Kommentar: Jetzt ist Öcalans Stunde
Kommentar: Jetzt ist Öcalans Stunde
Von Gerd Höhler
Militärisch ist die einst mächtige Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) schon lange geschwächt. Aber zu Himmelfahrtskommandos wie dem Terroranschlag von Ankara sind ihre fanatisierten Kämpfer immer noch in der Lage. Ein mögliches Motiv für das Attentat: Die Hardliner wollen den sich anbahnenden Entspannungsprozess im Kurdenkonflikt torpedieren – für sie ist der bewaffnete Kampf zum Selbstzweck geworden.
Jetzt könnte die Stunde des PKK-Chefs Abdullah Öcalan schlagen. Obwohl, oder gerade weil er seit 25 in Isolationshaft sitzt, sehen Millionen Kurdinnen und Kurden in ihm ihren Anführer. Öcalans Wort hat Gewicht. Ohne „Apo“, wie seine Anhänger ihn nennen, wird es kaum eine friedliche Lösung des Konflikts geben. Das weiß auch die Regierung – und bringt nun eine Begnadigung des einstigen Top-Terroristen ins Gespräch.
Uneigennützig sind die Avancen des Staatschefs Recep Tayyip Erdogan aber nicht. Er braucht im Parlament die Unterstützung der Kurdenpartei DEM für seine geplante Verfassungsänderung. Damit will er sich die Möglichkeit einer weiteren Amtszeit sichern. Die Verfassung verbietet eine erneute Kandidatur. Die Kurden versucht er mit dem Versprechen auf mehr Minderheitenschutz in der neuen Verfassung zu ködern. Jetzt wird es darauf ankommen, welche politischen und kulturellen Rechte er der kurdischen Volksgruppe zugestehen will. Dazu schweigt der Staatschef aber bisher.