Gudrun Wilhelm verliert das FDP-Parteibuch

Kreisvorstand schließt insgesamt sechs Mitglieder des Ortsverbands Backnang aus – Kandidatur auf konkurrierenden Listen

Gudrun Wilhelm

Gudrun Wilhelm

Von Armin Fechter

KIRCHBERG AN DER MURR/WAIBLINGEN. Gudrun Wilhelm ist die längste Zeit FDP-Mitglied gewesen. Gestern verkündete der Kreisvorsitzende Jochen Haußmann, dass für sie und fünf weitere Mitglieder des Ortsverbands Backnanger Bucht die Parteizugehörigkeit beendet sei. Begründung: Sie haben bei der zurückliegenden Kommunalwahl auf Listen kandidiert, die mit einem FDP-Wahlvorschlag konkurrierten. Der Kirchberger Gemeinde-, Kreis- und (Noch-)Regionalrätin Gudrun Wilhelm wird zudem vorgeworfen, dass sie zur Regionalwahl eine Liste neu gegründet hat: Freie Regionale.

Haußmann nach einer Sitzung des Kreisvorstands: „Damit ist ihre Mitgliedschaft bei der FDP automatisch beendet. Die Satzung der FDP ist dazu eindeutig und lässt keinen Spielraum. Der Kreisvorstand hat dies zur Kenntnis genommen und bedauert die Entwicklung, die aber allein durch das Handeln der früheren Mitglieder begründet ist.“

Vom Parteibann betroffen sind neben Wilhelm auch die Backnanger Charlotte Klinghoffer, Ulrich Jeggle und Sabine Krautter, die ebenfalls auf der Liste Freie Regionale kandidiert hatten. Hinzu kommen Dorothee Winter, die auf der Liste der Freien Wähler zur Regionalwahl angetreten war, und Axel Bauer, der bei duhastdiewahl.org für den Backnanger Gemeinderat kandidiert hatte.

Infolge der Parteiausschlüsse ist jetzt der FDP-Ortsverband Backnanger Bucht führungslos: Wilhelm war bisher Vorsitzende, zudem gehörten Klinghoffer und Krautter sowie Jeggle zur Führungsmannschaft. Wie es für den zuletzt 38 Mitglieder zählenden Ortsverband nun weitergehen soll, ist offen.

Folgen wird die Angelegenheit auch im Kreistag haben. Wilhelm, die auf der FDP/FW-Liste kandidiert und ein Mandat errungen hat, will auf jeden Fall den Wählerauftrag wahrnehmen. Aber sie stellt sich zugleich die Frage, wie nach den jüngsten Entwicklungen der Dialog in der FDP/FW-Fraktion aussehen soll. Über ihren weiteren Weg will sie sich deshalb über das lange Pfingstwochenende Gedanken machen. Aber sie kann sich, wie sie sagt, „eher nicht“ vorstellen, im Kreistag weiterhin dieser Fraktion anzugehören, das sei „de facto keine Option“. Jenseits von taktischen und parteipolitischen Überlegungen stellt sie die Frage in den Raum: „Wie ist das menschlich?“ Dabei hat sie insbesondere im Blick, dass mit Jochen Haußmann auch der Kreisvorsitzende wieder in der Fraktion sitzen wird. Der wiederum betont, dass nicht der FDP-Kreisvorstand entscheide, wer zur Fraktion gehören darf, sondern allein die Fraktion, losgelöst von der Partei – unter den Gewählten gebe es schließlich mehrere Parteilose. Haußmann erwartet: „Frau Wilhelm wird uns mitteilen, ob sie in der Fraktion bleiben möchte.“

Sollte Wilhelm der Fraktion, der sie seit vielen Jahren angehört hat, den Rücken kehren, ist noch völlig offen, wie sie sich weiter positioniert. Denkbar wäre, dass sie sich einer anderen Gruppierung anschließt, denkbar wäre aber auch, dass sie zusammen mit der ebenfalls in den Kreistag gewählten Charlotte Klinghoffer eine eigene Gruppe aufmacht.

Für Wilhelm liegt der „Knackpunkt“ des ganzen Schlamassels in der Aufstellung der Regionalwahlliste der FDP. Die Kirchbergerin wollte wieder auf dem ersten Listenplatz kandidieren, der ihr das Mandat erneut gesichert hätte. Doch bei der Nominierung unterlag sie dem Schorndorfer Hartfrid Wolff. Ihn hatte sie fünf Jahre davor noch knapp übertrumpft. Damit sei der Partei damals aber, so räsoniert Wilhelm heute, personalpolitisch ein „Ausrutscher“ passiert, der jetzt unbedingt korrigiert werden sollte. Das aber wollte sie nicht hinnehmen: „Das einfach zu schlucken ist unglaubwürdig.“ Sie sagte daher der Parteiräson den Kampf an und ging auf Konfrontationskurs, indem sie ihre eigene Liste zur Regionalwahl aufstellte.

Dass sie dafür nun vom Kreisvorstand die ultimative Quittung bekommen hat, „macht mich nicht sprachlos“. Ihr sei bewusst gewesen, dass Umtriebe gegen sie im Gange gewesen seien. Dem Kreisvorstand hält sie aber vor, bis nach der Wahl stillgehalten zu haben: „Das ist Wählertäuschung.“ Das unterstreicht Charlotte Klinghoffer: „Die hätten früher damit rausrücken können.“ Die Backnangerin ist aber überzeugt: „Ich kann meine Arbeit trotzdem machen, ich brauche nicht die FDP im Rücken.“ In ihrer ersten Reaktion sagt sie auch, der FDP/FW-Kreistagsfraktion wolle sie nicht angehören.

Charlotte Klinghoffer

Charlotte Klinghoffer

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Erstellt:
8. Juni 2019, 06:00 Uhr

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