Im Wandel
Das Unterhaltsrecht ist so veraltet wie die Vokabel „alleinerziehend“
Familie - Das Unterhaltsrecht ist so veraltet wie die Vokabel „alleinerziehend“. Eine Änderung ist nötig.
Berlin Viele Frauen werden aufschreien, wenn sie den jüngsten Vorstoß der Bundesfamilienministerin hören: Ausgerechnet die Väter will Franziska Giffey in den Blick nehmen und deren Situation verbessern. Obwohl Mütter nach einer Trennung oft am stärksten vom Armutsrisiko betroffen sind – auch weil viel zu viele Väter den gesetzlich vorgeschriebenen Unterhalt nicht bezahlen und der Staat diesen nicht eintreibt.
Trotzdem hat die SPD-Politikerin mit ihrem Befund recht – denn sie reagiert auf den nicht zu leugnenden gesellschaftlichen Wandel. Das Unterhaltsrecht spiegelt schon längst nicht mehr die Lebenswirklichkeit vieler getrennter Eltern und vor allem vieler Kinder wider. Es ist so veraltet, wie die Vokabeln „alleinerziehend“ und „Residenzmodell“ unzutreffend sind.
Viele Männer wollen nach einer Trennung nicht nur „Wochenendpapa“ sein. Sie zahlen Unterhalt, arbeiten voll, haben Singlewohnungen mit Kinderzimmern und sind in Geld- und Zeitnot. Letzteres teilen sie mit den Müttern, die oft Teilzeit arbeiten, mit Konsequenzen für Karriere und Rente. Alle befinden sich in einer Drucksituation. Dazu kommen neue Partner, Patchworkkonstellationen, Dauerprovisorien, und all diese Lebensumstände, die beileibe nicht die Ausnahme darstellen, finden keinerlei Niederschlag im Recht – wer individuelle Regelungen aushandeln kann, die allen dienen, der hat Glück.
Aber von Glück allein darf das Wohlergehen von Kindern und Eltern nicht abhängen. Der Staat muss der Lebenswirklichkeit vieler Familien endlich mit zeitgemäßen Gesetzen Rechnung tragen. Nicht nur im Unterhalts-, sondern auch im Steuer- und Arbeitsrecht.
katja.bauer@stzn.de