Bundesregierung startet Gesetzesinitiative
Grünen begrüßen strengere Regeln für den Einsatz von V-Personen
Der Einsatz von V-Personen gilt als heikel. Dabei geht es etwa um die Frage, wie vertrauenswürdig ihre Informationen sind. Die Landtags-Grünen wollen mehr Transparenz und Kontrolle.
Von red/dpa/lsw
Braucht es in Zeiten, in denen die Anschlagsgefahr unverändert hoch ist, strengere Regeln für den Einsatz von Vertrauenspersonen der Polizei in kriminellen Milieus oder Extremisten-Kreisen? Dies jedenfalls mahnen die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg an.
Der Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) sei ein riskanter Drahtseilakt, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Oliver Hildenbrand. Er könne hochwirksam, aber auch hochgefährlich sein. „Wenn unsere Sicherheitsbehörden mit Kriminellen und Extremisten zusammenarbeiten müssen, weil sie auf deren Hinweise und Informationen angewiesen sind, braucht es dafür klare und nachvollziehbare Regeln.“ Die Grünen unterstützten, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative gestartet hat, um die rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Vertrauenspersonen zu konkretisieren.
Gesetzesentwurf: Mehr Kontrolle von Vertrauenspersonen
Das neue Gesetz soll die Anforderungen an den Einsatz von V-Personen regeln. „Für Einsätze von V-Personen wird ein Richtervorbehalt eingeführt, und die Einsätze werden einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt“, heißt es im Entwurf. Er sieht eine Höchstdauer von zehn Jahren für den Einsatz einer V-Person vor. Wenn die Ermittler eine gute Begründung liefern, kann von dieser Frist im Einzelfall abgewichen werden.
Nach dem neuen Gesetz sollen V-Personen nur bei bestimmten Straftaten zulässig sein wie etwa bei Drogenkriminalität, Waffenhandel und Staatsschutzdelikten. „Ihr Einsatz darf zudem nur dann erfolgen, wenn die Aufklärung durch andere Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend erfolgversprechend ist.“ Nicht angeworben werden darf unter anderem jemand, der minderjährig ist oder für den die Zuwendungen für die Arbeit als V-Person eine wirtschaftliche Lebensgrundlage wären.
V-Personen sind keine hauptberuflichen Ermittler. Sie werden zum Beispiel von der Polizei oder auch von dem Verfassungsschutz angeworben, um aus ihrer eigenen extremistischen oder kriminellen Gruppe Informationen zu liefern - meist gegen Bargeld. Im besten Fall ermöglichen sie den Sicherheitsbehörden Zugang zu Informationen aus streng abgeschotteten Gruppen, etwa bei organisierter Kriminalität. Von V-Personen zu unterscheiden sind verdeckte Ermittler. Das sind Polizisten, die mit einer Legende ausgestattet in einem bestimmten Milieu ermitteln.
Kritik von der Deutschen Polizeigewerkschaft
Auch die die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) lehnt das beabsichtigte Gesetz ab. „Es ist die Ampelregierung, die uns Gesetze beschert, die weder die Polizei noch die Opfer von Kriminalität brauchen. Wenn sich die Grünen in Baden-Württemberg hinter das Gesetz stellen, dann zeigt dies wie wenige dort die aktuelle Sicherheitslage mit organisierter Kriminalität, Drogen-Mafia und Bandenkriege mit Mord und Totschlag zur Kenntnis genommen wird“, sagte der DPolG-Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende Ralf Kusterer.
Mit der Gesetzesinitiative werde großer Schaden angerichtet. „Bald werden wir keine Vertrauenspersonen und V-Leute mehr gewinnen können, weil wir verdeckt arbeitende Personen der Gefahr einer Enttarnung aussetzen“, sagte Kusterer. Denn dann werde über die Gerichtsunterlagen die Gegenseite auch in die Lage versetzt, die Identität beispielsweise von V-Leuten zu erkennen. „V-Leute und Vertrauenspersonen fallen nicht einfach so vom Himmel. Und wenn Polizeibeamte verdeckt in einem Milieu arbeiten sollen, dann geht das nicht von heute auf morgen. Der Staat muss unbedingt alles tun, um diese Personen und deren Identität zu schützen.“
Aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage der Grünen geht hervor, dass der Einsatz von Vertrauenspersonen der Polizei im Polizeigesetz in seinen Grundzügen zwar beschrieben wird. Die Kriterien für die Auswahl und Überprüfung von Vertrauensperson stehen jedoch in einer Verwaltungsvorschrift, die unter Verschluss gehalten wird. „Die Stellungnahme des Innenministeriums zu unserem Antrag zeigt, wie es nicht sein kann und wie es nicht bleiben darf“, sagte Hildenbrand.
Strobl: Keine Zustimmung im Bundesrat für das Gesetz
Die Sicherheitsbehörden bräuchten nicht weniger, sondern mehr Unterstützung und Befugnisse in diesen Zeiten, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Was wir gar nicht brauchen, ist mehr Ampel-Bürokratie für Polizei und Verfassungsschutz – für diese Belastung unserer Sicherheitsbehörden gibt es auch im Bundesrat von uns keine Zustimmung.“
In Zeiten steigender Terrorgefahren und weltweiter Kriege dürfe man nicht zunehmend von ausländischen Diensten abhängig werden, um Anschlagsversuche zu verhindern. „Schlimm genug, dass die FDP die für mehr Sicherheit dringend notwendige Vorratsdatenspeicherung aus reiner Ideologie blockiert“, sagte Strobl.
Laut dem Innenministerium gab es im vergangenen Jahr sieben Einsätze von Vertrauenspersonen, keiner davon sei mit gerichtlicher Anordnung erfolgt. Im Jahr 2022 gab es danach elf Einsätze, davon keiner mit gerichtlicher Anordnung. Im Jahr 2021 habe es 18 Einsätze gegeben, davon seien zwei Einsätze mit gerichtlicher Anordnung erfolgt. In den Jahren 2019 (vier Einsätze) und 2020 (fünf Einsätze) habe es ebenfalls keine richterliche Anordnung gegeben.