Kaum Chancen für ein Fahrverbot

Der Sulzbacher Gemeinderat hat sich für eine einseitige Sperrung der B14 in Richtung Großerlach für Motorradfahrer ausgesprochen. Die Entscheidung darüber obliegt zwar der unteren Straßenverkehrsbehörde, die Gesetzeslage bindet ihr jedoch die Hände.

Probleme mit Motorradfahrern auf der Sulzbacher Steige sind bekannt. Die Zweiradfahrer standen daher besonders im Fokus der Kontrollen von Landratsamt und Polizei im Juni. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Probleme mit Motorradfahrern auf der Sulzbacher Steige sind bekannt. Die Zweiradfahrer standen daher besonders im Fokus der Kontrollen von Landratsamt und Polizei im Juni. Archivfoto: J. Fiedler

Von Lorena Greppo

Sulzbach an der Murr. Im Sulzbacher Gemeinderat sorgte das Thema für reichlich Furore: Das Gremium hat einem Antrag zugestimmt, der eine einseitige Sperrung der B14 in Richtung Großerlach für Motorradfahrer fordert. Die Strecke wird oft von übermütigen Zweiradfahrer als Rennstrecke genutzt, für die Anwohner ist der Lärm unerträglich. Zudem passieren oft Unfälle. Die eigens wegen dieser Angelegenheit angereisten Biker empörten sich, schließlich würde dieses Verbot alle Motorradfahrer treffen – auch jene, die sich an das Tempolimit halten. Doch wie geht es nun damit weiter? Schließlich kann die Gemeinde Sulzbach nicht eigenständig ein Fahrverbot auf einer Bundesstraße aussprechen. Auch sind solche Fälle bislang relativ selten: Gemeinderat Ulrich Boitin hatte in der jüngsten Sitzung eine Liste von 24 solcher Sperrungen in ganz Deutschland dabei, die zum Teil in ähnlichen Landschaften wie dem Odenwald, dem Schwarzwald und der Alpenregion bestehen.

Die Sulzbacher Gemeindeverwaltung hat das Anliegen an das Landratsamt weitergegeben. „Das Schreiben ging am Freitag raus“, berichtet Hauptamtsleiter Michael Heinrich. Zwar rechnet er sich keine allzu großen Chancen darauf aus, dass die Forderung Erfolg hat, doch wichtig sei, dass man ein Zeichen setzt: Das Problem ist trotz zahlreicher Gegenmaßnahmen noch immer da, es muss etwas geschehen. „Erst am 31. Oktober gab es wieder einen Unfall mit zwei verletzten Motorradfahrern auf der Strecke“, hebt Heinrich hervor.

Der gesetzliche Rahmen lässt dem Landratsamt wenig Spielraum

Wem aber obliegt die Entscheidung über eine solche Sperrung? „Grundsätzlich ist die untere Straßenverkehrsbehörde zuständig – in Verbindung mit dem Regierungspräsidium und gegebenenfalls dem Verkehrsministerium“, erklärt Leonie Graf, Pressesprecherin des Landratsamts, auf Nachfrage. Damit es zu einem Fahrverbot kommt, müssen aber gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. „Hier ist der Landkreis an den gesetzlichen Rahmen gebunden.“ Und der gibt wenig Möglichkeiten her. Graf macht deutlich: „Derartige Streckensperrungen sind aktuell nach den Vorgaben in der Straßenverkehrsordnung rechtlich nicht möglich. Das habe drei Gründe, führt sie aus. Zum einen diene das klassifizierte Straßennetz der Leichtigkeit des Verkehrs und müsse daher für alle Verkehrsarten zur Verfügung stehen. Sperrungen erzeugten außerdem Verkehrsverlagerungen, welche rechtlich nicht zulässig seien. Und nicht zuletzt: „Sperrungen sind nicht gerechtfertigt für einen kleinen Teil von Verkehrssündern im Vergleich zu den anständigen Verkehrsteilnehmern.“

Ganz vom Tisch ist die Sache damit allerdings noch nicht, denn auch im Landratsamt ist man sich der Problematik durchaus bewusst. „Der Rems-Murr-Kreis macht sich seit mehreren Jahren gegen unnötigen Verkehrslärm und für mehr Verkehrssicherheit stark – das Thema ist uns wichtig“, führt Graf aus (siehe Infobox). Die rechtlichen Möglichkeiten, Motorradlärm beizukommen, seien für den Landkreis jedoch sehr beschränkt. „Trotzdem versuchen wir mit mehreren Aktionen, im Rahmen unserer Möglichkeiten unnötigen Verkehrslärm einzudämmen und die Sicherheit im Verkehr zu erhöhen. In erster Linie wollen wir mit unseren Aktionen sensibilisieren und nicht abstrafen oder pauschal verurteilen.“

Auch die Gemeinde Sulzbach unter Bürgermeister Dieter Zahn hat in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche gestartet, der Problematik Herr zu werden. In der jüngsten Gemeinderatssitzung zählte Zahn die verschiedenen Bemühungen auf: Es wurden zusammen mit dem Landratsamt ermahnende Tafeln aufgestellt, Rüttelstreifen auf der Fahrbahn aufgebracht, regelmäßig gibt es Polizeikontrollen. Die Feuerwehr sperrt an Sonntagen die Zufahrten zu den Parkplätzen ab. Sulzbach ist der Initiative „Motorradlärm“ beigetreten. Er weise zudem bei jeder Gelegenheit heimische Bundestagsabgeordnete auf das Problem hin. Bislang blieben diese Maßnahmen jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Vor diesem Hintergrund wurde eine mögliche Sperrung der Sulzbacher Steige in den vergangenen Jahren mehrfach zwischen den Fachbehörden erörtert, bestätigt Graf. Erst im Juni 2021 gab es ein Vor-Ort-Treffen mit Regierungspräsident Wolfgang Reimer. „In der Folge wurde auch für die letzte nicht temporeduzierte Kurve auf der Strecke zwischen Großerlach und Sulzbach Tempo 70 angeordnet“, hebt sie hervor. Noch in diesem Monat ist eine erneute Verkehrsschau in Sulzbach an der Murr geplant, bei der die Strecke erneut Thema ist.

Wie sich der Landkreis gegen Motorradlärm einsetzt

Initiative gegen Motorradlärm

Der Rems-Mur-Kreis ist Teil der landesweiten Initiative gegen Motorradlärm. Da die rechtlichen Möglichkeiten begrenzt sind, fordert die Initiative eine Anpassung der Gesetze mit folgenden Zielen:

Motorräder müssen leiser werden.

Motorräder müssen leiser gefahren werden.

Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben.

Der Bundesrat hat sich in der Sitzung am 15. Mai 2020 für die wirksame Minderung und Kontrolle von Motorradlärm ausgesprochen. Die Beschlüsse des Bundesrats greifen alle zehn Forderungen der „Initiative Motorradlärm“ auf.

Lärmschilder Seit 2019 sensibilisiert der Landkreis mit tierischen Schildern („Fahr nicht wie die Sau“) dafür, rücksichtsvoll unterwegs zu sein. Unnötig lautstarken und zu schnellen Fahrern wird signalisiert, sie sollen die Geschwindigkeit drosseln und ihre Fahrweise anpassen. In diesem Jahr wurden weitere Schilder an den von Motorradlärm betroffenen Stellen aufgestellt, etwa in Kirchberg .

Kontrollen mit der Polizei Motorrad-Rasern, die sich trotz aller Hinweise über die Regeln hinwegsetzten, ist mit den rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln schwer beizukommen, merkt das Landratsamt an. Man habe daher auch dieses Jahr wieder gemeinsame Aktionen ausgeführt, bei denen gemessen wird und die Polizei die zu schnellen Motorradfahrer anhält. Dieses Jahr wurde zudem die alte Messanlage gegen eine neue ausgetauscht. „Wir haben bei der Anschaffung darauf geachtet, das Fotos von vorne und gleichzeitig von hinten möglich sind, sodass bei einem Verstoß im Punktebereich nun auch ein Fahrtenbuch für Motorradfahrer möglich ist“, heißt es aus dem Landratsamt. Zudem lasse sich die neue Anlage technisch an mehr Stellen positionieren.

Gelbe Karte Haltern, die durch unnötige Lärmverursachung auffallen, wird weiterhin eine „Gelbe Karte“ zugestellt, mit der sie auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden.

Infomaterial Zudem verteilt das Landratsamt Infomaterial der Initiative „Vorsicht – Rücksicht – Umsicht“ des Verkehrsministerium. Diese dient der Verkehrssicherheit.

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Erstellt:
8. November 2021, 06:00 Uhr

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