„Für Ältere ist das denkbar schlecht“
Die Umwandlung von zwölf Sparkassen-Geschäftsstellen in SB-Filialen sorgt für Unmut und Enttäuschung. In der Region sind Waldrems, Spiegelberg, Burgstetten und Großerlach betroffen. Vor allem für ältere Bürger sei die Entscheidung ein Problem.

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Auch die Filiale der Kreissparkasse in Backnang-Waldrems fällt den strukturellen Veränderungen zum Opfer. Ab Juni werden hier nur noch Automaten stehen, Beratungstermine müssen in Backnang stattfinden. Foto: A. Becher
Von Kristin Doberer
BACKNANG/SPIEGELBERG/BURGSTETTEN. „Wir haben sehr gekämpft, dass das noch rückgängig gemacht werden kann. Aber es ist leider eine beschlossene Sache“, sagt Irmtraud Wiedersatz, Bürgermeisterin von Burgstetten, zur Schließung der Kreissparkasse in Burgstall. Ende Januar hat die Kreissparkasse bekannt gegeben, dass im Rems-Murr-Kreis zwölf Beratungsfilialen in reine SB-Filialen umgewandelt werden sollen. Das heißt, dass lediglich Automaten vor Ort sind, damit die Bargeldversorgung im Ort gesichert ist. „Ich finde es schade, dass es vor Ort keine Beratung der Kreissparkasse mehr geben wird.“ Dabei war diese in Burgstall in den vergangenen Jahren ohnehin schon stark eingeschränkt. Nur an einem Tag in der Woche kamen Berater von der Filiale in Kirchberg, um Termine vor Ort wahrzunehmen. Dass nun sogar dieser eingeschränkte Service wegfällt, kann die Bürgermeisterin nicht nachvollziehen. „Da waren immer viele Kunden da, die Leute standen an dem einen Tag oft sogar Schlange“, erzählt Wiedersatz. „Für viele Ältere war es einfach sehr wichtig, dass jemand sie persönlich betreut. Für diese Personengruppe wird durch die Umwandlung viel verloren gehen.“
Die nächste Filiale, in der auch weiterhin die Betreuung und Beratung persönlich stattfinden können, ist für die Einwohner von Burgstall in Kirchberg an der Murr oder in Aspach. „Jüngere machen dann einfach Online-Banking, aber für Ältere ist das denkbar schlecht, einige Bürger waren auch sehr verärgert.“ Sie habe zwar das Gespräch mit der Kreissparkasse gesucht, um eine Lösung zu finden, zum Beispiel nur ein Beratungsvormittag oder Ähnliches, aber das Signal sei ganz klar gewesen: Die Entscheidung sei sicher gefallen.
Insgesamt zwölf Filialen betroffen: „Das war absehbar und erwartet.“
Die Umwandlung der Filialen soll bis Anfang Juni erfolgen, das veränderte Kundenverhalten durch die Pandemie sei aber nur ein verstärkender Faktor für die Veränderungen. „Die beschlossenen Maßnahmen sind eine Reaktion und eine notwendige Anpassung unserer Strukturen auf geänderte Kundenbedürfnisse und das geänderte Verhalten der Kunden“, sagt Ines Dietze, Vorsitzende des Vorstands. „Das hat sich durch die Coronapandemie noch stärker in die digitale Richtung entwickelt.“ Die meisten „Geschäftsvorfälle“ finden über die Internetfiliale oder die App statt. Auch das Angebot der Videoberatung nehmen immer mehr Kunden in Anspruch.
Auch in Spiegelberg war die persönliche Beratung schon länger auf nur einen Tag pro Woche beschränkt. Bereits 2018 sei eine weitere Einschränkung in Spiegelberg auf der Agenda gewesen, weiß Bürgermeister Uwe Bossert. „Aber damals konnten wir zumindest einen Beratungstag nach langen Gesprächen erreichen.“ Dass die Geschäftsstelle nun doch umgewandelt wird, hat ihn also nicht überrascht. „Die Umwandlung in SB-Stellen war vorhersehbar. Es war klar, dass wir bei der nächsten strukturellen Umwandlung mit dran sind.“ Der Bürgermeister bedauert aber trotzdem, dass dadurch auch der letzte Präsenztag in Spiegelberg wegfallen wird. Die Kunden werden zukünftig wohl nach Sulzbach an der Murr fahren müssen.
Es werden aber nicht nur die kleinen und ohnehin schon eingeschränkten Geschäftsstellen verändert. Auch der aktuell noch personenbesetzte Standort in Waldrems wird in eine SB-Filiale umgewandelt. Für die Bürger eine besondere Enttäuschung. Erst vor etwa zwei Jahren hat die Filiale der Volksbank geschlossen, viele dieser Kunden seien dann zur Sparkasse gewechselt, sagt Regina Konrad, die Ortsvorsteherin. „In der Hoffnung, dass diese Filiale zumindest bleibt. Und jetzt geht wieder alles von vorne los.“ Zwar sei die Busverbindung nach Backnang gut und der Bus halte direkt beim Gesundheitszentrum, wo es eine Sparkassen- und eine Volksbankfiliale gebe, aber die Bewohner fühlen sich durch den Schritt ein wenig wie auf dem Abstellgleis, sagt Konrad. Erst sei die Volksbank gegangen, dann habe der Kiosk geschlossen, nun auch noch die Kreissparkasse. „Wir waren alle etwas überrascht von der Ankündigung“, sagt Konrad. Befürchtet habe sie die Schließung der Filiale zwar, aber eher irgendwann in der Zukunft. „Natürlich ist das der Lauf der Zeit und das lässt sich nicht aufhalten. Aber meiner Meinung kommt das ein paar Jahre zu früh.“ Denn lediglich die Automaten zum Geldabheben und für die Ausgabe der Kontoauszüge werden bleiben. Für Überweisungen oder Einzahlungen müsse man künftig nach Backnang oder es per Online-Banking erledigen. „Da gibt es im Moment noch einige, die sich vor dem Online-Banking etwas scheuen.“
Eine mögliche Schließung der Großerlacher Sparkassenfiliale stand auch in der Diskussion. In Großerlach konnte man aber einen Kompromiss finden, um die komplette Schließung zu verhindern. Bürgermeister Christoph Jäger setzte sich „bei allem Verständnis für wirtschaftliche Notwendigkeiten“ dafür ein, zumindest mit einer Filiale noch in der Gemeinde „Flagge zu zeigen“. Als Deckungsbeitrag schlug er vor, freie Raumkapazitäten durch Untervermietung an die Deutsche Post AG als künftige Postfiliale zu nutzen. Dieser Lösungsansatz wurde nun tatsächlich umgesetzt. Die Kreissparkasse freue sich über die neue Nutzung und bleibt so weiterhin in Großerlach präsent. Aufgrund sinkender Nutzungszahlen wird zwar auch diese Filiale bis Anfang Juni in eine reine SB-Filiale umgewandelt, aber der Standort bleibt zumindest vorerst erhalten.
Insgesamt werden zwölf Filialen der Waiblinger Kreissparkasse im Rems-Murr-Kreis nicht mehr als personenbesetzte Standorte geführt. Das hat die Sparkasse Ende Januar mitgeteilt. Hierbei handelt es sich um die Filialen in Birkmannsweiler, Bittenfeld, Geradstetten, Haubersbronn, Hegnach, Schelmenholz, Waldrems und Weiler zum Stein.
Bis Anfang Juni sollen die genannten Filialen in SB-Filialen umgewandelt sein. Dann wird die Sparkasse noch mit 25 Beratungscentern an 21 Standorten, 16 Filialen und 27 SB-Filialen im Kreis vertreten sein.
Die neuen SB-Filialen sollen mit einem Geldautomaten und einem Kontoserviceterminal ausgestattet sein sowie teilweise auch mit Ein- und Auszahlautomaten. Kunden der betroffenen Filialen sollen informiert und in größere Geschäftsstellen übergeleitet werden.
Die Sparkasse ist nicht die einzige Bank, die Filialen schließen muss. Um aus den roten Zahlen zu kommen, plant die Commerzbank einen massiven Umbau bis 2024. Tausende Jobs sollen wegfallen und Hunderte Filialen schließen. In Deutschland soll etwa die Hälfte aller Filialen wegfallen, das hat die Bank vor wenigen Tagen bekannt gegeben.
Die Commerzbank ist auch im Rems-Murr-Kreis vertreten, wenn auch nicht so stark wie die Sparkasse oder die Volksbank. Commerzbank-Filialen befinden sich aktuell in Backnang, Waiblingen, Schorndorf und Fellbach.
Ob eine dieser Filialen von den geplanten Maßnahmen und Schließungen betroffen sein wird, ist noch unklar. „Dafür ist es noch zu früh, es wird gerade erst erarbeitet, welche Filialen das betrifft“, so Gunnar Meyer, ein Sprecher der Bank.