Klinikum Winnenden: Eine kranke Bauchspeicheldrüse braucht Spezialisten
Krebs der Bauchspeicheldrüse ist sehr aggressiv und schwer zu erkennen. Hilfe gibt es im Pankreaskrebszentrum des Klinikums Winnenden.

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Der Bauch im Fokus: Christophe André Müller, Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie, mit seinem Team bei der Operation. Foto: Rems-Murr-Kliniken
Winnenden. Sie ist leicht wie eine kleine Banane, quer im Bauch verborgen und stellt täglich bis zu zwei Liter wertvollen Saft her, um schwere, süße und fette Nahrung zu verdauen. Die Rede ist von der Bauchspeicheldrüse, die weitere wichtige Arbeitsplätze auf 1,5 Millionen Zellinseln bietet: Dort produzieren Hormonfabriken das Insulin und Glukagon für den Auf- und Abbau unseres Blutzuckers. Ärzte zollen dem fleißigen, aber störanfälligen Hochleistungsorgan großen Respekt – sie fürchten vor allem das Pankreaskarzinom, eine der aggressivsten Krebsarten bei Mann und Frau.
Die schlechte Nachricht: Deutschlandweit erkranken pro Jahr 21.000 Menschen, 90 Prozent von ihnen sterben. Das liegt auch daran, dass es, anders als etwa bei Darmkrebs, keine gesetzlich geregelte Vorsorge gibt. Betroffene gehen oft sehr spät zum Arzt, weil sie ihre Beschwerden nicht klar zuordnen können. Von diffusem Unwohlsein über Gewichtsverlust bis Juckreiz und Rückenschmerzen: „Die Symptome bei Pankreaskrebs sind leider nicht so typisch, dass jeder Betroffene direkt Verdacht schöpft“, sagt Privatdozent Christophe André Müller, der das zertifizierte Pankreaskrebszentrum am Rems-Murr-Klinikum Winnenden leitet.
2017 entstand das Pankreaskrebszentrum
Als Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie hat Müller ein weites Feld im Bauch des Patienten vor sich. Und kennt außer der Bauchspeicheldrüse natürlich auch alle anderen Eingeweide – von der Speiseröhre über die Leber bis zum Enddarm. Müller hat es die Bauchspeicheldrüse besonders angetan. „Das ergab sich eigentlich schon sehr früh“, sagt der Schweizer, der jedes Wort, jeden Schritt und jeden Schnitt durchdenkt. In Bern zum Arzt gereift, hat Müller dort die Pankreasmedizin erlernt, danach in Heidelberg am Europäischen Pankreaszentrum vertieft und zuletzt am westdeutschen Pankreaszentrum in Bochum als leitender Oberarzt mit etabliert.
2012 wurde er für den Ausbau der Allgemein- und Viszeralchirurgie übergangsweise ans Waiblinger Kreiskrankenhaus geholt, 2014 zog man ins neue Winnender Rems-Murr-Klinikum um, 2016 baute Müller mit den Kollegen der Gastroenterologie und Onkologie zunächst das zertifizierte Darmzentrum und ein Jahr später das zertifizierte Pankreaskrebszentrum auf. Zertifiziert bedeutet: Zentrumsleiter Müller und sein Fachteam werden jedes Jahr von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) überprüft, arbeiten nach definierten Standards und Leitlinien und lassen die Ergebnisse ihrer Arbeit kontrollieren. Lohn der Mühe für Ärzte und Patienten: Winnenden ist eines von nur 17 baden-württembergischen Pankreaskrebszentren, welches DKG-zertifiziert ist und damit ein Höchstmaß an Qualität und Sicherheit bietet.
Spezialwissen und Erfahrung treffen auf auf Universitätsmedizinniveau
Die gute Nachricht für Pankreaskrebsbetroffene in der Region lautet deshalb: Im Zentrum können Spezialisten mit einer Kombination aus Operation, Chemotherapie und weiteren Behandlungen helfen. Müller vertraut auf kollegiale Expertise unter dem breiten Dach des ebenfalls zertifizierten Onkologischen Zentrums. Hier treffen Spezialwissen und geballte Erfahrung auf Universitätsmedizinniveau. Ergänzt wird die medizinische Behandlung durch ein Team aus onkologischen Fachpflegekräften, Psychoonkologen, Physiotherapeuten sowie Ernährungs- und Sozialberatung.
Einmal pro Woche kommt die Expertenrunde zur Tumorkonferenz zusammen, um individuell Befund und Therapie jedes einzelnen Falls zu besprechen. Bei Gefahr im Verzug können sich die Chefärzte der verschiedenen Disziplinen jederzeit abstimmen, weil alle am Standort Winnenden arbeiten. Bei Krebs im Bauch sind das unter anderem Viszeralchirurgiechefarzt Müller als Fachmann für die operative Pankreaskrebstherapie, Onkologiechefarzt Professor Markus Schaich für die passende Kombination mit einer Chemotherapie sowie Professor Steffen Kunsch, Chefarzt Innere Medizin und Gastroenterologie. Er übernimmt als stellvertretender Leiter des Pankreaskrebszentrums die Risikoeinschätzung, ob eine Zyste in der Bauchspeicheldrüse zunächst überwacht oder sofort von den Teams der Kollegen Müller und Schaich therapiert werden muss. „Patienten fragen dann schon öfter: ‚Muss ich dazu in eine Uniklinik?‘ Und sind froh zu hören, dass wir hier im Rems-Murr-Kreis für die Pankreaskrebstherapie top ausgerüstet sind“, sagt Kunsch. pm