Holz: eine unbequeme Art des Heizens

Energiewende vor der Haustür (9) Jörg Bayer befüllt seine moderne Stückholzheizung im Winter täglich mit selbst gesägten und gespaltenen Scheiten. Bei Familie Kugler dagegen wandert Holz aus dem eigenen Wald in die Hackschnitzelanlage und sorgt für Wärme in vier Gebäuden.

Mit dem Frontlader fährt Tim Kugler (links) Hackschnitzel vom Lager zur Einfüllöffnung des Hackschnitzelbunkers. Rolf Kugler (rechts) ließ die Anlage vor 17 Jahren installieren. Foto: Alexander Becher

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Mit dem Frontlader fährt Tim Kugler (links) Hackschnitzel vom Lager zur Einfüllöffnung des Hackschnitzelbunkers. Rolf Kugler (rechts) ließ die Anlage vor 17 Jahren installieren. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg/Leutenbach. Feuer ist die älteste Methode des Menschen, Wärme zu erzeugen. Seit jeher verbrennt er Holz, um von der freigesetzten Energie zu profitieren. Ans Lagerfeuer von Steinzeitmenschen erinnern moderne Holzheizungen freilich nicht mehr. Im Heizungskeller von Jörg Bayers Haus in Leutenbach steht so eine moderne Anlage, die Scheitholz verbrennt. Sie sorgt dafür, dass zwei Wohnungen, insgesamt 240 Quadratmeter beheizte Fläche, wohltemperiert werden. Von alleine beziehungsweise vollautomatisch tut sie das nicht, vielmehr ist Jörg Bayer voll involviert. Daher sagt er: „Man muss Lust auf eine Stückholzheizung haben.“

Das Haus wurde immer schon mit Holz beheizt. „Meine Großeltern haben das schon so gemacht.“ So war Bayer als Jugendlicher schon immer mit im Wald, um für Brennholznachschub zu sorgen. „Das ist Teil der Familienbiografie.“ Er wusste, worauf er sich einlässt, als er die 20 Jahre alte Vorgängerheizung, eine Öl-Holz-Kombination, vor knapp zwei Jahren durch eine moderne Scheitholzheizung ersetzen ließ. Am schulterhohen Kessel lehnend sagt er: „Das ist ein Raumschiff im Vergleich zum Vorgänger.“ Er verfeuere 30 Prozent weniger Holz als früher. Dank der Digitalisierung könne er den Betrieb der Heizung über eine App überwachen. Wurde die Brennkammer vorher mit Holz bestückt, lasse sich das Feuer mittels Heißluft sogar von unterwegs entfachen. Ein elektronischer Partikelfilter scheide die Feinstäube ab, sodass „nicht mehr so wie früher der Schmutz durch den Kamin herauskommt“. Sprich: Die Bundesimmissionsschutzverordnung wird eingehalten. Neben dem Kessel steht ein fast raumhoher Pufferspeicher mit einem Fassungsvermögen von 2000 Litern. „Das braucht man bei einer Stückholzheizung“, erklärt Bayer, „weil man davon die nächsten Tage oder Stunden zehrt.“ In den Pufferspeicher ist vorsorglich ein Heizstab eingebaut, der sich mit einer Fotovoltaikanlage verbinden ließe – zur Unterstützung der Heizung im Winter, zum alleinigen Erhitzen des Pufferspeichers im Sommer.

Bayer ist voll zufrieden mit seiner Scheitholzheizung. „Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass es eine gute Investition war. Ich habe den richtigen Zeitpunkt erwischt, es gab noch ordentlich Förderung, das war super.“ Seine Hauptmotivation, auf eine Holzheizung zu setzen, war, möglichst günstig zu heizen. „Bislang war ich der Meinung, dass es auch ein Stück weit nachhaltig ist. Ich hatte immer ein gutes grünes Gewissen, das ist der Nebeneffekt.“

Familie Kugler verarbeitet Holz aus eigenem Wald zu Hackschnitzeln

Für Familie Kugler war der Umweltgedanke bereits vor 30 Jahren im Fokus, als sie in Spiegelberg-Vorderbüchelberg ein Haus baute, das Dach damals schon mit Solarzellen ausstattete und vorsorglich bereits ein Leerrohr in Richtung der Schreinerwerkstatt legte, die neben dem Wohnhaus steht. In Sachen Brennstoff für die Zukunft stand fest: „Öl wird es nicht sein“, sagt Rolf Kugler. Um unabhängiger vom Ölpreis zu sein, ließen die Kuglers vor 17 Jahren im Untergeschoss der Werkstatt eine Hackschnitzelanlage einbauen, die Wärme für zwei Wohnhäuser, die Werkstatt und eine große Garage liefert. Angedacht ist, ein weiteres Wohnhaus anzuschließen. Ins Hackschnitzellager passen gut 50 Kubikmeter gehäckselte Stämme und Äste, die bei der Waldpflege im Kugler’schen Wald anfallen. Die Familie besitzt außerdem ein Feld mit Elefantengras (Miscanthus). Dieses Chinaschilf kann ebenfalls für den Einsatz in der Hackschnitzelanlage gehäckselt werden. Rückewagen, Schlepper, Hänger, Frontlader und mehr: All dieses Gerät halten die Kuglers vor, um Holz, Holzreste und Elefantengras so zu bearbeiten und zu transportieren, dass am Schluss die Hackschnitzel in den Hackschnitzelbunker wandern und von dort automatisch per Förderschnecke zum Brenner gelangen können.

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„Aber wir brauchen Lagerkapazität“, sagt Carola Kugler. Und die hat ihre Grenze erreicht beziehungsweise überschritten. Gerät steht im Freien, weil es an Platz im Schuppen mangelt. Auch Hackschnitzel haben Kuglers schon abgedeckt und im Freien gelagert, was der Qualität der Hackschnitzel allerdings schadete. Kuglers würden gerne ihre Lagerfläche erweitern. Das scheitert laut Carola Kugler am Landwirtschaftsamt in Backnang, das das Vorhaben blockiert. Mit dem Betrieb ihrer Heizung sind die Kuglers zufrieden. Bei eventuellen Störungsmeldungen ist Carola Kugler zuständig, weil sie damals die Einweisung in die Anlage erhielt, nachdem ihr im Stau stehender Mann nicht dabei sein konnte. Tim, einer von drei Söhnen, füllt den Hackschnitzelbunker, leert den Aschekasten und kann als gelernter Landmaschinenmechaniker manche Reparatur selbst tätigen. Bei der Arbeit im Wald sind alle beteiligt, insbesondere wenn einmal pro Jahr ein gemieteter Holzhäcksler zur großen Häckselaktion anrückt.

Das gespaltene Holz fährt Jörg Bayer auf einem Anhänger in die Garage

Jörg Bayers Familie besitzt keinen eigenen Wald. Aber am außerhalb gelegenen Hof in Leutenbach gibt es genug Platz, um den Brennstoff zu lagern. „Man braucht auf jeden Fall viel Platz. Deshalb ist eine Scheitholzheizung für Otto Normalverbraucher in einem Neubaugebiet nicht attraktiv.“ Früher, so erinnert sich Bayer, habe man dem Förster für ein Flächenlos 20 D-Mark gegeben und das Holz selbst aus dem Wald geholt. Er erzählt von einem Winter während seiner Jugend, als er gemeinsam mit seinem Vater innerhalb von zwei Wochen 40 Raummeter Brennholz machte und sich vor Muskelkater nicht rühren konnte. „Holz machen ist ein supergroßer Aufwand und kann schon unangenehm sein.“

Heute ist das Holz zwar „megateuer“, aber „der Pelletspreis schwankt noch extremer“. Über Beziehungen kommt er an bezahlbare Bezugsquellen. Oder er geht zu Versteigerungen und holt das bereitgestellte Holz an Randlagen ab. Als Meterholz lagert Bayer es. In die Heizung kommen gespaltene Stücke von einem halben Meter Länge. Bayer könnte sich die Baumstämme per Langholztransporter bis auf seinen Hof liefern oder, noch bequemer, bereits fertig gespaltenes Holz bringen lassen. „Aber das würde mir die Bilanz verhageln.“ Das Holz im rechten Maß transportiert Bayer vom Holzlager auf einem Anhänger in die Garage im Untergeschoss des Hauses. Von dort sind es zum Heizungsbrenner bloß ein paar Meter durch den Kellerflur. Weil er seine Anlage kennt, nimmt das Befüllen der Brennkammer nur ungefähr zehn Minuten in Anspruch, schätzt Bayer. Im Winter, bei minus fünf Grad und kälter, bestückt Bayer die Heizung täglich, im Sommer nur alle fünf bis sechs Tage. „Wenn ich länger weg möchte, brauche ich eine Vertretung.“

Seine Heizung hat sich Bayer von der Backnanger Firma Moser planen und installieren lassen. Geschäftsführerin Julia Moser beziffert den Anteil von Stückholzheizungen an allen von ihrem Unternehmen installierten Heizungsanlagen auf zirka 15 Prozent. Die Nachfrage nach Scheitholzanlagen im Sanierungsbereich sei konstant und unterliege keinen großen Schwankungen. „Wir rechnen aber mit einer etwas steigenden Nachfrage, da die alten Scheitholzanlagen nicht mehr den Vorgaben entsprechen. Dies bedeutet, dass ältere Scheitholzkessel nun durch moderne, effiziente Anlagen ersetzt werden. Die modernen Scheitholzanlagen werden noch immer über die Bundesförderung für effiziente Gebäude, kurz BEG, sehr gut gefördert.“

Moderne Holzenergie

Umweltverträglichkeit Der Idee einer klimaneutralen Energie, die aus Holz gewonnen wird, liegt laut Bundesumweltministerium der Gedanke einer nachhaltigen Waldnutzung zugrunde: Die Vorstellung ist, dass die CO2-Emissionen aus der Verbrennung durch die jährlichen Einbindungen von Kohlenstoff in Waldholz insgesamt ausgeglichen werden. Umweltverträglicher als das Holz zu verbrennen ist die Nutzung in langlebigen Holzprodukten. So bleibt der zunächst im Baum gespeicherte Kohlenstoff beispielsweise auch in einem Möbelstück lange gespeichert. Das Ministerium bewertet nur anfallende Alt- und Resthölzer, sofern für diese keine weitere stoffliche Verwendung besteht, sowie Sägespäne, die bei der Verarbeitung von Holz für die stoffliche Nutzung anfallen und zu Holzpellets verarbeitet werden, anders.

Energieholz Nach Angaben des Deutschen Pelletinstituts unterstützt moderne Holzenergie mittels kurzer, regionaler Lieferketten eine autarke Energieversorgung Deutschlands. Hackschnitzel stehen als Restholz aus der Holzernte, aus der Waldpflege sowie aus Schadholz zur Verfügung. Die Menge an Pellets, die pro Jahr aus heimischen Sägenebenprodukten und Reststoffen bereitgestellt werden kann, beziffert das Institut auf fünf Millionen Tonnen. 17 Millionen Tonnen aus nicht sägefähigem Holz kommen hinzu. Der Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Holzenergie muss Hand in Hand gehen mit dem Austausch veralteter Holzöfen mit geringem Wirkungsgrad.

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Erstellt:
20. Mai 2024, 10:00 Uhr

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