Friedrich will Erster unter Gleichen sein
Seine Arbeit im Rathaus hat Maximilian Friedrich schon am 1. Juni aufgenommen, seit gestern ist er nun auch offiziell Backnangs neuer Oberbürgermeister. Bei einer feierlichen Gemeinderatssitzung im Bürgerhaus legte der 34-Jährige seinen Amtseid ab.

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Das neue Backnanger Stadtoberhaupt Maximilian Friedrich hat am Freitagabend seinen Amtseid geleistet. Foto: A. Becher
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Friedrichs Amtseinsetzung war zum ersten Mal seit langer Zeit wieder so etwas wie ein gesellschaftliches Ereignis. Immerhin rund 150 Gäste waren dazu im Bürgerhaus zugelassen, darunter jede Menge Lokalprominenz und auch Friedrichs Vorgänger, der Stuttgarter OB Frank Nopper. Und auch wenn die Stühle im Bürgerhaus recht luftig gestellt waren und anstelle des Städtischen Blasorchesters ein Streichquartett der Jugendmusikschule den musikalischen Rahmen bestritt, war der Blick in einen vollen Saal nach dem monatelangen Lockdown noch ziemlich ungewohnt. Wem das zu riskant erschien, hatte allerdings auch die Möglichkeit, online teilzunehmen, denn die Veranstaltung wurde als Livestream auf dem städtischen Youtube-Kanal übertragen.
Stadträtin Ute Ulfert, die zugleich erste ehrenamtliche Stellvertreterin des Oberbürgermeisters ist, nahm Friedrich den Amtseid und die Verpflichtungserklärung ab. Mit erhobener Hand gelobte der neue Oberbürgermeister, „die Rechte der Stadt Backnang gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern.“ Den bekräftigenden Handschlag deuteten Ulfert und Friedrich coronabedingt allerdings nur auf Distanz symbolisch an.
In Ansprachen und Grußworten gaben insgesamt sieben Rednerinnen und Redner dem neu gewählten Oberbürgermeister gute Wünsche mit auf den Weg. Mehrfach kam dabei die Sprache auf Maximilian Friedrichs Vater, den 2018 verstorbenen Peter E. Friedrich. Dieser war 16 Jahre lang Bürgermeister in Auenwald, der Beruf wurde dem Sohn also in die Wiege gelegt. Der Winnender OB Hartmut Holzwarth wusste zu berichten, dass sich Maximilian Friedrich bereits an seinem ersten Tag an der Verwaltungshochschule seinen Kommilitonen mit den Worten „Mein Ziel ist es, Bürgermeister zu werden“ vorgestellt hat. Ein Wunsch, der sich rasch erfüllte: Mit gerade mal 25 Jahren wurde er 2012 zum Bürgermeister der 6500-Einwohner-Gemeinde Berglen gewählt, als damals jüngster Bürgermeister Deutschlands. Und nun also der nächste Karriereschritt: Holzwarth gratulierte herzlich, allerdings nicht nur dem neuen OB, sondern auch den Backnangern. „Sie bekommen einen jungen und tatkräftigen OB, der bewiesen hat, dass er das kommunale Geschäft kann. Aber Maximilian Friedrich ist auch ein sympathischer und zuhörender Mensch und ein richtig guter Kamerad.“
Feierliche Amtseinsetzung vom neuen Oberbürgermeister Maximilian Friedrich
Erster Bürgermeister Siegfried Janocha, der nach Noppers Abschied die Verwaltung interimsweise geführt hatte, verglich die Stadtverwaltung in seiner Rede mit einem Segelschiff: „Manchmal bläst der Wind sehr stark, manchmal gibt es sogar Gegenwind. Und es bedarf einer starken Crew mit einem noch stärkeren Steuermann, um das Schiff auf Kurs zu halten.“ Wichtig sei dabei aber, ein gemeinsames Ziel zu haben, denn „wer nicht weiß, wohin er segeln will, für den ist kein Wind der richtige“, sagte Janocha. Der Erste Bürgermeister hatte einst unter Maximilian Friedrichs Vater als Kämmerer in Auenwald gearbeitet: „Die Friedrichs lassen mich in meinem Berufsleben nicht los“, stellte Janocha schmunzelnd fest.
Regierungspräsident Wolfgang Reimer ging in seiner Ansprache auf die Herausforderungen durch die Coronakrise ein. Auch wenn die finanziellen Folgen erheblich und die Staatsschulden massiv gestiegen seien, gebe es keinen Grund, pessimistisch in die Zukunft zu blicken, sagte Reimer und erinnerte an die Finanzkrise von 2009. Auch davon habe sich das Land erstaunlich schnell erholt und den Schuldenberg wieder abtragen können. Er glaube deshalb auch nicht, dass der neue OB in den nächsten Jahren nur sparen müsse: „Die Spielräume werden wieder kommen“, prophezeite der Regierungspräsident. Gute Wünsche an den Oberbürgermeister überbrachten außerdem die Personalratsvorsitzende Katja Caspari sowie Patrick Charrier, Klaus Loderer und David Whitehead als Vertreter der drei Partnerstädte Annonay, Bácsalmás und Chelmsford.
Geschmückt mit der Amtskette hielt Maximilian Friedrich anschließend seine erste Rede als Backnanger Oberbürgermeister. Mit seiner Wahl am 28. März sei für ihn ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen, sagte der 34-Jährige. Friedrich erklärte, er wolle sein Amt als „Erster unter Gleichen“ ausüben: „Sicherlich ist ein Oberbürgermeister für die Stadt wichtig. Er darf sich aber selbst nicht zu wichtig nehmen.“ Er bilde sich nicht ein, alle Weisheit der Welt für sich gepachtet zu haben und werde sicher auch Fehler machen. Wichtig sei ihm ein enger Austausch mit dem Gemeinderat, den Verwaltungsmitarbeitern und den Bürgern: „Bürgernähe ist für mich nicht nur ein Schlagwort, sondern Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit.“
Mit inhaltlichen Ankündigungen hielt sich Friedrich in seiner Antrittsrede noch zurück und umriss nur kurz die wichtigsten anstehenden Aufgaben, wie die Digitalisierung der Stadtverwaltung, eine nachhaltige und klimagerechte Stadt oder ein gesamtstädtisches Verkehrskonzept. Für alle diese Probleme habe er aber noch keine fertigen Konzepte in der Schublade: „Vielmehr möchte ich zielstrebig, aber ergebnisoffen gemeinsam mit der Bürgerschaft und dem Gemeinderat an die Lösung der anstehenden Fragen herangehen.“
Von Kornelius Fritz
Backnang hat wieder einen Oberbürgermeister und das ist gut so. Mit der Amtseinsetzung von Maximilian Friedrich endet eine fast einjährige Durststrecke, in der Frank Nopper die Stadt zunächst als wahlkämpfender Teilzeit-OB führte und sich dann ganz nach Stuttgart verabschiedete. Erster Bürgermeister Siegfried Janocha hat die Geschäfte in dieser Zeit zwar zuverlässig weitergeführt, aber der Stellvertreter beschränkte sich naturgemäß darauf, bereits begonnene Projekte weiterzuführen. Backnang wurde deshalb zuletzt mehr verwaltet als gestaltet.
Diese Zeit des Stillstands ist nun zu Ende. Bei der Wahl im März haben sich die Backnangerinnen und Backnanger bewusst für einen sehr jungen Oberbürgermeister entschieden, weil sie sich von ihm frischen Wind und neue Ideen versprechen. Im Wahlkampf hat Maximilian Friedrich bereits angedeutet, wohin die Reise gehen soll. Backnang soll bis 2035 klimaneutral werden, er will das Ausbluten der Innenstadt stoppen und die Verwaltung digitaler und bürgerfreundlicher machen. Auch den Mangel an bezahlbaren Wohnungen und die Verkehrsprobleme will der neue OB anpacken.
Mit ihrem klaren Votum von 81,5 Prozent haben die Wähler deutlich gemacht, dass sie Friedrich zutrauen, diese schwierigen Aufgaben zu lösen. Nun muss er beweisen, dass er es auch kann.
k.fritz@bkz.de