Kommentar: Realität kommt in Wolfsburg an
Kommentar: Realität kommt in Wolfsburg an
Von Klaus Köster
Stuttgart - Hört man die Verlautbarungen von Volkswagen und der IG Metall zum Sparprogramm, kann man kaum glauben, dass beide über die gleiche Vereinbarung reden. Der Vorstand, so die Gewerkschaft, habe jetzt „Gewissheit, dass bei Volkswagen Veränderungen gegen den Willen der Belegschaft zum Scheitern verurteilt sind“. Der Vorstand dagegen weist nüchtern darauf hin, dass man sich sich auf den sozialverträglichen Abbau von 35 000 Arbeitsplätzen geeinigt habe.
Wenn beide Seiten den Kompromiss so überzeugt als Erfolg deuten, ist das allemal besser als das Gejammer, das Arbeitgeber ansonsten oft anstimmen, kaum dass sie einen Tarifvertrag unterschrieben haben. Noch vor drei Jahren musste der damalige Konzernchef Herbert Diess seine Andeutung, bis zu 30 000 Stellen müssten wegfallen, mit seinem Arbeitsplatz bezahlen. Nun stimmt die gleiche Gewerkschaft, die ihm damals das Vertrauen entzogen hat, einem noch höheren Abbau zu. Die Realität ist in Wolfsburg angekommen.
Die Konkurrenz wird allerdings nicht warten, bis VW in den nächsten Jahren seine Schritte umsetzt. Ob die Einigung greift, werden die Märkte zeigen. Mit dem jahrelangen Ausschluss von Kündigungen legt VW den Beschäftigten daher einen ungedeckten Scheck unter den Weihnachtsbaum. Denn am Ende sichern nicht die Tarifparteien die Jobs, sondern die Kunden. Um diese muss man sich jetzt dringend wieder kümmern.