Ex-Nationalspieler
Klage gegen Boateng - Gericht schlägt Vergleich vor
Ein Interview, in dem sich der Ex-Fußball-Nationalspieler abfällig über seine Ex-Freundin äußert, bereitet ihm seit Jahren Ärger. Jetzt prüfen Richter erneut den Fall.
Von dpa
Berlin/München - Im Streit um Äußerungen des ehemaligen Fußball-Nationalspielers Jérôme Boateng über seine Ex-Partnerin Kasia Lenhardt ist das Berliner Kammergericht um eine gütliche Einigung bemüht. Der Vorsitzende Richter Oliver Elzer schlug bei der mündlichen Verhandlung im Berufungsprozess einen Vergleich vor: Boateng würde demnach eine Unterlassungserklärung abgeben, die Klägerin müsste dafür die Kosten des aktuellen Verfahrens übernehmen.
Die Anwälte reagierten zunächst zurückhaltend, wollen sich jedoch mit ihren Mandanten beraten. Sollte es nicht in den nächsten Wochen zu einem Vergleich kommen, wird das Gericht in ein Urteil sprechen.
Mutter von Ex-Freundin klagt
Das Gericht prüft in zweiter Instanz eine Unterlassungsklage der Mutter des Models, das im Februar 2021 gestorben ist - sieben Tage nach der Veröffentlichung des Interviews. Das Berliner Landgericht hatte Boateng im November 2022 eine Äußerung untersagt. Der Mutter geht es in der Klage jedoch um fünf weitere Aussagen. "Ihr geht es darum, Äußerungen über ihre verstorbene Tochter, die Unwahrheiten beinhalten, zu unterbinden", erklärte Rechtsanwalt Markus Hennig.
In dem Interview hatte Boateng unter anderem über Auseinandersetzungen in der Beziehung gesprochen. Seine Aussagen verfälschten das Lebensbild von ihrer Tochter, argumentiert die Klägerin.
Boatengs Anwältin Stephanie Vendt erklärte erneut vor Gericht, der Fußballspieler bedauere das Interview. Er beabsichtige nicht, die Äußerungen zu wiederholen. Man sei grundsätzlich zu einem Vergleich bereit, so die Anwältin.
Gericht äußert Zweifel am Erfolg der Klage
Strittig ist jedoch, wie weit dieser Vergleich gehen soll. Aus Sicht der Klägerseite kommt er allenfalls in Betracht, wenn Boateng eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Heißt: Hält sich der 35-Jährige nicht daran, müsste er eine Strafe bezahlen. Das Gericht könnte sich dabei eine Summe von 25.000 Euro vorstellen, wie Richter Elzer sagte.
Boatengs Anwältin sieht so eine umfassende Erklärung skeptisch und sie sieht dafür wenig Gründe. Das Gericht hatte in der Verhandlung Zweifel am Erfolg der Klage geäußert. Hintergrund ist das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht.
Um dieses nach dem Tod durchsetzen zu können, seien nach der bisherigen Rechtsprechung "grobe Verletzungen" der Würde betroffener Personen nötig. "Hier äußert sich ein Mann böse über seine Ex-Freundin. Das ist verletzend", so Richter Elzer. Der Senat sei jedoch bislang der Auffassung, dass das Maß einer groben Verletzung nicht erreicht sei.
"Die bisherige Rechtsprechung trägt dem digitalen Zeitalter nicht Rechnung", argumentiert dagegen Kläger-Anwalt Hennig. Bislang sind die Hürden für Hinterbliebene höher, als wenn Betroffene selber zu Lebzeiten gegen Äußerungen vorgehen.
Lenhardt war 2012 Finalistin bei "Germany's Next Topmodel" und zuletzt mit Boateng liiert. Kurz bevor dessen Interview erschien, hatte sich das Paar getrennt. Am 9. Februar 2021 gab ihre Familie über einen Anwalt bekannt, dass Kasia Lenhardt tot sei. Die Polizei in Berlin bestätigte damals einen Einsatz, bei dem eine leblose Person gefunden worden war. Es gebe keine Anzeichen für Fremdeinwirkung, hieß es seinerzeit.
Sprecher: Interview war ein "Riesen-Fehler"
Der Sprecher des Profi-Sportlers, Thomas Knipp, erklärte nach der Verhandlung, Boateng wisse, dass das Interview ein "Riesen-Fehler" gewesen sei. Es sei vor dem Hintergrund eines Sorgerechtsstreits entstanden. Der 35-Jährige habe sich dafür bei der Familie entschuldigt. "Es geht der Familie ganz offenbar um eine Aufarbeitung. Doch dafür ist der Gerichtssaal nicht der richtige Platz."
Zuletzt hatte ein Strafprozess gegen Boateng für Schlagzeilen gesorgt. Das Landgericht München I verwarnte ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro unter Vorbehalt. Ähnlich wie bei einer Freiheitsstrafe auf Bewährung muss der 35-Jährige diese 200.000 Euro nur zahlen, sollte er gegen seine Auflagen verstoßen. Die Münchner Staatsanwaltschaft akzeptiert das Urteil allerdings nicht und hat Revision eingelegt.