Gemarkungslauf: Mit dem Rad durch Backnangs Stadtteile
Einmal im Jahr begeht OB Maximilian Friedrich mit Vertretern seiner Stadtverwaltung einen Bereich in oder um Backnang. In diesem Jahr waren die nördlichen Stadtteile Steinbach und Strümpfelbach dran. Es ging um anstehende Projekte und Probleme in den Stadtteilen.
Von Kristin Doberer
Backnang. Was Frank Nopper mit seinen stundenlangen Gemarkungsläufen durch Backnang begonnen hat, führt auch sein Nachfolger fort. Während Oberbürgermeister Maximilian Friedrich im vergangenen Jahr in der Innenstadt unterwegs war, um mit den Händlern ins Gespräch zu kommen, zog es ihn am Mittwoch in die beiden nördlichen Stadtteile Backnangs: Steinbach und Strümpfelbach. Einen ganzen Strauß von Themen habe er aufgesammelt, berichtet er nach der etwa achtstündigen Tour. „Trotz des Zeitaufwands lohnt es sich immer, wenn man die Dinge mit den eigenen Augen sieht“, so sein Fazit.
Sanierung Rathaus Steinbach Los ging die Tour durch die nördlichen Stadtteile im ehemaligen Steinbacher Rathaus, in dem es auch heute noch eine Geschäftsstelle für die Bürgerinnen und Bürger gibt. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich, Baudezernent Stefan Setzer und Erster Bürgermeister Siegfried Janocha blicken noch vorm Betreten am Gebäude nach oben. Die Balken des rund 150 Jahre alten Fachwerkhauses werden nur noch sporadisch zusammengehalten, der Putz bröckelt und im Inneren quietscht jeder Schritt auf den alten Holzböden. „Die Sanierung ist für das nächste Jahr im Haushalt eingeplant“, meint Janocha und kommt so gleich auf das größte Steinbacher Projekt in der nächsten Zeit zu sprechen. Die ursprünglich geplanten 300000 Euro für die Sanierung des Rathauses haben sich mittlerweile auf über eine Millionen verteuert. Nicht nur die Instandhaltung soll dabei erledigt werden, auch soll die Geschäftsstelle barrierefrei werden – also vom ersten Stock ins Erdgeschoss verlegt werden.
Gespräche mit Bürgern Zweimal pro Woche ist die Stelle besetzt und wird in der Zeit auch gut besucht. „Die Leute schätzen es sehr, dass sie mal schnell Formulare holen oder abgeben können“, berichtet eine Mitarbeiterin auf Friedrichs Nachfrage. An dem Mittwochmorgen des Gemarkungslaufs ist zum Beispiel eine Backnangerin da, um einen Kinderreisepass für ihren Sohn zu beantragen. Schnell nutzt sie die Gelegenheit, um den Oberbürgermeister auf ein Problem aufmerksam zu machen: Für ihre Kinder gebe es keinen sicheren Schulweg. „Sie müssen am Ortsschild die Straße queren, da gibt es keine Ampel und keinen Gehweg“, berichtet sie. Sogleich wird die Straße auf Google Maps gesucht und unter den Stadtvertretern diskutiert. Dass auf der Strecke Richtung Sachsenweiler dann auch noch 100 Kilometer pro Stunde erlaubt sind, überrascht auch Setzer und Janocha. „Wir schauen uns das auf jeden Fall an“, verspricht Friedrich zuletzt.
Auch wurden im Gespräch mit zwei Mitgliedern des Ortschaftsrats – Bernd Fink und Manfred Trefz – noch einige kleinere Themen besprochen: zum Beispiel der Umbau des Feuerwehrhauses, der mangelhafte Zustand vieler Feldwege, die Überlegungen für eine Buswendeplatte an der Dorfhalle und die Zufriedenheit mit dem Kunstrasenplatz der Fußballer.
Wohnraumentwicklung Steinbach Nur wenige Meter vom Rathaus entfernt geht es dann schon um das nächste Thema für Steinbach: die Schaffung von Wohnräumen. Dafür hat die Stadt Backnang bereits vor einiger Zeit ein Grundstück an der Durchgangsstraße erworben. „Eigentlich wollten wir auch das Nachbargrundstück dazu haben“, berichtet Janocha. Das habe nicht geklappt, nun sei die Fläche eigentlich fast etwas zu klein. „Aber brachliegen lassen können wir sie auch nicht“, sagt Friedrich mit Blick auf die Grasfläche. Deshalb sollen nun etwas weniger und eher kleinere Wohnungen entstehen als ursprünglich für die Ortsmitte geplant. Auch auf der anderen Seite des Rathauses sollen Wohnhäuser entstehen; ein Waiblinger Bauträger will hier Mehrfamilienhäuser errichten. „Das kommt uns natürlich entgegen, solange es für den Stadtteil verträglich bleibt“, meint Setzer zu der großen Baugrube.
Streuobstwiesen Viel Lob gab für den Zustand der Streuobstwiesen in Steinbach, Misteln seien hier kaum verbreitet. „Steinbach hat da fast eine Vorbildfunktion“, meint Friedrich und fragt, wie die Pflege der Streuobstwiesen so gut gelingt. „Die Nachbarn achten auch darauf und machen einen darauf aufmerksam“, erklärt Bernd Fink. Und man helfe sich gegenseitig viel. Obst habe in Steinbach außerdem schon immer einen hohen Stellenwert gehabt, erklärt Manfred Trefz. Noch einfacher soll die Pflege der Obstbäume durch einen neuen Geräteschuppen werden. Geplant ist, dass Streuobstwiesenbesitzer, die zum Beispiel keinen eigenen Hof haben, sich hier Abteilungen mieten oder pachten können, um ihre Gerätschaften unterzubringen. Unumgänglich ist für die Ortschaftsräte beim Thema Streuobst auch der schlechte Apfelpreis in diesem Jahr. Hier will das Schwäbische Mostviertel die Landwirte stärken, man arbeite gerade an Projekten zur regionalen Vermarktung und irgendwann vielleicht sogar am Pressen eigener Säfte, berichtet Geschäftsführerin Nadine Thoman. Deutlich schlechter sieht es in Sachen Misteln in Strümpfelbach aus. Hierhin ging die Tour dann mittags; schon bei der Fahrt nach Strümpfelbach fallen die stark befallenen Obstbäume auf. „Hier besteht deutlicher Handlungsbedarf“, sagt OB Friedrich.
Bänklesweg Strümpfelbach Nach einer kurzen Stärkung ging es dann auf dem Rad weiter auf dem Bänklesweg. Unterwegs kamen so einige kleinere Problem zur Sprache. Zum Beispiel machte Ortsvorsteherin Siglinde Lohrmann auf den schlechten Zustand der Bänke und Tische am Aussichtspunkt Gertrudenbank aufmerksam. „Die sollten erneuert werden“, stimmt Friedrich zu – und auch das Kneippbecken bei den Heppseen, um das sich eine Gruppe Ehrenamtlicher kümmert, sollte einen neuen Anstrich bekommen.
Verkehr und Infrastruktur Zurück in Strümpfelbach kamen dann auch Themen zur Sprache, die den Ortschaftsrat schon länger beschäftigen, zum Beispiel bessere Querungsmöglichkeiten für Radfahrer und Fußgänger auf der Ludwigsburger Straße. „Hier sind wir recht zuversichtlich, dass es gelingt, Tempo 30 einzuführen“, sagt Friedrich. Möglich werde das durch den neuen Lärmaktionsplan der Stadt. Außerdem wurde der Zustand der Bildäckerstraße begutachtet. Hier sollen die Fräskanten beseitigt werden, meint der OB. Langfristig wolle man aber überlegen, wie die Straße ausgebaut werden kann. Auch Thema waren Feldwege: Schlaglöcher und der dort fehlende Schutz vor Starkregen, beispielsweise wegen zu kleiner Gräben, wurden besprochen.
Nahversorgung in den Stadtteilen Außerdem kam in Strümpfelbach der Wunsch nach einer Nahversorgung auf; von Bäcker, Metzger und Co. fehlt bisher jede Spur. Bei der Tour kam die Überlegung auf, ob man einen Selbstbedienungsladen – ähnlich dem in Waldrems – zum Beispiel in dem ehemaligen Rathaus unterbringen könnte. Etwas besser sieht es beim Thema Nahversorgung in Steinbach aus. Hier statteten die Vertreter der Stadtverwaltung der Bäckerei Übele einen Besuch ab und unterhielten sich mit Friedrich Übele über den Standort. Die Gebäude wurden vor etwa zwölf Jahren im Zuge einer Ortskernsanierung mit den Ziel saniert, dort eine Nahversorgungsmöglichkeit zu bieten. „Wir sind mit dem Standort sehr zufrieden“, sagt Übele nun auch Jahre später noch. Einen Metzger werde man dagegen nicht in den Stadtteil locken können, meint Janocha. Dafür gebe es gleich mehrere Standorte mit Automaten, die von Fleisch über Obst eine große Auswahl an regionalen Produkten bieten, und das rund um die Uhr.