Hitzige Debatten über Parkplatzsituation in Backnang
Zum wiederholten Mal hat die Initiative Klimaentscheid Backnang zu einer Diskussion ins Seniorenbüro der Stadt eingeladen. Das Thema am vergangenen Mittwochabend drehte sich um die Parkplatzsituation in Backnang. Das Thema wurde kontrovers diskutiert.

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Manche Teilnehmer der Diskussion fordern stärkere Parkplatzkontrollen und höhere Gebühren. Andere wünschen sich mehr kostenlose Parkmöglichkeiten in der Backnanger Innenstadt. Archivfoto: Alexander Becher
Von Carmen Warstat
BACKNANG. Ging es bei einem Bürgerdialog der Initiative Klimaentscheid Backnang vor fast exakt einem Jahr noch um die Senkung verkehrsbedingter Emissionen im Rems-Murr-Kreis, beschäftigte die Diskussionsteilnehmer am Mittwochabend die Parksituation in Backnang. „Was wollen wir, was brauchen wir?“ lautete die diesbezügliche Frage, über die teils hitzig debattiert werden sollte. Das Ziel der Veranstaltung: ein Gespür für die Komplexität des Themas bekommen und auch Verständnis für die Position der Gegenseite aufbringen.
Gekommen waren Vertreter des Innenstadthandels und Stadträte verschiedener Fraktionen, Seniorenvertreter und andere Bürger, einige von ihnen aus dem Umland. Abwechselnd nahmen sie in der als Fishbowl (Aquarium) bezeichneten sechsköpfigen Runde Platz, denn es handelte sich nicht um eine Podiumsdiskussion, sondern wieder um eine Debatte nach der Methode der Dynamic Facilitation (DF), was mit „dynamische Vermittlung/Ermöglichung“ übersetzt werden kann.
Teilnehmer waren nicht ganz zufrieden mit den Diskussionsregeln
Bertram Ribbeck moderierte die Diskussionsrunde, während Meike Ribbeck die Verlautbarungen der Teilnehmer geordnet nach Kategorien auf Flipcharts festhielt. Dynamic Facilitation möchte erreichen, dass die Diskussionsbeiträge nicht direkt gegeneinander gerichtet werden, sondern vielmehr „alles über den Moderator“ (sprich: Facilitator/Vermittler) geht. Da die Äußerungen dann noch in verkürzter beziehungsweise abstrahierter Form am Flipchart notiert werden müssen, vergeht bis zur Entgegnung viel Zeit. Es wird also Tempo aus der Auseinandersetzung genommen und damit wohl auch Hitze, so zumindest die Theorie.
Im Backnanger Seniorenbüro waren die Diskutanten am Mittwochabend offensichtlich nicht so ganz glücklich mit der Methode. Vielfach wurden die Grundregeln gebrochen und explizit hinterfragt. Bertram Ribbeck ließ sich davon kaum irritieren und erläuterte, dass es eben „nicht Schlag auf Schlag wie bei ‚Hart aber fair‘“ zugehen, sondern jeder Beitrag vollständig gehört werden solle. Dem widersprach dann wiederum die vorgesehene Zeitbegrenzung, an die sich allerdings ohnehin kaum einer der Teilnehmer hielt.
Eine Gegnerschaft kristallisierte sich heraus
Inhaltlich ging es zeitweise hoch her und zunehmend kristallisierte sich eine gewisse Gegnerschaft zwischen Autofahrern und Vertretern der anderen Verkehrsteilnehmer heraus. Dies geschah, obwohl wiederholt beteuert wurde, dass es das nicht sein könne.
Einer der Aktivisten vom Klimaentscheid Backnang brachte es letztlich auf den Punkt, indem er formulierte, dass jeder von uns Fußgänger ist: der Autofahrer, sobald er sein Fahrzeug verlässt, der Radfahrer, sobald er absteigt. Demzufolge müsse „eine neue Ära der Stadtplanung definiert werden“, folgerte der Diskutant und berief sich auf den Leipziger Oberbürgermeister. Bis hin zum Ansinnen der Umwandlung Backnangs in eine „Wohnstadt“ quasi ohne Handel reichten die Statements einer Bürgerin, die mit der Nachfrage quittiert wurden, ob es sich dabei wohl um Satire handele. Die Antwort: „Nein. Keine Satire!“
Viele Radfahrer seien zu rücksichtslos, meint ein Teilnehmer der Diskussion
Mehrfach wurde die konsequente Kontrolle der Einhaltung von Parkvorschriften eingefordert und die Exekutive herbeigerufen, neue Regeln seien kaum erforderlich. Auch weitere Teilnehmer bezeichneten regelmäßige Erhöhungen von Parkgebühren als sinnvoll, worauf andere die Rücksichtslosigkeit vieler Radfahrer monierten.
Das Stadtplanungsamt wurde als „fahrradaffin“ bezeichnet – dabei blieb es etwas unklar, ob es sich dabei um eine Kritik oder ein Lob handelte. Der Hinweis auf Carsharing als Alternative zum eigenen Fahrzeug ging in der Diskussion fast unter, hingegen herrschte Konsens hinsichtlich der Forderung nach kostenfreien Parkmöglichkeiten für „Menschen, die nicht gut zu Fuß sind“ – auch in der Innenstadt.
Nach „drei Minuten Stillarbeit“ schlug Bertram Ribbeck seiner Frau am Flipchart vor, „hier mal eine Wellenlinie“ zu machen, und es folgte der Austausch darüber, was die Teilnehmer als „Quintessenz“ des Abends mitnehmen würden. Wieder und wieder entzündete sich die Diskussion, bevor der Facilitator als Hauptpunkte die Stichworte Gerechtigkeit, Bedürfnisse und konstruktives Miteinander vorschlug. Die größte Herausforderung jedoch bestünde darin, jene zu erreichen, die sich nicht für Klimapolitik interessieren.