Kommentar: Von Zielmarken und Obergrenzen
Kommentar: Von Zielmarken und Obergrenzen
Von Rebekka Wiese
Die Zahlen müssen sinken. Das war die Forderung, die man in den vergangenen zwei Jahren ständig hörte, wenn sich Vertreter der Länder trafen, um über Asyl und Migration zu sprechen. Was dabei fast unterging: dass die Zahlen in diesem Jahr stark gesunken sind. Gingen im Oktober 2023 noch fast 32 000 Asylerstanträge ein, waren es in diesem Jahr im selben Monat nur knapp 20 000.
Auf die Debatte wirkte sich das nicht aus. Nun hat der sächsische Landesinnenminister Armin Schuster (CDU) gefordert, dass die Zahl der Asylerstanträge für mehrere Jahre deutlich unter 100 000 Asylerstanträgen im Jahr liegen müsste. Erreichen ließe sich das mit Zurückweisungen, fügte er hinzu. Doch das ist keine sinnvolle Forderung. Die Asylfrage lässt sich nur europäisch lösen – und mit realistischen Erwartungen.
Realistisch ist Schusters Zielmarke jedenfalls nicht. Deutlich unter 100 000 lag die Zahl der Asylerstanträge zuletzt im Jahr 2012, die Welt hat sich seitdem grundlegend verändert. Was die Zurückweisungen angeht, ist noch immer unklar, ob der Vorschlag rechtlich umsetzbar wäre. Dass die Zahl der Asylerstanträge in diesem Jahr so stark zurückgegangen ist, lag unter anderem an Vereinbarungen, die die Europäische Union mit nordafrikanischen Staaten getroffen hatte. Das zeigt: Es ist besser, Migration europäisch zu regeln als im Alleingang. Humanitäre Prinzipien sollte man dabei übrigens auch nicht vergessen.