„Florian, Schwertgosch, Legende“
Karl Idler ist gestorben – Kreisbrandmeister von 1966 bis 1996, Ehrenkreisbrandmeister, Verbandsvorsitzender der Feuerwehren
Jetzt ist er gestorben, der Mann der Rems-Murr-Feuerwehren, der Mann mit dem Spitznamen „Florian“, die „Legende“ aus Großheppach. „Ich habe ganz, ganz selten schlechte Presse bekommen“, sagt Karl Idler vor knapp einem Jahr. Da war er gerade 85 geworden.

© Pressefotografie Alexander Beche
Karl Idler beim offiziellen Empfang zu seinem 80. Geburtstag. Archivfoto: A. Becher
Von Pia Eckstein
WEINSTADT/BACKNANG. Karl Idler war der Mann, bei dem jedem, der von ihm sprach oder über ihn schrieb, immer Begrifflichkeiten wie „mit Feuer und Flamme“ oder „brennt für“ einfiel. Schlechte Presse, das war bei einem Mann wie Idler undenkbar. Und das, obwohl gern von seiner „Schwertgosch“ geschrieben wurde, die scharf und spitz war und stets bereit, wieder zuzuschlagen. Wie hieß es doch, freilich, in der Presse? „Das Herz konnte ihm nie in die Hose rutschen, er trägt es ja immer auf der Zunge.“
Dort verortet, konnte der typisch Idler’sche Charme ganz ungebremst aus selbigem hervorbrechen und, untrennbar vermischt mit dem Idler’schen Zungenschlag, diese besonderen Sätze schaffen, für die der „Johannes Heesters der Spritzenmänner“, wie CDU-Mann Joachim Pfeiffer den „ewigen Kreisbrandmeister“ nannte, berühmt war. Sie waren offen, direkt und wären manchmal gar schofel gewesen, wenn sie nicht so schön schwäbisch dahergebracht worden wären. Diesem Ton konnte niemand böse sein, weshalb Karl Idler seinem jungen Nach-Nach-Nachfolger René Wauro, der ein aus Köln Reigschmeckter ist, auch dringend ans Herz legte: „Lern Schwäbisch!“
Freilich, es war nicht nur das, was er zum Wohle seiner Feuerwehren daherschwätzte. Die Grundlage, die ihm diese Freiheit erst erlaubte, war sein niemals versiegendes Engagement für seine Männer. Zu denen freilich irgendwann auch Frauen kamen, obwohl das der Idler gar nicht gern sah. Aber Gleichberechtigung bei der Feuerwehr hin oder her: Karl Idler verlangte: „Es darf niemand ums Leben kommen.“ Und er konnte bestätigen: „Ich bin besonders stolz darauf, dass in meiner Amtszeit kein Feuerwehrmann zu Tode gekommen ist.“ Höher kann ein Mensch seine Ziele nicht stecken.
Was er machte, machte er richtig. Und so intensiv, dass die kleine Tochter im Schulaufsatz, in dem es um die Familie gehen sollte, schrieb: „Über meinen Vater kann ich nichts sagen, denn der ist nie zu Hause.“ Dem Karl Idler wurde eigentlich alles zugetraut. Und zwar schon ganz zu Anfang, als er gerade erst Kreisbrandmeister geworden war. Er war also beruflich versorgt. Anders als Dr. Hermann Hartmann, der sich kurz nach Idlers Wahl auf den Chefarztposten der Gynäkologie im längst abgerissenen Waiblinger Krankenhaus bewarb. Diesem Mediziner – er war ein guter und seinem Posten und dem Kreiskrankenhaus bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1988 treu – erklärte man damals, er möge froh sein, dass der Idler schon versorgt sei: „Der hätte auch die Frauenarztstelle bekommen.“ Wenn’s auch mit der Medizinerkarriere nichts geworden war, die Polizei nahm ihn in ihre Mitte auf. 1996, Idler hatte das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse erhalten, ernannten ihn der damalige Polizeipräsident Konrad Jelden sowie der Waiblinger leitende Kriminaldirektor Alfred Götz zum „Kriminaldirektor ehrenhalber“. Und verpassten ihm die Kennzeichnung „007“.
Idler, der Agent, dem alles gelingt, der immer gut aussieht, egal wie sehr die Hütte brennt und dem die Frauen reihenweise zu Füßen liegen? „Ich tät meine Frau morgen wieder heiraten“, sagte er, als er diamantene Hochzeit mit seiner Erika feierte. Was ihn freilich nicht daran hinderte, der das „R“ so schön rollenden bayerischen Verbraucherministerin Ilse Aigner zuzurufen, dass er ja schon viele Minister für Feuerwehrfeiern in den Kreis gelockt habe. „Der schönste von allen“, charmierte er aber, „sind Sie!“
Nur einmal, so legt’s zumindest die Presse nahe, die sich freilich in diesem Fall nur auf Idlers eigene Erzählung berufen kann, klappte es nicht so ganz mit der schwäbisch-charmanten Schwertgoscherei. Idler war in Berlin bei der Bundespressekonferenz. Weil er nämlich nicht nur aus tiefstem Herzen Feuerwehrmann war, sondern auch noch im Rems-Murr-Presseclub aktiv. Da stand Bundeskanzler Helmut Schmidt, und Idler fragte ihn: „Herr Bundeskanzler, was halten Sie von den freiwilligen Feuerwehren in Deutschland?“ Und Helmut Schmidt soll geantwortet haben: „Sehr gut, sehr gut.“ Seltsamerweise führten den Idler dann zwei Sicherheitskräfte aus dem Saal raus. Der Presse bleibt im Nachhinein nur Spekulation: Hatten die Sicherheitsleute das Dialektgepolter wohl akustisch und semantisch nicht so richtig verstanden? Oder wie?
Der Karl Idler aber traf den Bundeskanzler kurz drauf nochmals im Treppenhaus und erklärte ihm: „Herr Kanzler, Sie sind abgesetzt.“ „Warum?“, soll Schmidt gefragt haben. Und Idler erklärte ihm: „Ich stehe eine Treppe über Ihnen!“ Ganz oben auf dem Treppchen wird Karl Idler auch im Rems-Murr-Kreis immer stehen. Und er wird in Erinnerung bleiben als der „Florian“, die „Schwertgosch“, kurz, als „Legende“.
Karl Idler wurde am 13. Januar 1933 geboren, wuchs in Stuttgart auf und fing dort 1954 bei der Berufsfeuerwehr an.
1966 wurde er zum Kreisbrandmeister für den Rems-Murr-Kreis gewählt, ein Amt, das er 30 Jahre lang innehatte. Zudem war er stellvertretender Bezirksbrandmeister in der Region Stuttgart und Verbandsvorsitzender der Feuerwehren.
1952 heiratete Karl Idler seine Frau Erika. Die Familie wuchs: Erst kamen drei Kinder, dann fünf Enkel und drei Urenkel.
Idler starb am 29. Dezember 2018. Die Trauerfeier findet am Donnerstag, 10. Januar, 11 Uhr in der evangelischen Ägidiuskirche in Großheppach statt.