Bayaz: Stabiler Haushalt ohne die „ganz großen Sprünge“

dpa/lsw Stuttgart. Alle wollen Geld: Gewerkschaften für Tarife, Kommunen für Betreuung und Digitales, Naturschützer für den Auerhahn und Schulen für mehr Lehrerstellen. Finanzminister Danyal Bayaz spürt den Gegenwind. Und wirbt um Verständnis für kleinere Sprünge.

Finanzminister Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Finanzminister Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hat seinen Etatentwurf für das kommende Jahr gegen die starke Kritik von Opposition und Verbänden als „Haushalt der Stabilität und des Übergangs“ verteidigt. Es könnten allerdings auch nicht alle Wünsche erfüllt werden, bat Bayaz um Verständnis bei der Vorstellung der Regierungspläne im Landtag. Trotz der Milliardenausgaben in der Corona-Pandemie mache die Landesregierung zwar „gezielte Schritte in die richtige Richtung“, sagte der Finanzminister am Mittwoch. Er ergänzte aber: „Wir machen nicht die ganz großen Sprünge, das gehört zur Wahrheit dazu“.

Dies gilt unter anderem für den Schulbereich, wie Bayaz sagte. Es seien zwar 130 Millionen Euro eingeplant, um Bildungsrückstände an den Schulen aufzuholen, zudem werde in 200 neue Lehrerstellen investiert. Aber: „Wir können noch nicht alles realisieren, was wir uns gerne wünschen würden“, sagte Bayaz. Am Vortag war bekannt geworden, dass Landeskultusministerin Theresa Schopper (Grüne) bei den Haushaltsverhandlungen mit ihren Wünschen für Hunderte weitere Stellen abgeblitzt war.

Bayaz wies erneut auf mögliche Haushaltsrisiken hin. So sei die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst abzuwarten. Unter anderem hatte die Lokführergewerkschaft GDL mit 3,3 Prozent abgeschlossen, in der mittelfristigen Finanzplanung geht die Regierung aber nur von einem Plus von 2,1 Prozent aus. Er habe „schon auch ein paar Sorgenfalten auf der Stirn“, hatte Bayaz bereits nach dem Beschluss über den Entwurf gesagt.

Dieser sieht vor, dass die Regierung im nächsten Jahr keine neuen Schulden aufnimmt und knapp eine halbe Milliarde Euro der Corona-Kredite tilgen will. Zudem will Grün-Schwarz rund 915 Millionen Euro investieren, allerdings fließt der Großteil der Ausgaben in schon länger festgelegte politische Projekte. Bayaz musste zahlreiche Wünsche für Mehrausgaben abwehren. Der Minister hofft aber darauf, dass die Steuerschätzung im November positiv ausfällt und dem Land weitere Spielräume eröffnet.

Grund für die begrenzten Spielräume im Haushalt sei vor allem die massive Corona-Krise. „Eine Krise, die Spuren in der Gesellschaft hinterlassen hat, eine Krise, die aber auch Spuren in unseren öffentlichen Haushalten hinterlassen hat“, sagte Bayaz. Das Land habe sich massiv verschuldet. „Eine so eine Jahrhundertkrise steckt auch der Stärkste nicht einfach weg.“

Der Fraktionschef der SPD, Andreas Stoch, warf Bayaz und der Landesregierung dennoch vor, „weder die Zukunft noch den Zusammenhalt unseres Landes im Blick“ zu haben. Unter anderem investiere sie im Bundesland mit den höchsten Mieten nichts in den Wohnungsbau, sagte Stoch der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb fordern wir ein Investitionsprogramm in Höhe von 400 Millionen Euro für bezahlbare Wohnungen und die Zukunftsfähigkeit der Innenstädte“, sagte der Sozialdemokrat.

Auch das Thema Mobilität werde zunehmend zur sozialen Frage. „Deshalb muss das 365 Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr schnell erweitert werden. Nicht nur für Schüler und Studenten, sondern auch für alle Senioren und als Sozialticket“, forderte Stoch. Einer Ausweitung hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) allerdings bereits am Dienstag bis auf Weiteres eine Absage erteilt. Es gebe derzeit keine sichere Finanzierungsprognose, zudem müsse zunächst die Steuerschätzung abgewartet werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht von „schlechten Nachrichten für die Bildungspolitik“ und einem enttäuschenden Haushaltsentwurf. Es fehlten mutige Investitionen, um benachteiligte Kinder und Jugendliche so gut wie möglich zu unterstützen. Die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein forderte, dass zusätzliche Mittel für die Schulen nach einem Sozialindex verteilt werden. Das Geld müsse vorrangig dahin fließen, wo es die Schulen am dringendsten benötigen. „Das würde zum Beispiel dafür sorgen, dass Schulen in sozialen Brennpunkten mehr Lehrkräfte und weitere pädagogische Profis erhalten“, sagte Stein.

Über den Etat-Entwurf will der Landtag erst bei seiner nächsten Sitzung beraten. Die zweite Haushaltslesung findet am 15., 16. und 17. Dezember statt. Am 22. Dezember will der Landtag den Haushalt verabschieden.

© dpa-infocom, dpa:211027-99-759094/3

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Erstellt:
27. Oktober 2021, 15:53 Uhr

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