. „Heute arbeitet jeder so vor sich hin und ich glaube es ist besser, wenn wir es gemeinsam tun.“ Die ersten Erfahrungen seien positiv, wie Jenner schildert. Schon in den ersten Monaten habe es einen guten Austausch gegeben und ein gemeinsames Projekt mit einem Bündnispartner. „Wir müssen schauen, dass wir die Nachhaltigkeit nach vorne bringen und zwar gemeinsam“, fordert er.
Marie Kristin Schmidt, Abteilungsleiterin Nachhaltigkeitsmanagement bei Kärcher benennt die Strategie des Unternehmens folgendermaßen: „Unsere CO2-Ziele erreichen wir primär durch das Thema Sonnenenergie.“ Das Unternehmen habe sehr stark in Fotovoltaik investiert und das weltweit. Um Strom zu sparen, baue man zunehmend auf smarte Klimaregelungen in den Bürogebäuden. „Darüber hinaus haben wir auf Dachbegrünung gesetzt. Das heißt, die hilft uns noch mal auf natürlichem Wege.“ Alte Einwegpaletten werden im Winter als Heizmittel eingesetzt. Bei Geschäftsreisen würden, wo immer das möglich sei, Bus, Bahn und Elektrofahrzeuge genutzt. „Wo Emissionen nicht vermeidbar sind, kompensieren wir natürlich“, so Schmidt weiter. Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzt sich Kärcher das Ziel, die gesamten Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 18 Prozent – das entspricht 32.800 Tonnen gegenüber dem Basisjahr 2020 – zu reduzieren.
Entstehen Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 14. Oktober 2020 das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg“ beschlossen. Ein Baustein dessen sind Klimaschutzvereinbarungen mit Unternehmen, die so ihre Klimaschutzbemühungen dokumentieren können. Das Klimabündnis Baden-Württemberg wird vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg betreut. Aktuell haben 53 Unternehmen eine Vereinbarung unterschrieben.
Ziele Baden-Württemberg will bis 2040 klimaneutral werden. Ziel der Klimaschutzvereinbarung ist es, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch in Unternehmen zu senken. Dabei gilt: Vermeidung der Emissionen vor Reduktion vor Kompensation.
Vorgehen Die Unternehmen erfassen die eigenen Treibhausgasemissionen und benennen ihre individuellen Ziele, welche die Anforderungen der Science Based Targets initiative (SBTi) erfüllen sollen. Ein Klimamanagementsystem, das einen ähnlich ambitionierten Zielrahmen erfüllt, ist nach Absprache auch möglich. In der Klimaschutzvereinbarung halten sie ihre Unternehmensziele für die kommenden zehn Jahre fest, ebenso die entsprechenden Maßnahmen. Nach fünf Jahren ist ein erster Monitoringbericht zu erstellen.
Teilnahme Über die E-Mail-Adresse klimabuendnis-bw@um.bwl.de erhalten Interessierte die Klimaschutzvereinbarung zum Ausfüllen als Word-Dokument.