Im Frühjahr Bärenkräfte sammeln
Die Heil- und Gewürzpflanze Bärlauch hilft bei Verdauungsstörungen und wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Die Natur deckt den Tisch aber auch mit Brennnesseln und Giersch. Der Vorteil der Wildpflanzen: Sie wachsen saisonal und regional.

Drei auf einen Streich: Bärlauch, Giersch und Brennnessel. Die glatten Blätter des Bärlauchs können leicht verwechselt werden, etwa mit Maiglöckchen oder dem Aronstab. Problemloser ist die Suche nach Giersch mit den gezackten Rändern. Und Brennnesseln kennt jedes Kind. Fotos: R. Florl
Von Renate Florl
BACKNANG. Wer weiß, wie der Bärlauch zu seinem Namen kam? Dazu gibt es eine nette Geschichte: Bekanntlich halten Bären einen langen Winterschlaf. Wenn es Frühjahr wird, wachen sie auf, kommen hungrig aus ihrer Höhle heraus und suchen im Wald nach Nahrung. Mit großem Appetit machen sie sich über die Pflanzen her, mit denen der Boden bedeckt ist: mit Bärlauch (Allium ursinum). Mit dieser Geschichte lässt sich garantiert auch der Nachwuchs dazu begeistern, in den Wald zu gehen und diese Pflanze zu suchen und zu sammeln.
Doch nicht nur den Bären tat diese alte Heil- und Gewürzpflanze gut. Auf Hildegard von Bingen – und damit auf das 12. Jahrhundert – geht die Verwendung von Bärlauch bei Verdauungsstörungen sowie als probates Mittel zur Blutreinigung zurück. Seine Inhaltsstoffe wirken antibakteriell, entzündungshemmend, cholesterinsenkend, bei Bluthochdruck und Kreislaufbeschwerden, bei Arterienverkalkung sowie bei Beschwerden des Magen-Darm-Trakts. Also wirklich ideal im Frühjahr.
Diese Pflanze mit ihren lanzettförmigen Blättern liebt feuchte halbschattige Wälder und Auwälder, wobei sie ganze Bodenflächen bedecken kann. Man findet sie in reichlichem Maße rund um Backnang, besonders in feuchten Auentälern.
Meist riecht man den markanten Knoblauchduft schon von Weitem.
Woran erkennt man sie? Meist riecht man den markanten Knoblauchduft schon von Weitem. Die länglichen Blätter haben einen dünnen Stiel und gut sichtbare Blattnerven, die parallel zur Blattspitze hin verlaufen. Die Blattunterseite ist matt. Zunächst hat der Bärlauch nur Blätter, dann entwickeln sich Blütenknospen, die später weiß blühen. Achtung: Im jungen Stadium besteht Verwechslungsgefahr mit dem giftigen Aronstab, der ebenfalls in diesem Lebensraum zu finden ist, jedoch glänzende und pfeilförmige Blätter hat. Auch wird vor der Verwechslung mit der Herbstzeitlose und dem ebenfalls giftigen Maiglöckchen gewarnt.
Vom knoblauchähnlichen Bärlauch kann man alles essen: die Blätter, die Knospen und die Blüten. Die Verwendungsmöglichkeiten dafür sind fast unbegrenzt: ob klein geschnitten in den Salat, aufs Brot, zu Quark oder mit Frischkäse, als Süppchen, als Pesto oder als Zugabe zu Gemüsegerichten oder Knödeln, zu Kartoffeln, zu einem Omelett, als (zusätzliche) Füllung in Maultaschen – kein Wunder, wird der Bärlauch in der kurzen Zeit, in der es ihn gibt, von vielen heiß geliebt. Auch in die preisgekrönte Gourmetküche hat er Eingang gefunden. Petra Klinger, Naturparkführerin für den Schwäbisch-Fränkischen Wald, schwärmt in den höchsten Tönen von der Pflanze: „Ich liebe den Bärlauch, jedes Jahr aufs Neue.“

Mit Kindern in die Natur gehen: Nie war es angesagter als jetzt in den Zeiten der Pandemie.
Was ist der Vorteil von selbst gesammelten Wildpflanzen? Dazu nur einige Stichworte: Sie sind saisonal und regional. Man muss sie nicht düngen, sie haben auch keine langen Transportwege. Sie werden frisch geerntet und gleich verarbeitet. Und sie sind kostenlos für jeden verfügbar. Daher sollen noch zwei weitere überaus wichtige Frühlings-Fitmacher-Wildpflanzen erwähnt werden: die Brennnessel und der Giersch. Die Brennnessel kennt sicher jeder. Sie ist ganzjährig zu finden und ist ein wahrer Tausendsassa mit ihren vielen wertvollen Inhaltsstoffen wie beispielsweise Eisen, Mangan, Magnesium, Kalium, Kalzium, Vitaminen, Kieselsäure und Flavonoiden. Ein Beispiel für die Zubereitung von gebratenen Brennnesselblättern: Nur ein wenig Fett in die Pfanne geben und die einzelnen Blätter dazu – diese Chips sind ausgesprochen lecker.
Der Giersch ist die dritte Pflanze im Bunde. Bei dieser Gewürzpflanze, die von Gartenbesitzern oft auch als Unkraut bezeichnet wird und im Übrigen gerne auch flächenweise wächst und beim Bärlauch mit zu finden ist, hat alles tatsächlich mit der „Drei“ zu tun: der Stängel ist dreikantig, die Blätter sind ebenfalls dreizählig. Giersch enthält viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente und lässt sich ebenso vielseitig verwenden.
Bärlauch, Brennnesseln und Giersch lassen sich auch sehr gut miteinander kombinieren. Im Folgenden weitere Rezepte, die schnell gehen und unkompliziert sind. So lässt sich zum Beispiel ein Gewürzsalz recht einfach herstellen. Dazu bedarf es zwei Drittel der Menge Salz, ein Drittel frische Kräuter: Die Pflanzen werden mit einem Teil des Salzes in der Küchenmaschine zerkleinert und dann mit dem restlichen Salz vermengt. Anschließend werden sie in einer dünnen Schicht ausgebreitet und trocknen gelassen – im Backofen auf niedriger Stufe oder an der Luft.
Ein weiteres Rezept sind süßsauer eingelegte Bärlauchknospen. Die Knospen werden in einer Mischung aus Essig und viermal mehr Wasser mit etwas Salz und Zucker (oder Agavendicksaft) wenige Minuten kochen gelassen. Heiß in ausgespülte Gläser füllen. Ein letzter Tipp: Zum Garnieren eignen sich hervorragend die essbaren Gänseblümchen.
Wer nun Lust bekommen hat, bei einem Spaziergang einige Kräuterschätze zu sammeln, möge bitte ein paar einfache und doch wichtige Regeln beherzigen:
Nur das sammeln, was man sicher (er)kennt. Tipp: Neben Büchern gibt es hervorragende Apps, die das Bestimmen der jeweiligen Pflanze erleichtern.
Von einer Pflanze jeweils nur maximal ein Drittel mitnehmen, damit sie weiter wachsen und gedeihen kann.
Keine Wurzeln ausreißen.
So wenig wie möglich andere Pflanzen schädigen oder platt treten.
Das Sammelgut fühlt sich in Papiertüten oder in einem Korb am wohlsten. Bei Brennnesseln können Handschuhe und eine Schere hilfreich sein.
Lieber wenig mitnehmen und dafür regelmäßig sammeln.