Nach Pächterwechsel: Fusionsküche im Sulzbacher Palmengarten
Der ehemalige Pächter des Brauhauses Andreas Walz hat das Sulzbacher Schlössle gen Murrhardt verlassen und dort die Eiche neu eröffnet. Auch Braumeister Daniel Singh zieht samt der Brauanlage zum Jahresende aus. Mit dem neuen Pächter geht es nun in eine neue Richtung.

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Willi Beck (links) und die neuen Pächter des Brauhauses Roberto Granata und Sabina Seljmani.Foto: Alexander Becher
Von Nicola Scharpf
Sulzbach an der Murr. Es gibt einiges an Veränderungen im und am Sulzbacher Schlössle: Andreas Walz, der den Brauereigasthof acht Jahre lang bewirtschaftete, hat kürzlich das Gasthaus Eiche in Murrhardt neu eröffnet, nachdem es seit der Insolvenz des vorherigen Pächters zwei Jahre lang leer gestanden hatte. Mit diesem Schritt folgt der ehemalige Pächter der Schlössle-Gastronomie dem ärztlichen Rat, dass er nach einem belastenden Jahr 2020 in Zukunft deutlich kürzer treten soll. Hatte das Schlössle innen und außen jeweils Platz für 150 Gäste, so können der 61-Jährige und sein Team in der Eiche maximal 60 Gäste in der Gaststube und 80 Gäste im Biergarten empfangen. Walz ist zuversichtlich, was seine neue Wirkungsstätte anbelangt. Schließlich habe Murrhardt ungefähr dreimal so viele Einwohner wie Sulzbach, darüber hinaus eine überschaubare Anzahl an Gaststätten, die – wie er mit der Eiche – gutbürgerliche deutsche Küche anbieten, und der Biergarten sei der einzige natürliche seiner Art in der Walterichstadt. Also siedelte er nach Murrhardt um – samt Personal, Inventar, Mobiliar und Bier.
Die Brauerei zieht nach Weilheim an der Teck um
Denn auch die Eiche wird weiterhin mit Sulzbacher Bier beliefert. Das wird vom diplomierten Braumeister Daniel Singh, der das Brauen 2016 noch vor Ende seines Studiums als Nebenjob für Andreas Walz begann, in Handarbeit produziert. „Als ich 2016 kam, gab es keinen Braumeister“, berichtet der 26-Jährige. „Ich habe die Grundrezepte entwickelt.“ Seit 2018 gehört die Brauanlage, die im Sulzbacher Schlössle steht, dem jungen Braumeister, der daraufhin für sein eigenes Craftbier auch sein eigenes Label gründete und den Gerstensaft seitdem unter dem Namen „Singh Bräu“ im gesamten Großraum Stuttgart vertreibt. Singhs Plan ist nun, seine Brauanlage zum Jahresende auszubauen, da sie einen neuen Platz in einer neu gebauten Brauerei in Singhs Heimatort Weilheim an der Teck bekommen soll.

Braumeister Daniel Singh zieht mit der Brauereianlage aus. Foto: Corinna Schmid Photography
Der Braumeister begründet diese Entscheidung: Ursprünglich habe es sich beim Sulzbacher Schlösslebräu um eine reine Gasthausbrauerei gehandelt – Fassbier für den Hausgebrauch sozusagen. „Aber die Anlage hatte noch Kapazitäten.“ Also wurde das Bier auch in Flaschen abgefüllt. „Für Flaschenbier allerdings ist die Anlage zu eng konzipiert.“ Im Weilheimer Neubau stimmt künftig das Platzangebot für den Kleinbrauer, der vom Schroten bis zum Abfüllen und Verkorken der Flaschen richtig Hand anlegt. Der Auszug der Anlage wird aufwendig werden: Die meisten Bestandteile passen zwar durch die Türen, aber ein Teil der Tanks soll mittels Kran durch das Flachdach, das zu diesem Zweck geöffnet werden wird, entschweben.
Die Genossenschaft wollte am traditionellen Konzept festhalten.
Mit Walz und Singh verliert die 2018 gegründete Genossenschaft „Begegnungs- und Kulturzentrum Akzente eG“, der das Gebäudeensemble am Sulzbacher Schlössle bestehend aus der Kultdisco Belinda, der Brauerei und der Gastronomie gehört, zwei Pächter, die dem Brauereigasthaus einen guten Ruf verliehen haben. „Wir dachten, dass wir es schnell wieder verpachten können“, berichtet Genossenschaftsvorsitzender Willi Beck über die zurückliegenden Monate, als der Gasthof Ende April schloss. „Wir haben nicht geglaubt, dass es so schwer wird.“ Der Wunsch von Geno-Vorstand und Aufsichtsrat sei es zunächst gewesen, am traditionellen Konzept des Brauereigasthofs mitsamt der dazu passenden bodenständigen deutschen Küche festzuhalten. Aber es fand sich kein Wirt, der sich verändern wollte oder sich einen Gastrobetrieb in der Größe des Sulzbacher Brauhauses zutraute. Bis sich schließlich die beiden Murrhardter Roberto Granata und Sabina Seljmani, in der Walterichstadt für ihren Pizzaservice bekannt, für das Brauhaus interessierten und sich mit der Genossenschaft auf einen Pachtvertrag verständigten. „Sie haben aber andere Vorstellungen vom Konzept her“, sagt Beck darüber, dass sich die Genossenschaft gedanklich auf einen neuen Weg machen und das traditionelle Mindset ablegen musste.
Als sich die Genossenschaft damals 2018 formiert hatte, war es der Antrieb, auf dem Areal eine Stätte zu schaffen, an der sich Gesellschaft und Kirche verknüpfen können, an der verschiedene Gruppen und Milieus zueinanderfinden können. „Das ist etwas, was mich antriggert“, sagt Beck, der Diakon im Ruhestand ist. Sein Wunsch ist es, dass der Pächter des Brauhauses sich mit dieser Grundidee identifizieren kann und mitzieht. Passt das neue Gastrokonzept nicht sogar besser zur Idee der gesellschaftlichen Integration? Diese Frage hat sich Beck gestellt und beantwortet sie mittlerweile mit Ja.
Urlaubsfeeling soll aufkommen
Roberto Granata und seine Partnerin waren gastronomisch schon weltweit unterwegs. Im Brauhaus am Schlössle wollen sie Fusionsküche anbieten, also unterschiedliche Esskulturen und Kochkünste miteinander kombinieren sowie klassische Regional- und Nationalküchen vermischen. Maultaschen mit asiatischen Soßen? Warum nicht? Dementsprechend ist das Ambiente auch ein anderes, seit die Pächter vor gut vier Wochen eröffnet haben. Den Biergarten haben sie in einen Palmengarten verwandelt. Die Gäste nehmen nicht auf klassischen Biergarnituren Platz, sondern auf gemütlichen Lehnstühlen. Urlaubsfeeling soll aufkommen und Entspannung, Platz soll sein für Kommunikation und Begegnung. Und über allem thront eine große Affenfigur auf einem mit künstlichem Urwaldgrün verkleideten Sockel aus Spanplatten. Der neue Slogan: „Brauhaus – Die mit dem Gorilla“. Nachdem die Küche wegen Renovierungsarbeiten noch nicht voll eingesetzt werden kann, beschränkt sich das Angebot derzeit noch auf Pizza. Ideen, wie der frei werdende Platz genutzt werden kann, wenn die Brauanlage ausgebaut ist, sind schon vorhanden.
Um das Risiko für beide Seiten überschaubar zu halten, „ob das in Sulzbach einschlägt“, so Beck, haben die Genossenschaft und der neue Pächter der Gastronomie einen zweijährigen Vertrag miteinander geschlossen. „Was passiert, wenn jemand Einflüsse reinbringt, die nicht typisch schwäbisch sind?“, fragt Beck. Die Antwort darauf werden die Brauhausgäste geben.