Komplett regenerativ und ohne Blackout

Aktionsbündnis Bürgerenergiekonzept in Weissach gegründet – Gruppe setzt sich für radikale Umkehr in der Stromversorgung ein

In Weissach hat sich ein Aktionsbündnis Bürgerenergiekonzept – 100 Prozent Energie von der Sonne formiert. Die Gruppe setzt sich dafür ein, dezentrale, autonome und notstromfähige Strukturen zu schaffen. Über die reine Selbstversorgung hinaus wird an Gemeinschaftsanlagen und Zusammenschlüsse innerhalb von Nachbarschaften, Wohnquartieren und Ortschaften gedacht.

Mehr Fotovoltaik auf die Dächer: Strom aus Sonnenenergie steht im Fokus des Konzepts. Foto: Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg

Mehr Fotovoltaik auf die Dächer: Strom aus Sonnenenergie steht im Fokus des Konzepts. Foto: Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg

Von Armin Fechter

WEISSACH IM TAL. Die Kritik der Akteure setzt bei den großen Energiekonzernen an, die die Netze beherrschen, und richtet sich auch gegen die Politik, die eine modernere Entwicklung hemme. „Man hält am Alten fest und denkt nicht übers Neue nach“, moniert Dieter Schäfer, Vorstand der Energiegenossenschaft Murrhardt und eine treibende Kraft im Aktionsbündnis. Wer wirklich das Klima schützen und eine Wende hin zu den erneuerbaren Energien will, der müsse überlegen, wie dies funktionieren kann, und dann Schritt für Schritt darauf hinarbeiten, postulieren die Akteure.

Für das Bürgerenergiekonzept wurden bei einem ganztägigen Workshop mit Fachleuten Grundzüge erarbeitet. Es beschreibt nach Schäfers Worten, was heute schon gemacht werden kann – mit dem Blick auf das Mögliche in der Zukunft.

Grundzüge für eine dauerhafte und zuverlässige Vollversorgung

Silke Müller-Zimmermann aus Weissach im Tal, die unter anderem im dortigen Klima-Kultur-Zentrum engagiert ist, ergänzt: „Wir müssen in alle Richtungen denken.“ Es gehe darum, wie die Erzeugung sinnvoll ausgebaut und eine Vollversorgung mit Solarstrom, Wasser- und Windkraft sowie Biomasse organisiert werden kann, und zwar dauerhaft und zuverlässig.

Dezidiert erklärt das Aktionsbündnis, dass es nicht ausreiche, nur zu erzeugen und zu nutzen. Es gelte auch, Schwankungen zu bewältigen, die bei wetterabhängigen Anlagen auftreten: „Wir müssen auch speichern, um ein Zuviel einzulagern oder eine zu geringe Erzeugung aufbessern zu können.“ Mitunter müssten lange Phasen geringen Windes und geringer Sonneneinstrahlung überbrückt werden. Nicht nur das: Es geht auch darum, einen Komplettausfall verhindern zu können. Schäfer verweist auf Aktivitäten in der Steiermark. Dort werde in mehreren Orten intensiv an einer Blackout-Prävention gearbeitet und Haushalten auch eine notstromfähige Eigenversorgung empfohlen.

Dazu braucht es Speicherkapazitäten. Zwei Varianten dazu hat das Bündnis diskutiert, zum einen den Salzwasserspeicher, der eine umweltfreundliche Lösung biete, weil heimische Materialien für den Bau verwendet werden können, der aber relativ viel Platz braucht und nur stationär nutzbar ist, und zum anderen den Speicher von Riva mit Batterien auf Lithium-Eisenphosphat-Basis. Diese Akkus stecken in einem Metallgehäuse beliebiger Größe bis hin zu Containern und können mitgenommen werden, um beispielsweise das Gartenhäuschen zu beleuchten. Diese Variante bietet sich, so Schäfer, auch für den Einsatz in Afrika an, wo zwei Drittel der Bevölkerung keinen Zugang zu Strom haben.

In diesem Zusammenhang sieht das Bündnis die gemeinschaftliche Erzeugung von Windkraft als sinnvoll an, einschließlich der Möglichkeit, den Strom nach Hause durchs Netz zu leiten. Dazu sei aber eine politische Kampagne nötig. Der bürgerschaftliche Stromaustausch solle dann mithilfe eines Lokalstrommarktes realisiert werden. Ein wichtiges Ziel sei deshalb, einen entsprechenden Modellversuch genehmigt zu bekommen.

Das Aktionsbündnis plant weitere Veranstaltungen: Bei einem Blackout-Abend unter dem Motto „Gute Nacht“ geht es um das Problem Komplettausfall. Anvisiert ist auch eine Besichtigung der Firma Riva GmbH Engineering. Ferner sollen Grundlagen für Subsidiarität im Bürgerenergiekonzept erörtert werden.

Infos bei Silke Müller-Zimmermann, E-Mail smuezi@klimaschutzweissachimtal.de und bei Dieter Schäfer, E-Mail dieter-schaefer@gedea.de.

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Erstellt:
30. September 2019, 16:00 Uhr

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