Klimaschutz – eine Aufgabe für alle

Landkreis legt neues Handlungsprogramm für 2019 bis 2022 vor – Von Stadtradeln über Fotovoltaik bis Rems-Murr-Kaffeebecher

Klimaschutz zum Mitmachen will sich der Landkreis für die kommenden Jahre auf die Fahnen schreiben. Das Handlungsprogramm für die Jahre 2019 bis 2022 umfasst insgesamt 24 einzelne Vorhaben – vom Ausbau der Fotovoltaik über die Fortführung bewährter Projekte wie Bike&Work oder ECOfit bis hin zu neuen Aktionen. So soll es Mehrwegbecher mit Rems-Murr-Kreis-Design beim Kauf eines Coffee to go geben.

Das Dach der Biovergärungsanlage in Neuschöntal ist bereits mit Solarzellen bestückt. Geprüft wird jetzt, ob zusätzlich auch auf anderen Gebäudeteilen Fotovoltaik installiert werden kann. Foto: F. Muhl

© Florian Muhl

Das Dach der Biovergärungsanlage in Neuschöntal ist bereits mit Solarzellen bestückt. Geprüft wird jetzt, ob zusätzlich auch auf anderen Gebäudeteilen Fotovoltaik installiert werden kann. Foto: F. Muhl

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Bereits zum dritten Mal will sich der Landkreis einem auf mehrere Jahre ausgelegtes Handlungsprogramm zum Klimaschutz unterwerfen. „Wir sind bereits mittendrin im Klimawandel“, mahnt Landrat Richard Sigel: Die Jahresdurchschnittstemperaturen steigen, es wird weniger Grundwasser neu gebildet, gleichzeitig kommt es häufiger zu extremen Wetterereignissen und Hochwasser.

Das neue Handlungsprogramm nun, das unter dem Motto „Klimaschutz zum Mitmachen“ steht, richtet sich einerseits an den Landkreis selbst: Er soll den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 reduzieren und so eine Vorbildrolle übernehmen. Andererseits wenden sich zahlreiche einzelne Maßnahmen auch an Unternehmen, Kommunen und Einwohner. „Wir müssen die Bürger erreichen“, sagte Sigel bei der Vorstellung des Programms im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags. Die Gesamtkosten sind auf 4,59 Millionen Euro veranschlagt. Zudem wird eine zusätzliche Personalstelle benötigt.

Felicia Wurster, die Leiterin der Geschäftsstelle Klimaschutz, erläuterte die Details. Mehr als in den bisherigen Programmen würden, so sagte sie, Bürger und Unternehmen eingeladen, sich zu beteiligen. So würden in über einem Drittel der Maßnahmen die privaten Haushalte angesprochen, die fast 60 Prozent der CO2-Emissionen verursachen.

Bei den Kosten geht allerdings der Löwenanteil aufs Konto des Landkreises: Über 2,8 Millionen Euro sind eingeplant. Davon werden allein fast 1,5 Millionen Euro benötigt, um kreiseigene Liegenschaften, unter anderem das berufliche Schulzentrum in Backnang, mit weiteren Fotovoltaikanlagen zu bestücken. Eine Million Euro soll in energetische Sanierungen fließen. Vorgesehen ist dabei, Beleuchtungsmittel auszutauschen und Lüftungsanlagen zu sanieren. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Energiekosten zu senken; es wird erwartet, dass sie sich im Lauf der Jahre amortisieren.

Ziel ist auch, dass die Mitarbeiter der Kreisverwaltung noch stärker als bisher das VVS-Firmenticket nutzen. Zudem sollen die Beschäftigten eine Eco-Driving-Schulung mitmachen, um Sprit zu sparen. Für kurze dienstliche Fahrten sollen Pedelecs genutzt werden. Azubis im Landratsamt sollen zudem als Klimaschutz-Scouts geschult werden. Weiter will das Landratsamt einen Leitfaden für klimafreundliche Veranstaltungen ausarbeiten, dem Klimabündnis beitreten und ein Umweltmanagement etablieren.

Schulen und Kindergärten sollen einbezogen werden

Energiesparwettbewerbe, Beratung für Vereine in Sachen Klimaschutz und das bundesweit bewährte und auch im Rems-Murr-Kreis bereits eingeführte Projekt Stromsparchecker sind einige Vorhaben, die sich an die Bürger richten. Zudem soll das Stadtradeln, ein bundesweiter Wettbewerb, verbreitet werden, es werden Infoabende und Seminare zu Fotovoltaik angeboten, und Schulen sollen für Projekte zur Strom- und Wärmeeinsparung gewonnen werden. Ferner werden Schulen und Kindergärten zum Klimasponsorenlauf ECORun aufgerufen. Und um die Abfallflut einzudämmen, ist vorgesehen, ein freiwilliges Pfandleihsystem für Mehrwegbecher einzuführen: Wer einen Coffee to go kauft, soll dann für einen Euro Pfand einen Becher mit Rems-Murr-Kreis-Design bekommen.

Geplant ist auch der Ausbau des Klimaschutzportals zur zentralen Informationsplattform und die Ausschreibung von Ideenwettbewerben.

Unternehmen sind weiterhin aufgerufen, am Programm ECOfit teilzunehmen, Effizienzchecks durchführen zu lassen und das seit 2013 bestehende Projekt Bike&Work aufzugreifen. Landwirte sollen in einer Seminarreihe mit Themen wie Anbau von Energiepflanzen und Reduzierung von Emissionen unterrichtet werden. Die Kommunen wiederum sind zu Workshops eingeladen, um innovative Klimaschutzprojekte kennenzulernen.

Neben all diesen Maßnahmen will der Landkreis noch ein Budget von einer Million Euro reservieren, um an neuen Programmen, zu denen Fördermittel ausgeschrieben werden, mit entsprechenden Co-Finanzierungen teilzunehmen.

Die Diskussion über das Handlungsprogramm soll am kommenden Montag im Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss beginnen. Im Umwelt- und Verkehrsausschuss hatten die Kreisräte jetzt aber schon Gelegenheit, erste Einschätzungen abzugeben. Dabei gab es neben viel Lob auch einige Kritikpunkte. Willy Härtner (Grüne) bemängelte beispielsweise, dass das Programm nichts zum Punkt Windkraft enthält und auch das Thema Speicherung nicht auftaucht. In dieselbe Kerbe hieb auch Klaus Riedel (SPD): Der Landkreis gehe den Komplex erneuerbare Energien zu defensiv an. Stärker widmen müsse man sich auch der Müllvermeidung.

Bei Bechern werde man nicht stehen bleiben können, wandte auch Jürgen Hofer (FDP/FW) ein. In Sachen Klimaschutz hielt er aber auch fest: „Wir haben kein großes Erkenntnisproblem mehr, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Für die CDU erklärte Erich Theile: „Wir finden uns in diesem Programm wieder.“ Zu bedenken gab er aber, dass ein freiwilliges Pfandleihsystem „zu wenig“ sei. Dieses Thema gehöre auch in die Schulen mit hineingetragen. Albrecht Ulrich (Freie Wähler) knüpfte schließlich an den Punkt Speicherung an und sprach sich dafür aus, speziell auch Technologien zu fördern, die noch nicht marktfähig sind.

Der Landrat erklärte derweil: „Wir haben uns auf das fokussiert, was wir umsetzen können.“ Gleichzeitig wolle man auch reaktionsfähig sein.

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Erstellt:
22. September 2018, 06:00 Uhr

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