FTI-Sicherungsschein
Wie funktioniert die Garantie für Pauschalreisen?
Ist das Geld für Flüge, Unterkünfte und Co. verloren? Diese Frage stellen sich nach der Pleite des Reisekonzerns FTI viele. Was Betroffene jetzt tun sollten – und warum der sogenannte Sicherungsschein eine wichtige Rolle spielt.
Von Lotta Wellnitz/dpa/mic
Die FTI Touristik GmbH ist insolvent - und das kurz vor den Sommerferien. Allein auf Mallorca und den Nachbarinseln sollen laut Medienberichten 300.000 Urlauber betroffen sein. Viele Reisen sind abgesagt, manche müssen sogar vorzeitig abgebrochen werden. Nun fragen sich viele, was sie tun sollen – und, ob sie ihr Geld denn wieder zurück bekommen.
Wichtig sind jetzt die FTI-Hotline und der sogenannte Sicherungsschein. Was hat es damit auf sich? Und wie sollten Urlauber nach der FTI-Insolvenz generell vorgehen?
FTI-Pleite: Sicherungsschein für Pauschalreisen
Das wichtigste vorweg: Der Sommerurlaub muss für Betroffene der Pleite des Reisekonzerns FTI nicht ins Wasser fallen. Bezahlte Reisen, die beim deutschen Veranstalter jetzt nicht mehr stattfinden können, werden in vielen Fällen vollständig erstattet – zumindest sofern es sich um eine Pauschalreise handelt.
Denn Reiseveranstalter haben grundsätzlich eine Sicherungspflicht. Nach § 651 r Absatz 1 BGB muss er den Reisepreis nämlich erstatten, wenn er zahlungsunfähig wird oder einem Insolvenzverfahren unterliegt.
In einem solchen Fall greift der Absicherungsschutz durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). „Reisende müssen dann laut Gesetz ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten“, sagt auch Eugénie Zobel, Reiseexpertin bei der Zeitschrift „Finanztest“. Dies müsste auch für Pauschalreisen gelten, die bis 10. Juni hätten stattfinden sollten, aber FTI nach eigenen Angaben stornieren musste.
Wichtig ist hierbei der sogenannte Sicherungsschein. Den muss jeder deutsche Reiseveranstalter bei Pauschalreisen an den Urlauber herausgeben muss, ehe er von ihm Reisepreiszahlungen entgegennimmt. Bei Pauschalreisen findet sich bei der Buchungsbestätigung. Auch der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalter Verband (DRV) empfiehlt es, auf diesen „Sicherungsscheins für Pauschalreisen“ zu bestehen. Er muss „solange gültig sein, bis die entsprechende Reise abgeschlossen und der Betreffende zurückgekehrt ist“, schreibt etwa das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite.
Er stellt im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters also sicher, dass Reisenden der gezahlte Reisepreis erstattet wird. Und zwar dann, wenn entweder Reiseleistungen ausfallen oder Zahlungsaufforderungen von Partnern des Reiseveranstalters eingehen. Zum Beispiel, wenn ein Hotel vor Ort selbst keine Zahlungen mehr vom Veranstalter erhält. In der Regel umfasst der Pauschalreisevertrag auch die Beförderung der Reisenden. Dann muss der Veranstalter auch für die vereinbarte Rückbeförderung und die Unterkunft sorgen.
Alle, die bereits Geld für ihre Reise bezahlt haben, und alle, die schon im Urlaub sind und sich um den weiteren Aufenthalt und die Beförderung zurück sorgen, sollten in ihren Unterlagen also nach diesem Sicherungsschein schauen.
Weitere Infos zum Thema Pauschalreiserecht gibt es etwa auf der Internetseite des Justizministeriums: Pauschalreiserecht
FTI-Pleite: Mallorca-Reise oder Geld zurück?
Aber funktioniert das auch reibungslos? Manche denken jetzt vielleicht skeptisch an die Pleite von Thomas Cook vor rund fünf Jahren zurück. „Damals gab es Chaos bei den Rückzahlungen. Einige Hoteliers haben von Urlaubern vor Ort Geld verlangt. Nicht alle Verbraucher haben ihr Geld zurückbekommen“, so Reiseexpertin Zobel. Doch seitdem habe sich einiges geändert.
Der Gesetzgeber in Deutschland habe bei der Umsetzung der EU-Reiserechtslinie nachgebessert. „Mit der Folge, dass es im Reisesicherungsfonds kein Deckungslimit mehr gibt. Betroffene, die eine Pauschalreise gebucht haben, müssen also ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten.“
Allerdings: Der DRSF-Schutz gilt nicht für Personen, die Einzelleistungen über FTI gebucht haben, etwa nur einen Mietwagen oder ein Hotelzimmer. FTI schreibt dazu: „Wir prüfen derzeit, ob Sie die gebuchten Leistungen dennoch in Anspruch nehmen können und werden uns in Kürze bei Ihnen melden.“ Voraussetzung für eine Rückerstattung ist in jedem Fall der Reisesicherungsschein.
FTI: Hotline, Insolvenz-Homepage, Sicherungsschein
Solange FTI nicht von sich aus storniert, besteht noch die Möglichkeit, dass der Urlaub stattfinden kann. FTI-Kunden können sich bei dem Reiseveranstalter zum aktuellen Stand informieren. Am Mittwoch, 5. Juni, wurde bei einer Pressekonferenz bekannt, dass vorerst alle Abreisen bis 10. Juni storniert werden. Das meldet die spanische Nachrichtenagentur Europa Press. Diese Plätze müssen Airlines und Hoteliers jetzt Last Minute vermarkten. Was nach dem 10. Juni passieren soll, war zunächst unklar.
Das Unternehmen hat im Internet (www.fti-group.com/de/insolvenz) eine Informationsseite eingerichtet. Telefonisch ist eine kostenlose Hotline unter +49 (0) 89 710451498 erreichbar. Derzeit könnten wegen „erhöhtem Anrufaufkommen“ nicht alle Anrufe entgegengenommen werden, schreibt FTI. Das Unternehmen arbeite „mit Hochdruck an der Ausweitung“ der Kapazitäten (Stand: 05.06., morgens).
Findet eine Reise also erst in einigen Wochen statt, sollten Verbraucher sich gedulden und mit ihrem Anruf besser noch warten. „Erst einmal Füße still halten. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass das schwer ist“, rät Zobel.
Die Fragen, welche Reisen durchgeführt werden können und wann Betroffene alternativ ihr Geld zurückbekommen, sind derzeit noch offen. Denn der Insolvenzverwalter muss sich erst einen Überblick zur Lage verschaffen. Voraussetzung für eine Rückerstattung ist in jedem Fall der Sicherungsschein.
FTI-Hotline auch aus dem Ausland erreichbar
Anders als Vorwahlnummern mit der Zahlenkombination 0800 ist die Hotline von FTI über eine Münchner Nummer auch aus dem Ausland erreichbar. Vor allem bei Fragen zum Rückflug und zu plötzlichen Nachforderungen von Hoteliers sollte man anrufen. Wer erst in einigen Wochen gebucht hat, kann auch abwarten, damit die Hotline genug Kapazitäten für dringende Fälle hat: Tel. +49 (0) 89 710451498
FTI Group: Reiseveranstalter und Sicherungsschein
Bevor man seinen Sicherungsschein allerdings sucht, sollte man als Urlauber erst einmal prüfen, ob man überhaupt um seinen Urlaub fürchten muss. „Wer einen Urlaub gebucht hat, sollte zunächst in seine Reisedokumente und in den Sicherungsschein schauen. Da steht unter anderem, wer der Veranstalter ist“, sagt etwa Zobel. Der Punkt ist entscheidend bei der Frage, ob Verbraucher von der FTI-Insolvenz überhaupt betroffen sind und ob die Reise stattfinden kann.
Aber wer gehört zur FTI Group? Auf der Seite des Unternehmens heißt es zur Insolvenz: „Generell betroffen sind alle bei dem Reiseanbieter FTI Touristik GmbH gebuchten Leistungen.“ Konkret gehören dazu die folgenden Marken:
Die entsprechenden Reisen oder Dienstleistungen hätten Kunden auf verschiedenen Wegen buchen können, heißt es von FTI. Neben „gängigen Reisebüros“ und den eigenen Plattformen könnten das etwa die folgenden Online-Buchungsplattformen sein:
Allerdings: Nicht betroffen von der Pleite sind laut FTI gebuchte Leistungen bei Drittanbietern die über die Portale der FTI Touristik gebucht wurden. Beispiele für diese Unternehmen sind folgende:
Reiseexpertin Zobel fasstzusammen: „Ist FTI, 5vorFlug oder BigXtra jedoch der Reiseveranstalter, sind Verbraucher von der Insolvenz betroffen. Und zwar auch dann, wenn sie über eine andere Reiseplattform gebucht haben.“
FTI pleite: Rückreise mit Sicherungsschein?
„Wer bereits unterwegs ist, sollte darauf vertrauen, dass FTI wie angekündigt die Reise wie geplant durchführt oder den Rücktransport organisiert. Dazu sind sie bei Pauschalreisen gesetzlich verpflichtet“, sagt Zobel. Der Sicherungsschein gilt im Prinzip als Rückreise-Garantie, wenn man ein Reisepaket mit mindestens zwei Bestandteilen wie Flug, Hotel, Transfer gebucht hat. Formeln wie "Hotel Only" sind allerdings davon ausgenommen. Wer vor Ort unsicher ist, sollte sich an den Reiseleiter oder den Anbieter wenden.
Sicherungsschein für FTI-Reisen - sollte man stornieren?
Davon rät Zobel derzeit ab. „Verbraucher sollten Ruhe bewahren - auch wenn dies gerade nervenaufreibend sein kann. Ich würde zunächst davon ausgehen, dass die Reise stattfindet.“
Denn FTI schreibt zu Pauschalreisen ab dem 11. Juni (kommenden Dienstag): „Wir bemühen uns derzeit nach Kräften, Ihnen die Durchführung Ihrer Reise wie geplant zu ermöglichen.“ Wer also nichts von FTI hört, sollte nicht vorschnell seine Reise stornieren, so Zobel.
Zunächst hieß es vom insolventen Veranstalter, dass man bemüht sei, für Reisen ab 5. Juni (Mittwoch), eine Durchführung zu ermöglichen. Doch inzwischen hat FTI offiziell bekanntgeben, dass man gezwungen sei, auch alle gebuchten Leistungen zwischen 5. und 10. Juni zu stornieren.
Zumal nicht nur FTI, sondern auch Verbraucher Pflichten des Reisevertrags erfüllen müssen. Das bedeutet: Will und kann FTI die Reise durchführen, könnte eine vorzeitige Stornierung zu rechtlichen Problemen führen. Und: „Dann könnten unter Umständen sogar Stornierungsgebühren anfallen“, warnt Zobel. Es ist also besser, sich auf den Sicherungsschein zu berufen.
FTI-Pleite: Jetzt noch Restzahlungen leisten?
Wer bislang eine geplante Reise nur angezahlt hat, hat folgende Option: Sollte FTI den Kunden auffordern, den offenen Restbetrag zu zahlen, kann dieser darüber nachdenken, die Zahlung nicht zu tätigen. „Wichtig ist dann aber, dass Verbraucher klar und transparent kommunizieren - also dem Unternehmen schreiben, dass sie die Zahlung unter Vorbehalt verweigern“, sagt Zobel.
Verbraucher sollten in ihrem Schreiben klarstellen, dass sie den Restbetrag gerne zahlen, wenn es eine Zusage über die Erbringung und Durchführung der Reiseleistung gibt, so die Mitarbeiterin der Stiftung Warentest. Denn so können Verbraucher ihre Bereitschaft zeigen, dass sie ihren Vertrag erfüllen wollen. Man sollte auch prüfen, ob bereits ein Sicherungsschein vorliegt.
FTI-Insolvenz: Anzahlung und Hotline
Theoretisch können Verbraucher, die für die Reise bereits eine Anzahlung per Lastschrift gezahlt haben, das Geld über ihre Bank zurückholen. Das ist innerhalb von acht Wochen möglich. Allerdings würde Zobel von dieser Option zumindest bei Pauschalreisen abraten. „Denn auch hier können rechtliche Konsequenzen drohen, wenn Verbraucher ihre Zahlungspflichten nicht erfüllen.“ Gleichzeitig sind Pauschalreisende gut abgesichert. Insbesondere dann, wenn schon ein Sicherungsschein vorliegt.
Wer generell noch fragen zur FTI-Pleite und seinen Reisen hat, für den hat das Unternehmen im Internet (www.fti-group.com/de/insolvenz) eine Informationsseite eingerichtet. Telefonisch ist darüber hinaus die oben genannte kostenlose Hotline unter 089 710451498 erreichbar.
FTI-Pleite: Wann bekomme ich mein Geld zurück?
Derweil hat der Deutsche Reisesicherungsfonds (DRSF) erste Schritte zur Absicherung von Urlauben unternommen. Der Fonds habe bereits „Kostenübernahmeschreiben an Hoteliers übermittelt, damit Reisende ihren Urlaub unbeschwert fortsetzen können“, teilte er am Dienstag mit. Mit den betroffenen Kunden setze er sich in Verbindung, sobald er vom Reiseanbieter die dafür erforderlichen Daten habe.
Der Reisesicherungsfonds arbeite mit FTI, dem Auswärtigen Amt und im Kontakt mit Airlines, Busunternehmen und Hotels daran, betroffenen Urlaubern vor Ort zu helfen. „Aufgrund der hohen Anzahl der Länder und Reisenden stellt dies eine große Aufgabe dar.“ Die Rechtslage lasse sich nicht in jedem Einzelfall ohne Weiteres beurteilen. Der Fokus liege aber darauf, schnell gute Lösungen für die direkt betroffenen Urlauber zu finden.
Kunden, deren Urlaub noch nicht begonnen hat, würden kontaktiert, sobald dem DRSF die erforderlichen Daten vorliegen.„Eine zeitliche Schätzung, bis wann die anspruchsberechtigten Pauschalreisekunden der FTI Touristik ihre bis dato gezahlten Anzahlungen zurückerstattet bekommen können, ist derzeit nicht möglich.“ Der Fonds werde aber dafür sorgen, dass geleistete Zahlungen erstattet werden. Es stehe genug Kapital zur Verfügung, auch für eine Insolvenz in der Größenordnung der FTI Touristik.