Gründe für Beißattacke unklar
Fuchsangriff auf Camper: Womöglich wollte das Tier Nachwuchs verteidigen oder war krank

Gelegentlich beißen Füchse zu. Foto: pixelio
Von Andrea Wüstholz
WAIBLINGEN. Warum beißt ein Fuchs nächtens einen Camper in dessen Zelt? Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Vielleicht wollte der Fuchs sein Revier oder seinen Nachwuchs verteidigen. Oder er war krank. Ob das Tier Tollwut hatte, lässt sich nicht mit Sicherheit klären. Klar ist nur: Normalerweise geht ein Fuchs nicht auf einen Menschen los.
Der Vorfall hat sich in der Nacht zum 1. Mai ereignet. Ein 21-Jähriger schlief in einem Zelt auf einem Gartengrundstück im Gebiet Sörenberg bei Korb, nahe der B14. Ein Tier drang ins Zelt ein, attackierte den Mann und fügte ihm Bisswunden zu. Es war ein Fuchs – das gilt nun als erwiesen, wie das Umweltministerium diese Woche mitteilte. Experten hatten Spuren ausgewertet und eine genetische Untersuchung eingeleitet. Dem Ergebnis zufolge muss ein Fuchs den Mann angegriffen haben.
Laut Tobias Beigel von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg ist nicht untersucht worden, ob der Fuchs Tollwut hatte: „Unter Umständen ist das anhand des Materials gar nicht mehr möglich“, erläutert Beigel.
Tollwut könnte grundsätzlich das höchst ungewöhnliche Verhalten des Wildtieres erklären – aber das gilt als sehr unwahrscheinlich. „Tollwutfälle sind in Deutschland sehr selten“, informiert Susanne Glasmacher, Pressesprecherin am Robert-Koch-Institut. Seit dem Jahr 2001 seien dem Institut sechs Erkrankungen gemeldet worden. Bei allen diesen Fällen gab es direkt oder indirekt einen Zusammenhang mit Reisen.
Es kam zu einzelnen Todesfällen: 2004 starb ein 51-Jähriger, der sich wahrscheinlich in Indien angesteckt hatte, erklärt Susanne Glasmacher. Seit 2008 gilt Deutschland wie viele andere west- und mitteleuropäische Länder offiziell als tollwutfrei, heißt es in einer Information des Friedrich-Löffler-Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit.
Tollwut kann man dennoch „nicht ausschließen“, sagt Steven Seet vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Er nennt weitere mögliche Gründe für das „atypische Verhalten“ des Fuchses. Das Tier könnte sich bedroht gefühlt haben, weil der Camper vielleicht sein Zelt mitten in das Revier des Tieres platziert hatte. Denkbar wäre, dass der Fuchs genau dort einen Bau hatte, in dem seine Jungen lebten, und das Tier glaubte, sie verteidigen zu müssen. „In der Zeit der Jungenaufzucht sind weibliche Füchse teilweise recht aggressiv“, erläutert Tobias Beigel.
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg hat eigene Experten und zusätzlich externe Wildbiologen zurate gezogen, um Erklärungsansätze für diesen Vorfall zu finden. Der Fuchs könnte krank gewesen sein, heißt es im Resümee, oder er war „futterkonditioniert“. Hin und wieder füttern Menschen Füchse – wovon ganz dringend abzuraten ist – und daraufhin lernt der Fuchs: Aha! Ein Mensch! Lecker Fresserchen! Solche Erfahrungen in der Lebensgeschichte eines Fuchses prägen sich tief ein und können den natürlichen Reflex des Tieres, sich von Menschen fernzuhalten, unterdrücken, erläutert Steven Seet.
„Gelegentlich werden Beißvorfälle von Füchsen beobachtet“, ordnet Tobias Beigel den Vorfall bei Korb ein – und zwar auch dann könne das passieren, wenn das Tier auf eine schlafende Person trifft. Als „ungewöhnlich“ beschreibt es der Experte, dass das Tier in das Zelt eingedrungen und derart hartnäckig vorgegangen sei.
Die Fuchsattacke bei Korb ist zwar sehr ungewöhnlich – aber es gab schon ähnliche Fälle, bestätigt das Forstliche Versuchs- und Forschungsinstitut. Im September 2014 wurde ebenfalls eine Person in einem Zelt von einem Tier angegriffen. Dieser Vorfall ereignete sich in einem abgelegenen Tessiner Alpental. Auch damals tippten Experten auf einen Fuchs. Das Tier hatte mehrfach zugebissen und seine Aggressionen auch an Schlafmatten im Zelt ausgelassen.