Konkurrenz für Telekom wächst
Bei der Breitbandversorgung im Rems-Murr-Kreis treten neben dem Telekommunikationsriesen nun zum Teil frisch gegründete Unternehmen ins Marktgeschehen ein. Michael Murer vom Zweckverband des Kreises erläutert im Ausschuss, wie es mit dem Ausbau im Kreis weitergeht.

Von Bernhard Romanowski
Rems-Murr. Es ist viel Bewegung in den Markt gekommen, so konnte man am Montag im Ausschuss für Umwelt und Verkehr des Kreises erfahren. Michael Murer, seines Zeichens Breitbandkoordinator im Landratsamt Rems-Murr-Kreis, erörterte den Ausschussmitgliedern, wie weit die Bemühungen beim Breitbandausbau mit Glasfaser für schnelles Internet im Kreisgebiet gediehen sind und was mittelfristig ansteht. Seit vergangenem Jahr ist demnach das Interesse auch anderer Fachunternehmen als der Deutschen Telekom an einem Ausbau im Rems-Murr-Kreis gestiegen.
„Das wird aller Voraussicht nach in diesem Jahr erste Früchte tragen und damit einen weiteren wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ausbauziele leisten. Die Firma Wisotel wird in den Glasfaserausbau einsteigen“, verkündete Murer am Montag. Als erste Gemeinde profitiere die Gemeinde Aspach von diesen Plänen. Weitere sollen in Kürze folgen. Auch andere Unternehmen haben Interesse an einem Ausbau. Allerdings seien hier die Gespräche mit den Kommunen und dem Zweckverband noch nicht abgeschlossen.
Teilweise neu gegründete Telekommunikationsunternehmen seien mit viel Kapital ausgestattet, das von deren Gesellschaftern aus den Bereichen Versicherungen, Pensionsfonds und Private Equity (Beteiligungsunternehmen) bereitgestellt wird. Kooperationen mit diesen Unternehmen auf kommunaler Ebene seien sinnvoll und würden ausdrücklich begrüßt. „Allerdings muss deren Ausbaukonzept mit unseren Zielen übereinstimmen. Hierbei sollten vor allem die Punkte flächendeckender Ausbau, Open Access (also Trennung von Nutzung und Errichtung/Betrieb eines Netzwerks, Anm. d. Red.) und ein zuverlässiger Service Bestandteil einer Kooperation sein“, so Murer. Um dies zu garantieren, werden auf Ebene der Gigabit-Region Stuttgart Gespräche mit den Unternehmen geführt, um die genannten Ziele und faire Bedingungen für beide Seiten einheitlich für die gesamte Region in den Kooperationsvereinbarungen zu garantieren. Bei der Gigabit-Region Stuttgart handelt es sich um eine gemeinsame Gesellschaft der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH, der Landeshauptstadt Stuttgart und der fünf Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr.
Die Gemeinde Oppenweiler beginnt demnächst mit der Ausschreibung der weißen Flecken
Besonders wichtig und vor allem Aufgabe des Zweckverbands Rems-Murr sei indessen die Koordination der Ausbaubestrebungen der Unternehmen untereinander, ohne in den Markt einzugreifen. „Ein eigenwirtschaftlicher Ausbau kann faktisch keinem Unternehmen verwehrt werden. Eine Absprache, wer welche Kommune ausbaut, ist kartellrechtlich nicht zulässig. Aufgrund des fortschreitenden Ausbaus und der Zahl der neu auf dem Markt agierenden Unternehmen wird es zwangsläufig zu Interessenskonflikten kommen, wenn mehrere Unternehmen in einer Kommune einen Ausbau planen“, so Murers Erläuterung dazu. Hier steuere der Zweckverband behutsam nach, um die Interessen in unterschiedliche Ausbaugebiete oder Kommunen zu lenken. Das Unternehmen Deutsche Glasfaser etwa ist in mehreren Gewerbegebieten in Backnang, Weinstadt und Winnenden aktiv in der Vermarktung. Im Zuge der für die kommenden zwei Jahre geplanten Ausbauprojekte der Telekom und anderer Netzbetreiber erhalten weitere Gewerbegebiete eine flächendeckende Anschlussmöglichkeit an das schnelle Internet. Für die dann noch nicht versorgten Gewerbegebiete können hernach noch Förderverfahren eingeleitet werden. Ein Glasfaserausbau durch andere Netzbetreiber war bisher fast ausschließlich in Gewerbegebieten zu beobachten: So wurden in Backnang, Leutenbach, Plüderhausen und Urbach sechs Gewerbegebiete durch Vodafone erschlossen und in Winterbach ein Gewerbegebiet durch die Stadtwerke Schorndorf.
Für den Ausbau in diesem und im nächsten Jahr hat die Telekom in Abstimmung mit dem Zweckverband weitere Ausbaugebiete in Planung. Im Gewerbegebiet Daimlerstraße in Rudersberg beginnt in den nächsten Wochen der Ausbau. Es folgt unter anderem ein erster Ausbau in Berglen. Weitere Ausbaugebiete sind für das zweite Halbjahr 2022 und für 2023 auch in Althütte, Aspach, Backnang, Großerlach, Murrhardt, Oppenweiler, Spiegelberg und Sulzbach an der Murr geplant. Dafür ist laut Murer unter anderem in Kommunen, in denen ein geförderter Ausbau durch die Deutsche Telekom bereits läuft, ein weiterer Ausbau im nicht förderfähigen Bereich direkt im Anschluss vorgesehen.
Beim Ausbauprojekt IKZ Stocksberg sind die Gemeinden Aspach und Spiegelberg beteiligt. Der Ausbau durch die NetCom BW ist beinahe abgeschlossen, die Inbetriebnahme steht demzufolge kurz bevor. Bei den Förderverfahren der Gemeinde Auenwald hat ebenfalls die NetCom BW den Zuschlag erhalten. In Weissach im Tal läuft aktuell noch die Ausschreibung und die Gemeinde Oppenweiler beginnt demnächst mit der Ausschreibung der sogenannten weißen Flecken. Bei den interkommunalen Verfahren IKZ Murrhardt und IKZ Aspach sowie beim Verfahren der Gemeinde Kaisersbach hat der Ausbau durch die Deutsche Telekom bereits begonnen. In Backnang wird dies noch für den März erwartet.
Zweckverband 2019 wurde der Zweckverband Breitbandausbau Rems-Murr in Kooperation mit der Deutschen Telekom gegründet, um die Kommunen im Landkreis in der Kooperation mit der Telekom und anderen Unternehmen zu beraten, mit technischem Sachverstand bei der Ausbauplanung zu begleiten und bei Förderanträgen zu unterstützen oder diese im Auftrag der Kommunen zu erarbeiten.
Auftakt Beim ersten Projekt wurde 2019 für etwa 1500 Haushalte und Unternehmen in Allmersbach im Tal und in zwei Gewerbegebieten ein Zugang zum Glasfasernetz hergestellt.
Innenstadt Backnang 2020 folgten weitere rund 13300 Anschlüsse in der Backnanger Innenstadt, in Fellbach-Süd und in den Winnender Ortsteilen (Schelmenholz und Hanweiler) sowie in acht Gewerbegebieten im Landkreis.
Baustart Oppenweiler 2021 begann zusätzlich der Ausbau in einem zweiten Bauabschnitt in Fellbach mit weiteren 3900 Haushalten und Unternehmen sowie in drei Gewerbegebieten. Ende 2021 folgte der Baustart in einem Gewerbegebiet in Oppenweiler.
30000 Anschlüsse Zusammen mit Glasfaseranschlüssen, die in Neubaugebieten und in Förderverfahren ausgebaut wurden, konnten bis Ende 2021 knapp 30000 Anschlüsse durch die Telekom hergestellt werden. Das entspricht rund 15 Prozent der Haushalte und Betriebe im Rems-Murr-Kreis, die allein durch die Telekom die Option auf einen Anschluss erhalten haben.
Gewerbegebiete Von den 114 Gewerbegebieten im Rems-Murr-Kreis sind 53 bereits mit Glasfaserleitungen versorgt. In laufenden Förderverfahren werden elf weitere in den nächsten zwei bis drei Jahren folgen. Bei weiteren vier läuft aktuell die Ausschreibung im Rahmen von Förderverfahren.