Deutschlands Städte mit Rekorddefizit
Kommunen stehen mit fast 25 Milliarden in der Kreide
Knapp 25 Milliarden Euro beträgt das Finanzierungsdefizit in den Kern- und Extrahaushalten der Gemeinden. Treiber waren die Sozialleistungen, erklärt das Statistische Bundesamt.

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Um die Finanzen ist es in vielen Städten Deutschlands derzeit ziemlich schlecht bestellt.
Von Markus Brauer/AFP/dpa
Die deutschen Städte und Gemeinden haben im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit von 24,8 Milliarden Euro verzeichnet. Dies war das höchste kommunale Finanzierungsdefizit seit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag (1. April) in Wiesbaden unter Berufung auf vorläufige Ergebnisse mitteilte.
Lage der kommunalen Haushalte ist „katastrophal“
- Gegenüber dem Vorjahr wuchs das Defizit deutlich. Damals hatte es 6,6 Milliarden Euro betragen.
- Die Ausgaben der kommunalen Kern- und Extrahaushalte stiegen demnach mit 12,6 Prozent zum Vorjahr deutlich stärker als die Einnahmen mit 7,6 Prozent.
- Das Defizit sei vor allem auf die kommunalen Kernhaushalte zurückzuführen, heißt es seitens Destatis. Mit 24,3 Milliarden Euro war es 2024 fast viermal so hoch wie 2023.
- Die Extrahaushalte wiesen ein Defizit von 0,5 Milliarden Euro auf. 2023 hatten sie ein Defizit von 0,3 Milliarden Euro verbucht.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, bezeichnet die Lage der kommunalen Haushalte als „katastrophal“. „Die Zahlen übersteigen unsere ohnehin schon schlimmen Erwartungen“, erklärt Dedy. Als ersten Schritt fordert er einen höheren Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. Zudem müssten Bund und Länder dafür sorgen, „dass uns die Sozialausgaben nicht weiter über den Kopf wachsen“.
Der Deutsche Landkreistag spricht sich ebenfalls für Reformen der Finanzverteilung aus. „Derartig hohe Ausgabenzuwächse hält kein Haushalt aus“, betont der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Hans-Günter Henneke. Kritik übt Henneke unter anderem an Regelungen für ukrainische Geflüchtete, die Zugang zum Bürgergeld erhalten. „Das sollte für neu einreisende Ukrainer wegfallen“, fordert Henneke.
Sozialleistungen treiben treiben kommunale Haushalte nach oben
Ausgabentreiber waren den Angaben des Statistikamts zufolge vor allem Sozialleistungen, auch vor dem Hintergrund gestiegener Regelsätze bei Sozialhilfe und Bürgergeld. Die höheren Leistungssätze führten auch dazu, dass mehr Menschen solche Leistungen in Anspruch nehmen konnten.
- Die Sozialausgaben der Kommunen stiegen laut Angaben um 11,7 Prozent auf 84,5 Milliarden Euro.
- Die Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII erhöhte sich um 12,4 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro.
- Für Kinder- und Jugendhilfe gaben die Kommunen 18,3 Milliarden Euro aus – ein Plus von 17,1 Prozent.
- Auch die Eingliederungshilfe nach Sozialgesetzbuch IX verteuerte sich um 13,6 Prozent auf 22,7 Milliarden Euro.
- Die kommunalen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld) einschließlich Bildungspaket stiegen um 4,4 Prozent auf 15,4 Milliarden Euro.
- Dazu gehörten Leistungen für Unterkunft und Heizung. Diese waren von der Entwicklung der Miet- und Energiekosten abhängig und stiegen auf 14,6 Milliarden Euro – ein Plus von 4,5 Prozent.
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz stiegen um 3,3 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro.
Tarifabschlüsse und Personalausbau belasten die Kassen
Auch die Personalkosten erhöhten sich laut den Bundesstatistikern.
- Die Kernhaushalte zahlten 88,1 Milliarden Euro für Personal – 8,9 Prozent mehr als 2023. Dies lag vor allem an Tarifsteigerungen und einem Personalzuwachs.
- Die bereinigten Einnahmen der kommunalen Kernhaushalte lagen 2024 mit 338,5 Milliarden Euro um 3,5 Prozent höher als im Jahr 2023.
Steuereinnahmen verharren quasi auf bisherigem Niveau
Dabei stiegen die Steuereinnahmen der Kommunen kaum:
- Demnach war ein Anstieg durch Steuereinnahmen von 1,5 Prozent auf 132,1 Milliarden Euro zu verzeichnen. Ausschlaggebend war der schwache Zuwachs bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer um 0,3 Prozent auf 62,1 Milliarden Euro.
- Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer legte um 2,1 Prozent auf 46,1 Milliarden Euro zu. Dagegen veränderte sich der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer mit einem Plus von 0,7 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro kaum.
- Die sogenannten Schlüsselzuweisungen der Länder an die Kommunen erhöhten sich um zwei Prozent auf 51 Milliarden Euro. Investitionszuweisungen an die Kommunen stiegen um 2,2 Prozent auf 13,9 Milliarden Euro.
Die Kernhaushalte nahmen zudem deutlich über die Einnahme von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren zu. Hier ergab sich ein Plus von 7,5 Prozent.