Keine Angst vor dem Heizungs-GAU

Am 8. September wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch „Heizungsgesetz“ genannt, verabschiedet. Damit soll der Umstieg auf erneuerbare Energien vorangetrieben werden. Heizungsbauspezialisten aus der Region reagieren recht positiv auf die neuen Regeln.

Für Harald und Julia Moser von der Firma Moser, hier vor einem Pelletkessel, ist wichtig, dass bei einer neuen Heizung auch langfristige Kosten bedacht werden. Foto: Tobias Sellmaier

© Alexander Becher

Für Harald und Julia Moser von der Firma Moser, hier vor einem Pelletkessel, ist wichtig, dass bei einer neuen Heizung auch langfristige Kosten bedacht werden. Foto: Tobias Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

Rems-Murr. Die Bundesregierung hat das Gebäudeenergiegesetz (GEG) am 8. September beschlossen. Wir haben mit Experten aus der Praxis zum Thema Heizungsmodernisierung gesprochen und sie gefragt, was zu beachten ist und was sie vom neuen Gesetz halten. Darunter die Backnanger Firma Moser, die sich schon seit vielen Jahren mit regenerativer Energie beschäftigt. Harald Moser ist zufrieden, weil durch das neue Gebäudeenergiegesetz nun eine gewisse Klarheit im Heizungsbereich herrscht. „So kann man den Kunden wieder optimal beraten.“ Das gilt insbesondere für die Förderrichtlinien. Mosers Erfahrung nach sind sehr viele Immobilienbesitzer bereit, auf die Erneuerbaren zu setzen.

„Mit den Zuschüssen kommt man in ein Budget, das die Leute für eine Heizungssanierung auch zur Verfügung haben“, so Moser. Besonderen Augenmerk legt er darauf, dass man in Bezug auf die Heizung nicht kurzfristig denken dürfe, sondern auch die langfristigen Kosten im Blick haben müsse. So verteuerten sich durch den Emissionshandel fossile Brennstoffe stetig. Daher gefällt Harald Moser insbesondere auch die Beratungspflicht sehr gut, die solche langfristigen Kosten aufzeigen könne.

Tochter Julia Moser weist zudem auf die Wertstabilität eines entsprechend sanierten Gebäudes hin. Man dürfe sich nicht allein auf die Investitionskosten festlegen, sondern sollte nach Möglichkeit auch Effizienz, Betriebssicherheit und Wertstabilität durch eine neue Heizungsanlage im Auge behalten. Besonderes Augenmerk lenkt Julia Moser auf die Nutzung von Sonnenenergie, sowohl für Wärme- als auch für Stromerzeugung, denn Sonne lasse sich mit jedem System kombinieren.

Vor allem ältere Hausbesitzer überlegen, ihre Heizungen schnell austauschen

Laut Peter Renz herrscht seit Beginn des Jahres eine große Verunsicherung bei seiner Kundschaft. Er ist Inhaber der Kirchberger Firma Gebrüder Renz, die Heizungen und Sanitäranlagen installiert. Mancher seiner Kunden habe überlegt, noch dieses Jahr die Heizungsanlage auszutauschen, obwohl diese noch ihren Dienst tut.

Insbesondere in der geplanten Förderung sieht Peter Renz eine Chance durch das neue Gesetz: „Durch die Fördermöglichkeiten kann man zu einem guten Preis eine Heizungsanlage bekommen, die auf dem technisch neuesten Stand ist.“ Um für den Kunden zu einer optimalen Lösung bezüglich der Fördermöglichkeiten zu kommen, arbeitet er deshalb auch mit einer spezialisierten Firma zusammen.

Zwar ist die Wärmepumpe mittlerweile in aller Munde, doch Peter Renz sieht den Einsatz dieser Technik differenziert. Nicht für jedes Gebäude sei der Einbau sinnvoll, insbesondere bei Altbauten müssten die bestehenden Gegebenheiten beachtet werden. Holz ist seiner Ansicht nach eine gute Alternative im Heizungsbereich, denn: „Hier hätte man kurze Wege.“ So habe seine Firma einige Großanlagen als Pellethybridheizungen eingebaut, bei denen Spitzenlasten durch Gas abgedeckt werden. Generell empfiehlt er, einen Energieberater zurate zu ziehen, wenn es um das Thema Heizungsmodernisierung geht, denn dieser betrachte das komplette Objekt und könne so ein individuelles Konzept erarbeiten.

Fabian Lutz findet die reflexartige Abwehr von Vorschriften bedenklich

Fabian Lutz ist sowohl Vorstandsmitglied bei der Innung Sanitär, Heizung, Klima und Klempnerei des Rems-Murr-Kreises wie auch Geschäftsführer des Heizungsbauspezialisten Malu aus Weissach im Tal. Bereits seit Jahren gebe es eine gute Nachfrage nach Wärmeerzeugern, so Lutz: „Um das Ziel des Gebäudeenergiegesetzes möglichst rasch zu erreichen, sind wir eigentlich schon seit Jahren auf einem guten Weg.“ Dabei gibt er zu bedenken, dass manche fast reflexartig mit Abwehr auf bestimmte Vorschriften oder Verordnungen reagieren. Nicht zu unterschätzen seien auch die gestiegenen Investitionskosten und die Zinssteigerungen. Das lasse so manchen zögern.

Andererseits gebe es auch Immobilienbesitzer, die die Gelegenheit nun nutzen wollen, um auf erneuerbare Energien umzusteigen, und sich entsprechend informieren. „Mit den Fördermöglichkeiten reicht diese Gruppe erst einmal aus, um die nächsten Jahre genügend alte Heizanlagen zu sanieren“, sagt Fabian Lutz.

Doch gibt es überhaupt genügend Handwerker, um das GEG umsetzen zu können? Mit der aktuellen Anzahl an Handwerkern und Facharbeitern die gewünschten Planzahlen zu erfüllen, sieht Lutz als unrealistisch an, eine Erhöhung der Ausbildungsquote sei unerlässlich. Denn der Umstieg auf erneuerbare Energien im Heizungsbereich steht in den kommenden Jahren auch bei Städten und Kommunen an.

Keine allgemeingültigen Aussagen zu den Kosten

Von Heizungsbauerseite kommen also eher positive Reaktionen auf das neue Gesetz. Doch wie sieht es mit Immobilienbesitzern aus? Die Situation habe sich entspannt, so Georg Linsenmann, zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit beim Verein Haus und Grund Stuttgart, da nun die 65-Prozent-Regel ab Januar 2024 nur für Neubauten gelte (siehe Infotext). Die vom Verein für Mitglieder angebotene Energieberatung sei dennoch bereits bis in den Dezember ausgebucht.

Zum Thema Kosten lassen sich jedoch kein allgemeingültigen Aussagen machen. „Kosten kann man erst nennen, wenn man das konkrete Objekt kennt. Man muss immer in die Details gehen“, so Linsenmann und verweist auf die Förderrichtlinien: „Die Basisförderung von 30 Prozent finden wir gut.“ Allerdings kritisiert der Verein, dass der zusätzliche Beschleunigungsbonus von weiteren 20 Prozent nur für selbstnutzende Eigentümer gilt. Für Eigenheimbewohner jedoch ist der Beschleunigungsbonus durchaus attraktiv. „Da wird viel Geld in die Hand genommen.“

Ulrich Wecker, Vereinsgeschäftsführer von Haus und Grund Stuttgart, rät: „Wir empfehlen den privaten Eigentümern, dass sie sich schon jetzt damit befassen, einen langfristigen Plan zu machen. Sie haben ja keinen akuten Handlungsbedarf, sondern immer erst dann, wenn eine Heizung unreparierbar kaputt geht.“

Was umgerüstet werden muss. Zwar sieht das GEG vor, dass ab dem kommenden Jahr neue Heizungsanlagen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Doch dies gilt vorerst nur für Neubauten in Neubaugebieten, sofern der Bauantrag ab dem 1. Januar gestellt wird. In Bestandsbauten dürfen Heizungsanlagen weiter ihren Dienst tun – zumindest so lange, bis sie irreparabel kaputt sind.

Förderung. Grundsätzlich wird der Heizungstausch mit 30 Prozent gefördert (Grundförderung). Wer bis Ende 2028 umsteigt, kann zudem in den Genuss des Geschwindigkeitsbonus von weiteren 20 Prozent kommen. Dies gilt jedoch nur für selbstnutzende Eigentümer. Bei einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu 40000 Euro kann zudem ein weiterer Bonus von 30 Prozent dazukommen; dieser gilt ebenfalls für Selbstnutzer. Maximal können bis 70 Prozent der Investitionskosten gefördert werden. Allerdings gelten Obergrenzen, etwa 30000 Euro bei einem Einfamilienhaus oder der ersten Wohneinheit eines Mehrfamilienhauses.

Weitere Infos Details zu dem Thema können auf der Website www.energiewechsel.de nachgelesen werden.

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Erstellt:
19. September 2023, 06:00 Uhr

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