Geld aus Digitalpakt fließt nur langsam
Aus dem Digitalpakt Schule stehen den Bildungseinrichtungen im Rems-Murr-Kreis 19,3 Millionen Euro zur Verfügung. Doch die meisten Schulträger haben die Mittel noch gar nicht beantragt – so auch die Stadt Backnang.
Von Lorena Greppo
BACKNANG/SULZBACH AN DER MURR. Im Mai 2019 startete bundesweit das Förderprogramm Digitalpakt Schule. Mit diesem wollen Bund und Länder für eine bessere Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik sorgen. Insgesamt stehen dafür gut 5,55 Milliarden Euro bereit. „Rein rechnerisch bedeutet dies für jede der zirka 40000 Schulen in Deutschland im Durchschnitt einen Betrag von 137000 Euro“, führt das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus. Doch wie viel ist davon schon bei den Schulen angekommen?
Die Zwischenbilanz gut anderthalb Jahre später ist ernüchternd: Baden-Württemberg hat zum Stand 15. Januar nach Angaben des Kultusministeriums etwa 12,5 Millionen Euro der 650 Millionen Euro abgerufen. Von diesen Angaben zu unterscheiden ist die Höhe der Fördermittel, die bereits bewilligt wurde und mit der die Schulträger planen können – denn sie müssen finanziell zunächst in Vorleistung gehen. Die Höhe der bewilligten Fördermittel beträgt aktuell 12,1 Prozent (etwa 78,6 Millionen Euro). Hier tut sich der Rems-Murr-Kreis positiver hervor: In der Region beträgt das Antragsvolumen der bei der L-Bank eingegangenen Anträge 22,9 Prozent. Gut 4,4 Millionen Euro der insgesamt zur Verfügung stehenden 19,3 Millionen Euro sind also bereits bewilligt worden – unter anderem für Schulen in Allmersbach im Tal, Aspach, Burgstetten und Sulzbach an der Murr.
Die Stadt Backnang hingegen sucht man in der Liste vergeblich. „Ja, da sind wir im Rems-Murr-Kreis nicht ganz vorne mit dabei“, räumt Heinz Harter, der geschäftsführende Schulleiter der Backnanger Schulen ein. Das liege aber nicht etwa daran, dass man getrödelt habe. „Wir haben elf Schulen mit mehr als 4000 Schülern, da muss so etwas sehr gut geplant sein.“ Schließlich spreche man hier von Millionen an Investitionen.
Der Medienentwicklungsplan ist in Backnang noch in Arbeit.
Schon vor der Coronapandemie haben die Verantwortlichen in Backnang einen Medienentwicklungsplan (MEP) auf den Weg gebracht, der aufzeigt, wie mit den künftig verfügbaren Mitteln der Unterricht an den Schulen gestaltet wird. „Insbesondere aufgrund der Coronakrise und den damit verbundenen Herausforderungen im Schul- und Kitabereich konnte der MEP nicht wie eigentlich geplant bearbeitet werden“, teilt die städtische Pressesprecherin Christine Wolff mit. Folglich seien auch noch keine Mittel des Digitalpakts Schule beantragt worden. Unnötige Eile sieht die Stadt auch nicht geboten: „Da die Verteilung der Zuschüsse nicht nach dem Windhundprinzip erfolgt, stehen die Mittel auch weiterhin für die Stadt Backnang zur Verfügung und können beantragt werden, sobald der MEP weiter vorangeschritten ist“, führt Wolff aus. Schwerpunkt für den Einsatz der Fördermittel werde vor allem der Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur an den Schulen sein – beginnend dort, wo der Bedarf am größten ist. Die Talschule und das Max-Born-Gymnasium seien etwa schon im vergangenen Jahr zum Zuge gekommen und wurden mit neuem Netzwerk und WLAN ausgestattet, berichtet Harter. Das werde nachträglich über den Digitalpakt abgerechnet. „Flächendeckendes WLAN in den Schulen ist die Voraussetzung, dass die steigende Zahl an mobilen Endgeräten der Schüler und Lehrer auch eingesetzt werden kann“, sagt auch Christine Wolff. Um schnelles Internet anbieten zu können, werden die ersten Schulen im ersten Halbjahr 2021 an das städtische Glasfasernetz angeschlossen. Mit den für 2021 zur Verfügung stehenden städtischen Haushaltsmitteln können die digitalen Präsentationstechniken in den Klassenzimmern ausgebaut sowie weiteren Endgeräten beschafft werden, fügt Wolff an.
Über ordentliche Beträge bei den bewilligten Fördermitteln aus dem Digitalpakt Schule kann sich derweil die Gemeinde Sulzbach an der Murr freuen. 197600 Euro bekommt sie für die Gemeinschaftsschule und 224000 Euro für die Lautereck-Realschule. Man habe sich schon im Sommer 2018 daran gemacht, den MEP zu erarbeiten, berichtet der stellvertretende Kämmerer Sascha Reber. Im Folgejahr habe man diesen dann über die Online-Plattform des Landesmedienzentrums abbilden können. „Wir haben den Status quo erfasst und auf dieser Basis geschaut, was benötigt wird“, so Reber. Ziemlich viel, stellte sich heraus: Unter anderem eine Netzwerkverkabelung aller Klassenzimmer sollte gefördert werden, die Ausstattung mit WLAN, neue Server und PCs für die Schulräume sowie Flachbildfernseher. „Es war relativ schnell klar, dass es eine umfangreiche Ausschreibung wird, die auch europaweit gilt“, erklärt Reber. Auf den ersten Versuch habe man keine Angebote bekommen, in der zweiten Runde war man erfolgreicher, sodass der Gemeinderat Ende Januar die Vergabe entschied.
Bald können also die Arbeiten losgehen, das Beschaffen der Hardware sowie die Netzwerkverkabelung könnten parallel starten, sagt Reber. Wie lange die Umsetzung dauert, könne man allerdings noch nicht sagen. Dass die Inanspruchnahme des Digitalpakts Schule in Sulzbach so gut geklappt hat, schreibt der stellvertretende Kämmerer vor allem einer guten Zusammenarbeit aller Beteiligten zu. „Von allen Seiten war ein großer Wille dazu da, das Projekt Digitalisierung umzusetzen.“ Zudem haben man sich an den richtigen Stellen professionelle Unterstützung geholt – ein Münchner Unternehmen lieferte beispielsweise das technische Know-how. Reber ist sich sicher: Wenn alles wie vereinbart umgesetzt wurde, sind die Sulzbacher Schulen gut gerüstet. Und auch für die Verwaltung habe sich ein Synergieeffekt ergeben: Auch dort will man die Digitalisierung in Angriff nehmen. „Wir ziehen im Rathaus nach“, sagt Reber. Dafür werde das gleiche Prozedere vorgenommen wie an den Schulen.
Über den Digitalpakt Schule sollen primär Maßnahmen, welche die digitale Infrastruktur an Schulen verbessern, wie etwa die Einrichtung einer WLAN-Infrastruktur oder schuleigene Server, gefördert werden. Dabei handelt es sich auch um Maßnahmen, die bauliche Veränderungen an den Schulen sowie die dafür erforderlichen Planungs- und Verwaltungsarbeiten erforderlich machen. Zudem setzt die Beantragung eine grundlegende Auseinandersetzung mit einem pädagogisch sinnvollen Medieneinsatz voraus, der in einem Medienentwicklungsplan (MEP) festgehalten werden soll. Der MEP kann allerdings auch nachgereicht werden.
Die erwähnten Maßnahmen müssen zwischen Schule und Schulträger abgesprochen werden und zum Teil noch von den kommunalen Gremien verabschiedet werden. Dies alles erfordert Zeit. Nicht zu vergessen ist auch der Einfluss der Coronapandemie auf die Schulen und die Stadtverwaltung, die dadurch mit einer Vielzahl von anderen Themen beschäftigt waren und sind. Dies hat laut Kultusministerium bei einigen Trägern zu einer Verschiebung der Planungen der Digitalpakt-Maßnahmen geführt.
Die Vorarbeiten werden von den Schulen und Schulträgern aber angegangen. Bislang sind mehr als 1000 Medienentwicklungspläne durch das Landesmedienzentrum geprüft und freigeben worden. Darüber hinaus liegen der L-Bank zwischenzeitlich auch einige Anträge ohne MEPs vor. Das bedeutet, dass immer mehr Schulträger von der Möglichkeit Gebrauch machen, die MEPs nachzureichen.
Aus dem Digitalpakt Schule stehen den 34 Schulträgern im Rems-Murr-Kreis insgesamt 19,3 Millionen Euro zur Verfügung. Antragsberechtigt sind Schulträger für fast alle Schulen, in Fellbach wurden beispielsweise für eine staatlich anerkannte Physiotherapeuten- und Massageschule Fördermittel bewilligt.
Im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung haben zum Stand 15. Januar allein fünf Schulen aus vier Kommunen Fördermittel bewilligt bekommen: die Gemeinde Allmersbach im Tal für die Grundschule im Wacholder 47400 Euro; die Gemeinde Aspach für die Conrad-Weiser-Schule 132320 Euro; die Gemeinde Burgstetten für die Grundschule 33560 Euro und die Gemeinde Sulzbach an der Murr für die Gemeinschaftsschule 197600 Euro und für die Lautereck-Realschule 224000 Euro.
Nur für zwei Schulen wurden Maßnahmen bereits abgerechnet, also Geld ausbezahlt, nämlich für die Paulinenpflege Winnenden und die Albert-Schweitzer-Schule in Fellbach.