Hochwasserschutz: Baustart am Rückhaltebecken Oppenweiler

Von Montag an wird der neue Rad- und Wirtschaftsweg innerhalb des Rückhaltebeckens Oppenweiler von der Murr an die Bahn verlegt. Die Hochwasserschutzprojekte im Murrtal zwischen Murrhardt und Backnang nehmen weitere Hürden.

Die vier Bauabschnitte des Rückhaltebeckens Oppenweiler werden zum Teil parallel gebaut. Es soll 2026 fertig sein.Foto: Werner Kuhnle/BKZ

Die vier Bauabschnitte des Rückhaltebeckens Oppenweiler werden zum Teil parallel gebaut. Es soll 2026 fertig sein.Foto: Werner Kuhnle/BKZ

Von Matthias Nothstein

Backnang/Oppenweiler. Der Hochwasserschutz im Murrtal steht vor einem weiteren Meilenstein: Am Montag beginnen die Arbeiten am Rückhaltebecken Oppenweiler. Wenn alles klappt, kann das Becken Ende 2026 in Betrieb gehen. Dadurch würde die Gefahr eines erneuten Hochwassers wie etwa 2011 erheblich gemindert, schließlich hat das Becken ein Rückhaltevolumen von 850000 Kubikmetern und ist damit das mit Abstand größte der insgesamt sieben Becken, die im hinteren Murrtal gebaut werden sollen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass noch keines dieser Becken gebaut ist. Trotzdem sagt Bernhard Bühler, der Vorsteher des Wasserverbands Murrtal: „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“ Damit deutet er an, dass auch an den anderen Projekten mit Hochdruck gearbeitet wird. Zumindest an einigen, denn es wäre unrealistisch, alle sieben Großbaustellen parallel voranzutreiben, weil dadurch sowohl die planerischen Kapazitäten in den Ämtern überfordert wären als auch die Firmen, die die Arbeiten letztendlich ausführen müssen.

Oppenweiler Beim Rückhaltebecken Oppenweiler hat zuletzt die Zeit gedrängt, der Baustart, der jetzt erfolgt, fällt in die Kategorie „auf den letzten Drücker“. Wäre die Maßnahme nicht vor Oktober begonnen worden, so wäre der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2017 verfallen (wir berichten). Nachdem aber in den vergangenen Monaten auch die letzten Verträge mit den betroffenen Grundstückseigentümern unterschrieben wurden, erteilte das Landratsamt bereits im April die notwendige Baufreigabe. In dem Schreiben der Behörde wurden die notwendigen Änderungen gegenüber der Planfeststellung anerkannt und zur Ausführung freigegeben.

Nun ist es also soweit. Am kommenden Montag geht es ganz konkret los mit den Arbeiten. Im ersten Bauabschnitt wird der Rad- und Wirtschaftsweg von der Murr zur Bahnlinie hin verlegt. Mit den Arbeiten beauftragt wurde die Firma Rossaro, die Kosten allein nur für diesen Abschnitt betragen ungefähr eine Million Euro. Oppenweilers Bürgermeister Bühler verweist jedoch darauf, dass mit den Arbeiten für das Becken eigentlich an anderer Stelle schon längst begonnen wurde. Denn seiner Ansicht nach gehören in das Gesamtpaket auch die bereits erledigten CEF-Maßnahmen, zu deutsch die Ausgleichsmaßnahmen für die Erhaltung der dauerhaften ökologischen Funktion. So wurden im Rahmen des Artenschutzes neue Bereiche für die Haselmaus und eine Krötenart ausgewiesen. Doch nach Ansicht Bühlers hätte auch die Verlegung des Landespegels in den Bereich unterhalb der Brücke an der Fabrikstraße ausgereicht, um als offizieller Baubeginn zu gelten. Der Pegel musste verlegt werden, weil sein bisheriger Standort nach den Änderungen am Wehr keinen Sinn mehr gemacht hätte.

Die Verlegung des Rad- und Wirtschaftsweges soll bis November diesen Jahres erledigt sein. Für die weiteren Abschnitte werden laut Bühler derzeit die Ausschreibungen vorbereitet. Der Plan sieht vor, dass der zweite Abschnitt, das ist der Bau des sogenannten Durchlassbauwerks, zwischen November diesen Jahres und November 2025 gebaut werden soll. Phasenweise parallel dazu wird von Mai 2023 bis Ende 2024 der dritte Bauabschnitt angepackt, nämlich das sogenannte Schlauchwehr. Zu guter Letzt kommt der vierte Bauabschnitt, nämlich der eigentliche Damm. Er wird zwischen Juli nächsten Jahres bis November 2026 aufgebaut. Dann ist das Becken fertig.

Im Jahr 2017 wurden die Gesamtkosten für das Becken auf 18,7 Millionen Euro beziffert. Nach der aktuellen Kostenfortschreibung des Büros Winkler und Partner (IWP) belaufen sich die Kosten inzwischen auf 20,7 Millionen Euro. Trotz dieser Steigerung um zwei Millionen Euro spricht Bühler angesichts des Zeitraums von fünf Jahren von einer „moderaten Kostensteigerung“. Allerdings gibt der Verbandsvorsteher auch zu bedenken: „Wie sich die Baukosten aufgrund der aktuellen Situation weiter entwickeln bleibt abzuwarten.“

Backnang Seehau Unmittelbar vor den Toren der Kernstadt wird nördlich der Einmündung der Sulzbacher Straße auf die B14 das Rückhaltebecken Seehau gebaut. Das Planfeststellungsverfahren soll im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen sein, der Baubeginn ist für 2024 eingeplant.

Backnang Brunnenwiesen Mit diesem Becken soll Strümpfelbach vor Fluten geschützt werden. Das Planfeststellungsverfahren sollte laut Backnangs Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner in Kürze abgeschlossen sein, zumal es keine größeren Einwendungen gegeben hat. Der Bescheid zur Genehmigung der Planfeststellung wurde der Stadt für Ende des Jahres zugesagt.

Murrhardt Gaab Vorwärts geht es auch beim Becken Gaab, am Zusammenfluss des Otterbachs in die junge Murr östlich von Murrhardt. Auch hier ist das Planfeststellungsverfahren bereits eingeleitet. Bürgermeister Armin Mößner freut sich, dass es recht wenig Einwendungen gibt. Dies sei das Ergebnis der umfangreichen Beteiligungsrunden der vergangenen Jahre. Erfreulich sei auch, dass das Regierungspräsidium Zustimmung zu Befreiungen auf dem Gebiet des Naturschutzes signalisiert hat.

Zudem ist die Flurbereinigung für das Gebiet eingeleitet. Auch hat die Stadt Murrhardt zahlreiche Grundstücke erworben. Aktuell wird mit der Flurneuordnungsbehörde besprochen, welche Flächen der Wasserverband benötigt. Die benötigten Flächen sind im Eigentum der Stadt, „das war mein persönliches Bestreben der vergangenen Jahre“, so Mößner. Das Fazit des Bürgermeisters: „Die Flurbereinigung ist gut auf der Schiene. Wir hoffen, dass wir Anfang 2023 die Planfeststellung haben und 2024 mit dem Bau beginnen können.“

Murrhardt Mahd Direkt vor Fornsbach soll das Becken Mahd entstehen und im Hochwasserfall den Fornsbach zähmen. Zwar läuft auch hier der Grunderwerb, aber Bürgermeister Mößner schreibt: „Wegen der Schutzwirkung und der Vorhabensteuerung wurde das größere und wirksamere Rückhaltebecken Gaab vorgezogen.“

Sulzbach Fischbachtal Einige Arbeiten im Zusammenhang mit dem Becken Fischbachtal sind bereits erledigt. So wurden innerorts die Dole des Fischbachs und die Mündung in die Murr ertüchtigt. Zum eigentlichen Becken sagt Bürgermeister Dieter Zahn, dass die technischen Unterlagen des Planungsbüros IWP bereits vor geraumer Zeit beim Landratsamt zur Vorprüfung eingereicht worden sind. Als Baubeginn nennt er den Zeitraum zwei bis vier Jahre.

Sulzbach Haselbachtal Das Becken Haselbachtal nördlich von Bartenbach liegt noch in weiter Ferne. Die Gemeinde hat eine Diplomarbeit als Vorplanung vorliegen. Ansonsten sagt Bürgermeister Dieter Zahn: „Es gibt erste konkrete Überlegungen.“

Innerörtlicher Hochwasserschutz In allen Kommunen entlang der Murr wurde in den vergangenen Jahren viel in Mauern, Dämme und Pumpwerke investiert. In Backnang ist das Pumpwerk Kaltes Wasser betriebsbereit. Bei den fertig gebauten Pumpwerken in der Talstraße und in der Oberen Walke fehlt noch die Pumpen- und Steuerungstechnik.

Der nächste große Baustein im Hochwasserschutz ist das IBA-Quartier. Wegen der Neukonzeption des Hochwasserschutzes an dieser Stelle laufen laut Baudezernent Stefan Setzer intensive Besprechungen mit dem Landratsamt und Regierungspräsidium. Zudem werden mit den Grundstückseigentümern aktuell Lösungen entwickelt. Und parallel dazu erarbeiten die Mitarbeiter der Stadt den städtebaulichen Entwurf für den Freiraumplan. Setzer: „Wir wollen in diesem Areal gemeinsam mit dem Regierungspräsidium ein Modellprojekt für ökologischen Hochwasserschutz umsetzen.“

Während bis zur Fertigstellung des Hochwasserschutzes auf dem IBA-Gelände noch Jahre vergehen werden, soll die letzte Lücke der innerörtlichen Maßnahmen flussaufwärts recht bald geschlossen werden. Es handelt sich um einen Abschnitt rechts der Murr entlang der Gartenstraße. Die Stadt hat das Grundstück, das kurz vor der Abzweigung zum Freibad liegt und das derzeit als Parkplatz genutzt wird, vom Discounter Aldi gekauft. Die Bäume, die zwischen der Gartenstraße und dem Parkplatz stehen, bleiben erhalten. Zwischen diesen Bäumen und der Murr entsteht eine kleine Wallanlage samt Mauern und Schotts, die im Hochwasserfall geschlossen werden können. Die Stellplätze fallen weg. So kann die Stadt die Murrpromenade der Oberen Walke als Fuß- und Radweg weiterführen.

Der Wasserverband (rote Linie) möchte im Einzugsbereich der Murr (schwarze Linie) mit sieben Rückhaltebecken die Murr bändigen.Karte: IWP

Der Wasserverband (rote Linie) möchte im Einzugsbereich der Murr (schwarze Linie) mit sieben Rückhaltebecken die Murr bändigen.Karte: IWP

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Erstellt:
26. August 2022, 06:00 Uhr

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