Klinikapotheke in Winnenden stellt hochwirksame Medikamente her
Das Apothekenteam des Rems-Murr-Klinikums Winnenden umfasst 21 Spezialisten und versorgt alle 40 Stationen in Winnenden und Schorndorf.
Winnenden. Haube, Maske, Handschuhe, Kittel kennt im Krankenhaus jeder. Klar, denn penible Hygiene ist oberstes Gebot vom OP bis zur Instrumentendesinfektion. Aber ein Team, das hinter Doppelglas und in blütenweißer Verhüllung versiert mit Fläschchen, Pipetten und geheimnisvollen Flüssigkeiten hantiert? Das gibt es in der Klinikapotheke im Rems-Murr-Klinikum Winnenden. Chefapotheker Stefan Günther beschreibt die Arbeiten, die im Reinraum hinter schützendem Glas erledigt werden und die wie eine Episode aus dem Hochsicherheitstrakt eines Science-Fiction-Films wirken: „Die Teamkolleginnen stellen Zytostatika-Zubereitungen her. Zytostatika sind hochwirksame Medikamente, die in der Krebstherapie die Teilung der Tumorzellen stoppen. Wir bereiten sie hier im Klinikum selbst zu und zwar individuell für jede Patientin und jeden Patienten unserer Onkologie. Dabei richten wir uns streng nach den ärztlichen Anweisungen zur Art der Therapie sowie nach Körpergröße und Gewicht der Erkrankten. Meist werden Minuten bis Stunden vor dem Zubereiten und Verabreichen noch die Laborwerte ermittelt, damit alles passt.“
Die Luft ist rein, jeder Handgriff eingespielt, Blicke genügen zwischen den beiden Kolleginnen, die heute im Reinraum rasch und routiniert an der Sicherheitswerkbank ihren Dienst leisten. Kein Wort dringt nach draußen; einzige Verbindung ist das Telefon. „Die Herstellung von Zytostatika erfordert sehr viel Konzentration, Disziplin und Zuverlässigkeit. Das Produkt muss frei von Keimen sein, weil Krebspatienten meist immungeschwächt sind. Umgekehrt müssen wir auch unser Personal vor den hochwirksamen Substanzen schützen“, sagt Günther. „Weil sich kleinste Fehler schwerwiegend auswirken könnten, arbeitet hier wie überall in unserer Apotheke ein hoch qualifiziertes und aufwendig geschultes pharmazeutisches Team.“
Spritzen in die Muskeln, unter die Haut, in die Venen oder ins Nervenwasser der Krebspatienten
Mehr als 18000 moderne Zytostatika-Zubereitungen verlassen jedes Jahr die Apotheke. Korrekt dosiert und frisch müssen die rettenden Lösungen sein, damit sie vom hauseigenen Transportdienst erst in die onkologische Fachabteilung und dort rasch und sicher in den Körper gelangen, wo sie den Krebs stoppen können: Je nach Tumor und Schwere der Erkrankung werden sie bei der Chemotherapie in die Vene, in die Muskeln, unter die Haut oder auch ins Nervenwasser der Erkrankten gespritzt.
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Doch das 21-köpfige Apothekenteam kann noch mehr. Stefan Günther greift in eine Schublade und holt einen Plastikbeutel heraus, der ebenfalls Leben retten kann – bei den kleinsten Schützlingen im Perinatalzentrum Level 1 der Rems-Murr-Kliniken, die direkt nach der Geburt noch nicht genug Kraft und Reflexe haben, um schon selbst trinken zu können. „Wir stellen in der Klinikapotheke auch Ernährungslösungen für die parenterale Anwendung bei Frühgeborenen her“, sagt der Krankenhausapotheker, der sich freut, die Teams in der Kinderklinik unterstützen zu können. Parenteral heißt: Diese Nahrung gelangt noch nicht über Mund und Darm in den winzigen Körper, sondern über den Blutkreislauf.
Im Infusionsbeutel steckt steril, chemisch stabil und im Notfall sofort verfügbar alles drin, was ein Frühchen erst mal zum Leben braucht: Aminosäuren, Kohlenhydrate, Elektrolyte, Fette, Spurenelemente und Vitamine. „Diese komplexen sterilen Mischungen gibt es im Handel nicht zu kaufen, weil sich die Standardherstellung im großen Stil für die Industrie nicht lohnt. Deshalb stellen wir diese Mischungen für Frühgeborene oder auch sehr kranke Reifgeborene aseptisch in vielen Schritten von Hand selbst her.“
Für die Rems-Murr-Kliniken ist die Apotheke ein Segen. Denn es werden auch alle anderen Stationen an den Klinikstandorten Winnenden und Schorndorf über eine ausgefeilte Logistik pünktlich mit allen Medikamenten versorgt. 4000 Packungen mit teils lebenswichtigen Arzneimitteln verlassen täglich die Apotheke. Bis 10 Uhr im digitalen Katalog bestellt, werden sie automatisch kommissioniert und noch am selben Tag auf Station geliefert. „Unsere rund 40 Stationen mit fast 1000 Betten und mehr als 60 Funktionsbereichen an zwei Standorten sind sehr dankbar für diesen hochkompetenten und zuverlässigen Service“, sagt Klinikgeschäftsführer André Mertel. „Unsere Apotheke ist ein perfektes Beispiel dafür, dass solche zentralen Versorgungsbereiche unerlässlich sind, um die ärztliche und pflegerische Leistung der Kliniken zu unterstützen. So wurden zu Beginn der Pandemie Desinfektionsmittel selbst hergestellt.“ pm