Keine Mehrheit für ein Solarförderprogramm im Rems-Murr-Kreis

Der Antrag der ÖDP/Linke-Gruppe für ein kreisweites Förderprogramm von Minisolaranlagen wurde im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags kontrovers diskutiert, am Ende aber verworfen. Grüne und SPD konnten sich dafür erwärmen, CDU und Freie Wähler hingegen nicht.

Eine Minisolaranlage bietet die Möglichkeit, Solarstrom für den Eigenbedarf herzustellenArchivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Eine Minisolaranlage bietet die Möglichkeit, Solarstrom für den Eigenbedarf herzustellenArchivfoto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Die Diskussion war heftig, die Abstimmung knapp. Letzten Endes hat der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags es abgelehnt, ein Förderprogramm für sogenannte Minisolaranlagen oder auch „Balkonkraftwerke“ auf den Weg zu bringen. Dabei hatte sogar die Kreisverwaltung sich für den Antrag der ÖDP/Linke-Gruppe ausgesprochen, trotz anfänglich geäußerter Zweifel an der Notwendigkeit.

Einen Umfang von 100.000 Euro pro Jahr hätte das Förderprogramm laut dem Antrag haben sollen – das hätte innerhalb von vier Jahren die Installation von bis zu 1.000 Anlagen ermöglicht. Denn angedacht war, bis zu 400 Euro für eine erste Minisolaranlage zuzuschießen. Ein weiterer Aspekt: Besonders Mieter und Mieterinnen mit niedrigem Einkommen sollten hiervon profitieren, „Fördervorrang von Mieterhaushalten mit Wohnberechtigungsschein wird vorgeschlagen“, hieß es vonseiten der ÖDP/Linke-Gruppe. Somit habe das Programm eine starke soziale Dimension, hob Ronald Borkowski (ÖDP/Linke) hervor. Die Vorteile liegen demnach auf der Hand: „Ein Balkonkraftwerk entlastet ärmere Haushalte langfristig bei den Stromkosten und fördert eine Befassung mit Energie- und Klimafragen. Der Rems-Murr-Kreis kann mit diesem Förderprogramm zur Sozialverträglichkeit der Energiewende beitragen.“

Für den Landrat überwiegt der Nutzen des Förderprogramms

Kritik hatte Landrat Richard Sigel anfangs dahingehend geäußert, dass man damit nur eine sehr begrenzte Anzahl an Anlagen fördern könne. Zudem wurde ein zusätzliches Engagement des Kreises neben dem der Kommunen kritisch gesehen, denn einige von ihnen haben bereits eigene Förderprogramme für Steckersolaranlagen aufgelegt. „Wir haben uns damit nicht leichtgetan“, merkte Sigel in der Sitzung an. Denn bei der großen Einwohnerzahl der Kreises sei ein solches Förderprogramm nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Mit Blick auf den Klimaschutz und als Ergänzung kommunaler Programme könnte ein Programm des Landkreises allerdings zusätzliche Anreize setzen, gerade dort wo es kein kommunales Programm gibt“, hieß es von der Kreisverwaltung weiter.

Im Gremium wurden zum Thema sehr verschiedene Meinungen offenbar. Hermann Beutel (CDU) befand das Förderprogramm für „gut gemeint, aber überflüssig“. Der Markt für Minisolaranlagen sei schon überhitzt, die Wartezeiten für die Geräte lang und man fördere doch nur Anlagen, die sowieso gekauft würden. „Somit haben wir keine Effekte für den Klimaschutz, aber eine Belastung für den Kreishaushalt“, war Beutels Fazit. Raimon Ahrens (Freie Wähler) sah das Thema nicht in erster Linie beim Kreis verortet, sondern verwies darauf, dass Städte und Gemeinden hierfür eigene Programme aufsetzen könnten. Da manche dies sogar schon getan haben, regte er an, zuerst Hintergrundinformationen zu deren Modalitäten einzuholen. Auch Gernot Gruber (SPD) bat um mehr Informationen zu den Förderprogrammen der Städte, allerdings sah er ein Engagement des Kreises deshalb nicht für überflüssig an. Er regte an, dass der Kreis mit seiner Förderung dann an anderer Stelle ansetzt, etwa beim Zählertausch.

Enttäuschung bei den Antragstellern angesichts des Votums

Jochen Haußmann (FDP-FW) fand zwar den Grundgedanken eines Förderprogramms gut, sah dabei aber noch einige Hindernisse. Etwa, dass mit 100000 Euro nur bis zu 250 Anlagen gefördert werden könnten. „Das würde Frust auslösen bei denen, die nicht zum Zuge kommen“, befürchtete er. Er schlug vor, die Angelegenheit an die Energieagentur zu verweisen, „bevor wir das übers Knie brechen“. Auch Gruber befand den Antrag noch nicht als abstimmungsreif, wenn Interessenten der Förderung leer ausgehen könnten.

Juliana Eusebi (Grüne) bezeichnete die Minisolaranlagen als „Riesenthema“, das durch ein Förderprogramm noch an Fahrt aufnehmen werde. Beutels Argument, dass die Anlagen sowieso gekauft würden, könne sie nicht nachvollziehen. „Es wäre doch schön, wenn der Fördertopf ausgeschöpft würde“, sagte sie. „Zuschüsse machen Sinn bei Dingen, die nicht so richtig in Gang kommen“, hielt Beutel dagegen. Er könne sich vorstellen, neu über ein Förderprogramm nachzudenken, wenn der Ansturm auf die Balkonkraftwerke abflauen sollte.

Für die Mehrheit reicht es nicht

Als dann über den Antrag abgestimmt wurde, schlugen sich zwar Kreisrätinnen und Kreisräte der Grünen und SPD auf die Seite der ÖDP/Linke-Gruppe, für eine Mehrheit reichte es jedoch nicht aus: Mit acht Für-, zehn Gegenstimmen und fünf Enthaltungen wurde das Förderprogramm abgelehnt. Philipp Köngeter (ÖDP/Linke) zeigte sich angesichts dessen enttäuscht und sagte: „Die Mitglieder von CDU und Freie Wähler haben nicht erkannt, dass ein Balkonkraftwerk der erste Schritt ist, um sich zu Hause und in der Nachbarschaft mit Energie- und Klimafragen zu beschäftigen.“

Kommentar
Chance vergeben

Von Lorena Greppo

Minisolaranlagen sind relativ günstig, einfach im Anschluss und können auch dann genutzt werden, wenn man nicht Eigentümer von Haus oder Wohnung ist. Angesichts der aktuell hohen Energiepreise werden die „Balkonkraftwerke“ deshalb auch immer beliebter. Allerdings haben nicht alle Interessenten genügend Geld auf der hohen Kante, um sich eine solche Anlage leisten zu können. Hätte ein Förderprogramm gerade sie bei der Anschaffung einer Minisolaranlage unterstützt, hätte der Kreis zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hätte finanziell schwachen Menschen die Möglichkeit, Strom für den Eigenbedarf zu produzieren, und so ein Stück Sicherheit in der Frage der Energieversorgung gegeben und zugleich etwas für das angestrebte Ziel der Klimaneutralität getan. Dass die Kreisräte diese Chance nun vergeben haben, ist bedauerlich. Vor allem, wenn die Kosten dafür ausschlaggebend waren. Wer es ernst mit dem Klimaschutz meint, muss dafür auch Geld in die Hand nehmen.

l.greppo@bkz.de

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Erstellt:
1. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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