Graffitikünstler aus Backnang
Die Backnanger Graffitikünstler von der Agentur Adkru kommen viel im Rems-Murr-Kreis und darüber hinaus herum. Werden sie beauftragt, verschönern sie Wände und Mauern und tragen so zu einem vielfältigeren Stadtbild bei.
Von Anja La Roche
Backnang. Rund dreieinhalb Jahre ist es nun her, als professionelle Graffitimaler das zuvor unscheinbare Haus von Hajo Ungerer in ein mit Farben überzogenes Kunstwerk verwandelt haben. Eine willkommene bunte Abwechslung, die seither fest zum Backnanger Stadtbild gehört. Wer vom Aspacher Kreisel kommend über die Murr in die Altstadt läuft, kann die bunte Fassade nicht übersehen. „Das Haus ist mittlerweile ein großes Aushängeschild von Backnang geworden“, sagt Thomas Idler heute mit Stolz über das bislang größtes Projekt seiner Agentur Adkru, das er mit seinem Kollegen Marius Blum umgesetzt hat.
Nach wie vor bringen die Künstler von Adkru ihre Kunst an Wänden und Mauern im Rems-Murr-Kreis und überall dort an, wo sie mit ihrer Agentur Aufträge erhalten. „Wir sind eine Werbeagentur und ein Kollektiv, welches mittlerweile aus vier Personen besteht“, erklärt der 32-Jährige.
Sobald die Temperaturen steigen, sind die Spraydosen im Einsatz
So verleihen die Graffitimaler immer mehr städtischen Ecken einen kunstvollen Anstrich. Im April sind sie wieder mit frischer, kreativer Energie in die diesjährige Saison gestartet. Sobald die Temperaturen angenehmer sind und das Wetter mitmacht, setzen sie ihre Spraydosen ein. Zwischenzeitlicher Regen machte ihnen bei einem ihrer ersten Projekte dieses Jahr zu schaffen – aber nach vier Spraytagen gelang Thomas Idler und seinem Kollegen und Jugendfreund Joschka Zettler (29) das Kunstwerk: Die Baugenossenschaft Winnenden (BGW) hat die Männer von Adkru beauftragt, die Garagen eines Mietwohnblocks aufzupeppen. „Wir wollten einfach mal etwas Neues ausprobieren – eine Verschönerung, einfach etwas Besonderes erschaffen“, erklärt Carolin Fechter von der BGW. Gesagt, getan: Mit viel Herzblut entwickelten Zettler und Idler einen Entwurf, angepasst an die Wünsche des Kunden. Das Besondere an dem Auftrag war die Zusammenarbeit mit der Musik- und Kunstschule in Winnenden, denn die beiden Backnanger haben fünf Zeichnungen und Malereien von Kindern in die Gesamtkomposition eingebunden.
Als die beiden die letzten Striche in gekonnten Bewegungen auf die Garagenwand sprühten und mit einem überprüfenden Blick die Kombination von geometrischen und organischen Formen betrachteten, lief ein Mann vorbei und freute sich. „Das sieht so schön aus. Es ist eine Freude, das zu sehen“, lobte er die Künstler, die unschwer an den unzähligen Farbflecken auf ihren Jacken zu erkennen waren. „Das ist eigentlich immer das Schönste, das Feedback“, sagt Idler – neben dem Malen natürlich, wie Zettler ergänzt.
Der Begriff „Sprayen“ ist negativ behaftet
Sie verwenden dabei bewusst den Begriff Malen statt Sprayen, weil Letzterer in der Gesellschaft eher negativ behaftet ist und oft mit illegalen Schmierereien assoziiert wird. Dass die Murals aber nicht nur einen schönen Anblick bieten können, sondern illegalen Schmierereien vorbeugen – das ist ein praktischer Nebeneffekt, der die Kommunen oder Privateigentümer vor teuren Reinigungskosten bewahren kann. „Die Städte und Gemeinden haben das schon für sich entdeckt“, berichten die Künstler.
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Die Nachfrage ist also da, auch von öffentlicher Seite. Und auch sonst würde Joschka Zettler und Thomas Idler die Arbeit nicht ausgehen, denn mit ihrer Agentur sind sie breit aufgestellt. Die gelernten Mediengestalter arbeiten beispielsweise auch als Webdesigner und Grafiker und bieten Graffitiworkshops an. Auch wenn sie sich über mangelnde Aufträge nicht beklagen können, werden die Backnanger doch etwas wehmütig mit Blick auf ihre Heimatstadt, in der sie liebend gerne zu einem bunteren Stadtbild beitragen wollen. Sie vermissen das Interesse vonseiten der Stadtverwaltung, ihre Kunst zu unterstützen. Denn in Backnang gebe es einige Flächen, die sich prima fürs Sprayen eignen würden. „Wir würden uns mehr Zusammenarbeit mit der Stadt wünschen“, finden Idler und Zettler.
Die Stadt sieht Graffitis als eine Kunst, die wohldosiert eingesetzt werden sollte
Im Rathaus heißt es derweil: „Überall dort, wo aus Sicht der Stadtverwaltung geeignete Flächen vorhanden sind, steht einer künstlerisch ansprechenden Gestaltung nichts entgegen.“ Die Verwaltung stehe legalem Graffiti grundsätzlich positiv gegenüber. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass künstlerisch wertige Gestaltungen deutlich seltener Zielscheibe von Beschädigungen oder willkürlichen Schmierereien werden als lieblos oder ungestaltete Flächen“, teilt der Mitarbeiter Frederik Schell mit. Eine expressionistische Gestaltung durch ein Graffiti eigne sich allerdings nur an bestimmten und einer begrenzten Anzahl an Orten, damit sie auf den Betrachter wirken könne, ergänzt er.
Wer mit offenen Augen durch Backnang läuft, wird aber trotzdem das eine oder andere Werk der Männer von Adkru erblicken können. Zum Beispiel in der Unterführung im Zeller Weg oder eben an privaten Fassaden oder Innenräumen. In den Räumen des FC Viktoria Backnang leuchtet den Besuchern beispielsweise eine wundervolle Malerei mit Vereinslogo in passend knallig grüner Farbe von der Wand entgegen.