In 18 Tagen bis ans Ende der Welt

Matthias Weber aus Oberrot radelt zusammen mit seinem Bruder Oliver Weber von Turin bis ans Nordkap. Im Schnitt legen sie etwa 230 Kilometer am Tag zurück. Lappland gefällt ihnen besonders.

Mit Muskelkraft durch ganz Europa: Matthias Weber (links) und sein Bruder Oliver radeln 4300 Kilometer bis zum Nordkap, wo das Bild entstand – zusammen mit 280 anderen Athleten. Foto: privat

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Mit Muskelkraft durch ganz Europa: Matthias Weber (links) und sein Bruder Oliver radeln 4300 Kilometer bis zum Nordkap, wo das Bild entstand – zusammen mit 280 anderen Athleten. Foto: privat

Von Axel Theurer

Oberrot. Die erste Challenge war die Fahrt mit dem Bus von München nach Turin“, berichtet Matthias Weber am Frühstückstisch im Haus seiner Eltern in Oberrot. Er hatte Angst, dass ihre Räder unterwegs beschädigt oder geklaut werden. „Sie blieben aber heile, alles war gut.“ Zum Nordkap in Norwegen könnte man sich eine bequeme Schiffsreise buchen. Aber mit dem Fahrrad dorthin auf die Insel Magerøya? Etwa 280 Menschen radelten vom 24. Juli bis zum 9. August 4300 Kilometer von Turin in Italien über Paris an den nördlichsten Punkt von Europa. Matthias Weber (33) aus Oberrot und sein Bruder Oliver (35) bewältigen 18 Tage lang durchschnittlich etwa 230 Kilometer täglich. Matthias Weber arbeitet als Lagerist bei Kärcher in Obersontheim und lebt in Oberrot. Sein Bruder wohnt in München und arbeitet als Techniker bei einem Zulieferer von BMW.

Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Welt: Beispielsweise Australien, Argentinien, Italien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA und Finnland. „Abends im Hotel spricht man viel Englisch“, erzählt Matthias Weber. „Ein paar Engländer haben uns die ‚German Speedies‘ genannt. Immer wenn wir die überholt haben, waren wir grad im Windschattenmodus. Das fanden die lustig.“

Am Etappenziel hätten die beiden stets ein Hotel gesucht. „Dort sah man gleich bekannte Räder. Mit dem einen Radler sind wir doch gestern zusammen gefahren“, fiel dem 33-Jährigen einmal auf. Das Verhältnis unter den Fahrern sei super gewesen.

Der Wettbewerbsgedanke sei zwar stets mit dabei. Wenn sie jedoch anhalten mussten wegen einer Panne, habe jeder gefragt, ob man Hilfe braucht, schwärmt Weber. „Sehr viele platte Reifen hatten wir in Frankreich und Deutschland, als es geregnet hat. An einem Tag, kurz vor Bremen, hatten wir insgesamt fünf Platten. Wir hatten zwar Schläuche und Faltreifen dabei, aber irgendwann muss man dann eben flicken“, weiß der Athlet. Das Gepäck haben die Brüder am Fahrrad befestigt. „Bikepacking“ nennt sich diese Art zu reisen. Abgeleitet von „Backpacking“, Englisch für Wandern mit Rucksack, also Radwandern. „Mein Rad wog insgesamt knapp 20 Kilo“, erklärt Weber. „Wenn man ein Rennrad mit sieben Kilo gewohnt ist, ist das schon hart.“ Zelt, Schlafsack, Regenklamotten, Essen, Trinken – da kommt was zusammen. „Das Wasser ist bei dem Gewicht mit eingerechnet. Ich hatte immer zwei Liter dabei: einen Trinkrucksack und die Flasche am Rad“, ergänzt er.

Das Reglement des Veranstalters gibt klar vor, in welchem zeitlichen Rahmen man das Ziel erreichen darf und sollte. Die längste Etappe sei 305 Kilometer an einem Tag gewesen, berichtet Weber. „Irgendwo in Schweden, etwas über 2000 Höhenmeter, aber auf diese Distanz geht das“, meint der Sportler. Mit dem Rennrad könne man gut Strecke machen. „In Schweden gibt es Straßen, da geht es immer geradeaus. Man biegt vielleicht zwei- oder dreimal am Tag ab. Anfangs fand ich das schön“, erinnert sich Weber. Überall sehe man nur Wald, wohin man schaut. Aber nach dem dritten Tag wünscht er sich, wieder rauszukommen. „Auf Rentiere muss man aufpassen, da gibt es viele“, erzählt Weber. Die liefen überall herum, sogar vor dem Supermarkt. „Man lebt den Moment. Wenn man Hunger hat, sucht man sich was zu essen, wenn man müde wird, sucht man sich was zum Schlafen“, weiß Weber. „In Dänemark wurden wir zu einer Taufe eingeladen. Das war ein sehr schönes Erlebnis.“ Am besten gefallen haben ihm Schweden und Norwegen. Vor allem die letzten 150 Kilometer durch Lappland. „Da hatten wir zum Glück richtig schönes Wetter. So eine Landschaft habe ich vorher noch nie gesehen. Es geht viel an der Küste entlang“, erzählt Weber. „Es wird dort nicht ganz dunkel nachts. Die Mitternachtssonne ist was Schönes.“

Nach dem Radfahren sei man müde und schlafe, egal, ob es hell oder dunkel ist. Jeder der Teilnehmer hatte einen GPS-Tracker. Die Eltern zu Hause in Oberrot konnten so stets sehen, wo sich ihre Söhne befanden, und fieberten mit.

Matthias Weber gewinnt beim Kocherlauf

Kocherlauf Ende April gewann Matthias Weber die Distanz über zehn Kilometer beim 31. Kocherlauf in Gaildorf. Zwei Wochen davor hatte er sich eine Rippe angebrochen. Hart im Nehmen ist er offensichtlich. Als Schnellster der Männer
Ü30 ging er ins Ziel.

Radfahren „Der Anstieg am Anfang war hart“, findet er, obwohl er gerne bergauf laufe. Der geologische Pfad zieht sich eben in die Länge. „Ich bin wenig gelaufen in letzter Zeit, dafür mehr Rad gefahren. Sowohl mit dem Rennrad als auch dem Mountainbike.“

Zur Person Der 33-jährige Sportler arbeitet in der Logistik bei Kärcher in Obersontheim. Er wuchs in Oberrot auf, ging auf die Realschule in Gaildorf. Er machte eine Ausbildung zum Altenpfleger und wechselte dann den Beruf. Matthias Weber ist ledig und kinderlos.

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Erstellt:
11. September 2023, 16:00 Uhr

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