Gänsehautfeeling in der Abendsonne
Genussvoller Sommerabend beim classic-ope(r)n-air auf dem Backnanger Marktplatz – Solisten und Orchester glänzen
Angenehme Temperaturen, schwirrende Schwalben und Mauersegler und prächtige Turmfalken am Abendhimmel, der Stadtturm von der Abendsonne beleuchtet: beste Voraussetzungen für einen genussvollen Sommerabend mit einem großen musikalischen Blumenstrauß.

© Pressefotografie Alexander Beche
Sopranistin Jana Marie Gropp und der irische Tenor Aaron Cawley präsentierten beim classic-ope(r)n-air Stücke aus den Genre Oper, Operette, Musical, Filmmusik, Rock und Pop.Fotos: A. Becher
Von Miklós Vajna
BACKNANG. Leichte Probleme mit der Tontechnik waren bald behoben, und Kulturamtsleiter Martin Schick konnte die 1075 Zuhörer zum 21. classic-ope(r)n-air“, dem letzten Konzert der laufenden Spielzeit, begrüßen. Auch Dirigent Rainer Roos begrüßte und ließ im Rückblick Ereignisse der vergangenen Konzerte Revue passieren. Für den Abend hatte er sich, neben der Musikauswahl aus Oper, Operette, Musical, Filmmusik, Rock und Pop, einiges zur Unterhaltung einfallen lassen. So entlockte er als Westernheld in Staubmantel und Lederhut, in einen Hauseingang gelehnt, der Mundharmonika das Anfangsmotiv zum Filmmusikpotpourri „Spiel mir das Lied vom Tod“ von Enrico Morricone, während das Orchester bewies, dass es auch mal ohne den Dirigenten spielen kann. Er unterstützte die Gesangssolisten sehr aufmerksam und einfühlsam, hatte sichtliches Wohlgefallen an den gelungenen Darbietungen und hielt den musikalischen Kontakt durch regelmäßigen Blickkontakt. Er spielte auch, wenn nötig, die Orgel und schätzte, besonders in dem ersten Satz der „Jupitersymphonie“ von Wolfgang Amadeus Mozart und der Ouvertüre zu „Carmen“ von Georges Bizet, zügige und resolut rasante Tempi, was sehr gut beim Publikum ankam.
Aaron Cawley, ein Tenor mit massivem Edelmetall in der Stimme, brachte die Tontechnik mit seiner Stimmgewalt anfangs an ihre Grenzen. Bei Open-Air-Veranstaltungen ist die elektrische Klangverstärkung wohl unumgänglich, aber durch geschicktes Abmischen lässt sich, wie auch in Backnang im weiteren Verlauf des Konzerts geschehen, ein ordentliches Klangerlebnis erreichen.
Das Musikstück „The Girl from 14 g“ , vorgetragen von der vielversprechenden Sopranistin Jana Marie Gropp, basiert auf den Erfahrungen der amerikanischen Schauspielerin und Sängerin Kristin Chenoweth, die nach dem Einzug in ein New Yorker Appartement von ihren musikalischen Nachbarn über, unter und seitlich von ihr mit Musikübungen verschiedenster Stilrichtungen gepeinigt wurde. Hier hat die Interpretin die Möglichkeit, die ganze Bandbreite ihres Vertrautseins mit den verschiedensten Musikstilen zu demonstrieren. Zum besseren Verständnis rezitierte Jana Marie Gropp zuerst eine Zusammenfassung auf Deutsch und trug dann gekonnt die Originalfassung auf Englisch vor. Die Sopranistin bezauberte und berührte auch bei ihren weiteren Vorträgen die Herzen mit ihrer klaren und facettenreichen Stimme und erzeugte Gänsehautfeeling.
Sängerische Qualitäten gepaart
mit schauspielerischem Talent
Der Bariton Marco de Sapia demonstrierte neben seinen sängerischen Qualitäten, mitreißend unter Beweis gestellt in der nicht auf dem Programm stehenden Kavatine des Figaro aus „Der Barbier von Sevilla“ von G. Rossini, vor allem sein großes Talent als Entertainer. Mit seinen clownesken und komödiantischen Einlagen, unter anderem als zu spät kommender, heftig flirtender Sonnyboy mit lässig hochgestelltem Kragen und Sonnenbrille und als Sänger, der sich standhaft weigert, „O Sole Mio“ zu singen, begeisterte er immer wieder die Zuschauer.
Das Orchester spielte sehr zuverlässig und präzise, jede Instrumentengruppe und auch die Instrumentalsolisten waren auf gleich hohem Niveau, in Intonation und Klanggestaltung überragend. In einer Version für Symphonieorchester und Rockband erklang „Smoke on the Water“ von der Rockgruppe „Deep Purple“, eins der meistverkauften Rockstücke, allgemein bekannt und beliebt besonders bei angehenden Gitarristen wegen der unverkennbaren und effektvollen, aber leicht zu spielenden Grifffolge am Anfang. Das Orchester überzeugte auch in diesem Genre, außerdem gab es ein schön gespieltes Solo des Leadgitarristen. Der stampfende Rhythmus des wirkungsvollen Stücks brachte das Publikum zu begeistertem Johlen. Die im Konzerttitel angesprochenen „Millionen von Sternen“ waren zwar nicht am Himmel über Backnang zu sehen, dafür leuchteten die Häuserilluminationen, der Abendstern und die vielen Highlights eines stimmungsvollen und unterhaltsamen Abends, vom Backnanger Publikum immer wieder mit anhaltendem Applaus honoriert.
In der traditionellen Zugabe „O Sole Mio“ setzte Aaron Cawley, unterstützt von Jana Marie Gropp und Marco di Sapia, mit prachtvoller Stimme einen beeindruckenden Schlussakzent.

© Pressefotografie Alexander Beche
Ein prächtiger Abend bei besten äußeren Bedingungen. Die Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart und der Stuttgarter Philharmoniker unter der Leitung von Rainer Roos erfreuten die über 1000 Zuhörer beim letzten Konzert der laufenden Spielzeit.