Für und Wider moderner Materialien

Ausstellung des Historischen Vereins in Erbstetten thematisiert Nachhaltigkeit in Vergangenheit und Gegenwart

Zum 13. Mal lud der Historische Verein Burgstetten am Dreikönigstag in die Pfarr- und Zehntscheuer in Erbstetten ein. Bibeln und Spielzeug, Kleidung und Fotografie sowie andere Themen haben die Bürger schon beschäftigt. In diesem Jahr ist es die Nachhaltigkeit der vor allem im Alltag verwendeten Materialien.

Hans-Joachim Elzmann vom Historischen Verein Burgstetten weiß zu allen Ausstellungsobjekten in der Pfarr- und Zehntscheuer in Erbstetten etwas zu erzählen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Hans-Joachim Elzmann vom Historischen Verein Burgstetten weiß zu allen Ausstellungsobjekten in der Pfarr- und Zehntscheuer in Erbstetten etwas zu erzählen. Foto: J. Fiedler

Von Carmen Warstat

BURGSTETTEN. Es ist auch dieses Mal wieder eine bezaubernde Ausstellung geworden, zu der viele Einwohner der Gemeinde beigetragen haben. Hans-Joachim Elzmann und seine Vereinsfreunde hatten mehrere Aufrufe gestartet, und die Resonanz der Bürger war enorm. Das Ziel bestand darin, Gebrauchsgegenstände des Alltags aus Vergangenheit und Gegenwart gegenüberzustellen und insbesondere anhand der verwendeten Materialien die Frage der Nachhaltigkeit in den Fokus zu nehmen.

Elzmanns Anmerkung hierzu, früher sei „die Nachhaltigkeit noch alternativlos“ gewesen, lässt sich freilich nicht von der Hand weisen, man könnte etwas provokativ auch behaupten: unfreiwillig. Sobald nämlich moderne Materialien und Technologien verfügbar waren, wurden diese auch in allen Lebensbereichen genutzt – mit den bekannten Folgen für die Umwelt beziehungsweise das Klima.

Angedeutet werden aber auch positive Entwicklungen der Gegenwart, etwa am Beispiel von Verpackungen. Äpfel beispielsweise wurden früher in Weidenkörben, später Draht- und noch später in Plastikkörben transportiert, wobei hinsichtlich der Funktionalität der ausgestellte Drahtkorb den anderen Varianten überlegen war: Er konnte umgedreht als Sitzgelegenheit verwendet werden, und er ersparte die Waage, denn drei Füllungen ergaben genau einen Zentner Kartoffeln. Zum Verkauf wurden Äpfel lange Zeit in Holzkisten oder Spankörben angeboten, heute sind sie zum Teil in Folie eingeschweißt, die Tendenz geht allerdings zurück zu umweltverträglichen Materialien wie Baumwollnetzen und Papiertüten.

Ein ähnlicher Umkehrtrend lässt sich zumindest unter Kennern bei der Musikwiedergabe verzeichnen. Hans-Joachim Elzmann zeigt die Polyfon-Spieluhr mit Messingscheiben und ein Grammophon mit Schellack-Platten, aber auch den Vinylplattenspieler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gefolgt von Discman und iPod beziehungsweise MP3-Player. Im wahrsten Sinne des Wortes nicht vorzeigbar ist die moderne Musikwiedergabe per Streaming, da sie gewissermaßen ohne greifbares Medium auskommt. Allmählich jedoch kehren Musikliebhaber vermehrt zur Vinylplatte zurück.

Die kleine Exposition umfasst alle Lebensbereiche

Und abgesehen vom unschlagbaren Sound: Was anderswo als Nachteil empfunden wird, schätzt man hier gerade: Dass sie eben nicht winzig klein und leicht ist, sondern man das Cover in die Hände nehmen und betrachten, Texte mitlesen oder andere Informationen entnehmen, Platten weitergeben oder tauschen kann – es ist nicht nur Nostalgie, sondern kommt wieder. Der Plastikdeckel des Schallplattenspielers allerdings müsse nicht sein, bemerkt ein Besucher der Ausstellung, und werde hoffentlich bald mit Alternativmaterialien ersetzt.

Die kleine Exposition umfasst alle Lebensbereiche und präsentiert auf zwei Ebenen Alltagsgegenstände aus Haushalt und Garten sowie Spielzeug-, Foto-, Technik-, Schul- und Reiseutensilien, die in 140 Paaren die Urmaterialien Leder, Wolle, Hanf, Holz und Metall den Kunststoffen gegenüberstellt, wobei nicht verschwiegen wird, dass der leider schwer entsorgbare Kunststoff in Sachen Funktionalität Vorteile haben kann. Überhaupt lassen es die Aussteller nicht mit bloßer Nostalgie bewenden. Mit Blick auf Haushaltsgeräte heißt es etwa: „Zum Glück ist nicht alles nachhaltig geblieben.“ Gezeigt wird das Foto einer Wäscherin vor vielleicht 100 Jahren, nach deren schwerer Arbeit sich niemand zurücksehnt.

Das besonders Reizvolle an diesem Projekt des Historischen Vereins Erbstetten ist, dass die Bürger miteinander ins Gespräch kommen und sich gemeinsam an ihre Eltern und Großeltern erinnern oder Kindheitserlebnisse austauschen können. Und mit dem Abstand von Jahrzehnten scheint manches Exponat einen gewissen Charme auszustrahlen.

Info
Zweiter Öffnungstag

Die Ausstellung in der Pfarr- und Zehntscheuer Erbstetten zum Thema Nachhaltigkeit kann am Sonntag, 26. Januar, in der Zeit zwischen 13 und 17 Uhr noch einmal besichtigt werden. Auch dann gibt es wieder ab 14 Uhr Kaffee und Kuchen.

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Erstellt:
7. Januar 2020, 11:30 Uhr

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