Kommentar: Leben Autobauer aus der Substanz?
Kommentar: Leben Autobauer aus der Substanz?
Von Klaus Köster
1,3 Milliarden Gewinn hat der VW-Konzern in den ersten neun Monaten mit seiner Kernmarke Volkswagen erwirtschaftet. Das klingt gut – aber nur auf den ersten Blick. Innerhalb von neun Monaten hat sich die Gewinnspanne damit halbiert, von schwachen vier auf nun hauchdünne zwei Prozent.
Schon heute reichen die Einnahmen der deutschen Industrie-Ikone nicht mehr, um Zukunftsprojekte zu finanzieren – die Marke lebt aus der Substanz. Dass in dieser Situation allen Ernstes über Gehaltserhöhungen von sieben Prozent verhandelt wird, wirkt wirklichkeitsfremd. So richtig es ist, dass die Betriebsparteien über Zukunft und Verteilungsspielräume streiten: Über die wirtschaftliche Lage derart hinwegzusehen, zeugt nicht von Realitätssinn. Sollte sich die Arbeitnehmerseite durchsetzen, erzielt sie einen Pyrrhussieg: Woher soll das Geld kommen? Lange wurden deutsche Löhne durch Gewinne aus China subventioniert, wo man billig produzieren und später die teuersten Autos zu teils immensen Preisen verkaufen konnte – auch bei Mercedes. Nun überflügelt China seinen Lehrmeister, verkauft immer hochwertigere Autos zu konkurrenzlos günstigen Preisen. Und deren Offensive auf europäischen Märkten steht erst bevor.
Es wäre viel gewonnen, wenn es nur gelingt, der sich beschleunigenden Erosion der wirtschaftlichen Basis Einhalt zu gebieten. Nichts aber wäre weltfremder als die Hoffnung, dass alte Zeiten wiederkommen.