Große Enttäuschung und klare Erwartungen

Schul- und Vereinsvertreter hadern mit erneuter Zeitverzögerung beim Neubau der Karl-Euerle-Halle. Sie fordern, dass es die letzte bleibt.

Die Karl-Euerle-Halle. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Karl-Euerle-Halle. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

BACKNANG. Sonja Conrad ist bemüht, die Angelegenheit differenziert zu betrachten. „Ich habe Verständnis dafür, dass die Stadt den Drei-Millionen-Euro-Zuschuss haben will“, sagt die Schulleiterin am Max-Born-Gymnasium, das in unmittelbarer Nachbarschaft zur Karl-Euerle-Halle liegt. Aus ihrer Enttäuschung, dass sich der Abriss des maroden Bauwerks und damit auch die Fertigstellung des modernen Neubaus wegen des komplizierten Prozederes rund um die Zuschussvergabe noch einmal um mindestens vier Monate bis zum Jahresbeginn 2022 verzögert, macht sie trotzdem keinen Hehl.

„Wir hatten uns darauf eingestellt, dass es jetzt endlich losgeht“, erklärt Conrad, die auch in dem von der Stadt bislang nur einmal einberufenen Bauausschuss sitzt. Wären die Bagger wie geplant spätestens nach den Sommerferien angerückt, hätte es für die benachbarten Schulen, zu denen auch die Max-Eyth-Realschule gehört, einen großen Vorteil mit sich gebracht. „Wir hatten gehofft, dass der Abriss zum Jahresende abgeschlossen ist“, erklärt die Oberstudiendirektorin. Nun fällt diese Phase des Projekts wohl ins Frühjahr und in den Sommer und damit in die Prüfungszeit, was die Lärmbelastung für die Schüler wegen der noch häufiger geöffneten Fenster deutlich erhöht.

„Unsere Planungen waren sehr weit fortgeschritten“, betont Conrad: „Wir hatten uns schon viele Gedanken gemacht, wie wir den Sportunterricht in der Bauzeit organisieren können.“ Ein größerer Raum in der Schule soll zur Mini-Sporthalle für Fitness und Gymnastik umgewandelt werden, die Stadthalle unter Vollauslastung laufen. Pläne, die erst einmal in die Schublade wandern können, doch Conrad will sie bald wieder herausholen: „Wir hoffen, dass es zum Jahresanfang 2022 auch wirklich losgeht.“

Daran hat Claudia Krimmer noch so ihre Zweifel. „Ich habe großes Bauchweh, ob es überhaupt noch zum Bau der Halle kommt“, unkt sie. Ihr Pessimismus liegt wohl daran, dass die stellvertretende Vorsitzende der TSG Backnang 1846 in Sachen Karl-Euerle-Halle ein gebranntes Kind ist. Sie bekommt die beinahe unendliche Geschichte des Projekts von Anfang an mit und schüttelt nach rund 14 Jahren nur noch verständnislos den Kopf: „Ständig kommt etwas dazwischen, wenn man denkt, dass es jetzt so weit ist.“

Für Krimmer war es die erste große Enttäuschung, als die damals für einen Bruchteil der heute für den Neubau kalkulierten 15,7 Millionen Euro vorgesehene Sanierung und Erweiterung aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die lange Bank geschoben wurde. Es setzte sich mit den weiteren Verzögerungen fort und in ihrer Funktion als stellvertretende Leiterin der Turnabteilung kam dazu, dass die anfangs als vierter Hallenteil integrierte Bewegungslandschaft komplett durch das Raster fiel. Und nun also der nächste Nackenschlag, für den es in Krimmers Augen auch kein Trostpflaster gibt. „Die Info, dass wir die Halle bis zum Jahresende noch für das Training und die Wettkämpfe nutzen können, stimmt uns nicht gerade versöhnlich“, sagt die Funktionärin von Backnangs größtem Sportverein, der mit seinen vielen Abteilungen der klare Hauptnutzer dieses längst in die Jahre gekommenen Sporttempels auf der Maubacher Höhe ist. Im Vorfeld des alljährlichen Sportstammtisches, zu dem die Stadtverwaltung die Vereine am Montag, 26. Juli, eingeladen hat, sendet Claudia Krimmer eine eindeutige Botschaft in Richtung Rathaus: „Wir verlangen, dass alles getan wird, um das Projekt so schnell wie möglich an den Start zu bringen. Der Geduldsfaden ist sehr dünn mittlerweile und würde wohl reißen, wenn es auch zum Jahresbeginn 2022 nichts werden würde.“

Bei den Handballern des HC Oppenweiler/Backnang ist dieser Punkt jetzt schon erreicht – zumindest, was die Heimspiele des Drittliga-Teams angeht. Die werden in der kommenden Saison ausnahmslos in der Gemeindehalle in Oppenweiler ausgetragen, weil sie in der Karl-Euerle-Halle „zu absagegefährdet sind“, erläutert Alexander Hornauer, der sich beim HCOB mit Daniel Haußmann um die Terminplangestaltung sämtlicher Mannschaften kümmert: „Es hat sich ja schon gezeigt, dass es manchmal durch das Dach regnet.“ Das Risiko, dass Rivalen aus Konstanz oder Fürstenfeldbruck anreisen, um die weite Heimfahrt unverrichteter Dinge anzutreten, ist ihm einfach zu groß. Grundsätzlich stößt das Verständnis für die andauernden Verzögerungen bei den Handballern inzwischen an Grenzen: „Das ständige Hin und Her deckt sich nicht mit unseren Vorstellungen von Planungssicherheit, die wir für die Spielplanerstellung benötigen.“ Das heißt allerdings nicht, dass sich der HCOB für die nächsten Monate komplett aus Backnang verabschiedet. Immerhin rund zehn Partien an vier Terminen werden noch in der Karl-Euerle-Halle ausgetragen, bei den Duellen auf Bezirks- und Verbandsebene wäre im Fall der Fälle ein Nachholspiel unter der Woche eher vertretbar.

„Auch wenn es für jede einzelne Verzögerung wohl Gründe gab, ist die Gesamtverzögerung für den Backnanger Sport und alle Ehrenamtlichen, die hier etwas bewegen wollen, ausgesprochen unbefriedigend“, fasst Alexander Hornauer die vergangenen rund 14 Jahre aus seiner Funktionärssicht zusammen.

Archivfoto: E. Layher

© Edgar Layher

Archivfoto: E. Layher

„Ständig kommt etwas dazwischen, wenn man denkt, dass es jetzt so weit ist.“

Claudia Krimmer, stellvertretende Vorsitzende der TSG Backnang 1846

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Erstellt:
16. Juli 2021, 06:00 Uhr

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