Kreissparkasse reduziert Präsenz vor Ort
Wenig frequentierte Zweigstellen werden geschlossen – In Burgstall und Großerlach wird der Service stark eingeschränkt
Die Kreissparkasse Waiblingen will ihr Filialnetz neu ausrichten. Was erst einmal harmlos klingt, hat für einige Kommunen im Rems-Murr-Kreis einschneidende Folgen. 13 der 81 Zweigstellen sollen ganz geschlossen werden, vier Filialen werden in SB-Filialen umgewandelt, an anderen Standorten wird das Serviceangebot stark reduziert.

© Pressefotografie Alexander Beche
In der Filiale der Kreissparkasse in Burgstall soll es künftig nur noch einen Service- und Beratungstag in der Woche geben. Foto: A. Becher
Von Lorena Greppo
WAIBLINGEN. Burgstettens Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz war außer sich, als sie in der jüngsten Gemeinderatssitzung vom Vorhaben der Kreissparkasse erzählte. „Das geht gar nicht“, sagte sie, nannte es einen „absoluten Witz“. Ursprünglich sei geplant gewesen, die Kreissparkassenfiliale in Burgstall zu schließen. Bei einem Treffen mit den Verantwortlichen habe sie sich dagegen jedoch vehement gewehrt, ließ Wiedersatz wissen. Hiernach sei ihr mündlich zugesichert worden, dass die Filiale mit dem gewohnten SB-Angebot geöffnet bleibt, dort aber ab dem 1. September nur noch an einem Tag pro Woche Beratung angeboten wird. Ähnlich erging es wohl auch Großerlachs Bürgermeister Christoph Jäger. Die Filiale in seiner Gemeinde hätte auch geschlossen werden sollen. Auf sein gutes Zureden hin sei der Kompromiss gefunden worden, dass die Filiale ebenso wie in Burgstall nun mit eingeschränkten Öffnungszeiten weiter betrieben werden solle. „Und der Geldautomat bleibt“, sagte Jäger. Glücklich sei er damit nicht, aber „ich kann damit leben – wissentlich, dass alles andere utopisch wäre“. Wenn die Beratung an dem einen Tag in der Woche fachkundig und umfassend sei, werde das auch von der Bevölkerung angenommen. Leutenbachs Bürgermeister Jürgen Kiesl hingegen zeigte sich „bestürzt“ angesichts der Tatsache, dass man den Kunden in Nellmersbach wie auch in Weiler zum Stein „ab 1. August nicht einmal mehr den Service eines Geldautomaten bieten will“. Auch er regt in diesen Fällen anstatt der kompletten Schließung reduzierte Öffnungszeiten an.
Umstrukturierung war schon im
Februar angekündigt worden
Die Argumente der KSK-Spitze sind schon weithin bekannt. Bei der Bilanzpressekonferenz im Februar dieses Jahres hatte die Vorstandsvorsitzende Ines Dietze das Vorgehen bereits angedeutet. Von den 81 Filialen im Rems-Murr-Kreis seien etwa 20 „Kleinstfilialen“, in denen gerade einmal ein oder zwei Mitarbeiter beschäftigt seien. Dass sie diesbezüglich Handlungsbedarf sah, war erkennbar. Nun ist es also so weit. Wie genau die Auswahl getroffen wurde und ob vielleicht auch für andere Filialen noch Verhandlungsspielraum besteht, wollten die Vertreter der Kreissparkasse derzeit nicht sagen. Pressesprecher Axel Kröninger verwies auf eine Pressekonferenz zur Neuausrichtung des Filialnetzes, die die Kreissparkasse am Montag, 18. Juni, angesetzt hat. „Dort erklären wir Ihnen die Hintergründe“, kündigte er an. Im Schreiben an die Burgstettener Bürgermeisterin wurden hingegen diverse Gründe für die Überarbeitung des Filialnetzes genannt. Die Inanspruchnahme der Serviceleistungen verlagere sich immer mehr ins Internet. „Das führt dazu, dass die Filiale vor Ort bei einfachen Servicethemen immer weniger genutzt wird“, heißt es weiter. Und wenn etwas vor Ort erledigt wird, dann doch eher in der Nähe des Arbeitsplatzes oder in Verbindung mit einem Einkauf – sprich: in der nächstgrößeren Stadt. Zudem habe man das Nutzungsverhalten der eigenen Kunden genau untersucht und dabei festgestellt, dass zum einen die Filialen unterschiedlich stark frequentiert werden und dass zum anderen das eigene Filialnetz in Größe, Angebot und Qualität nicht mehr zeitgemäß sei. Für den Handlungsbedarf bei der Kreissparkasse äußerten sowohl Christoph Jäger als auch Irmtraud Wiedersatz und Jürgen Kiesl Verständnis. „Auch eine Kreissparkasse muss wirtschaftlich denken“, räumt Jäger ein. Eine Filiale, in die nur ein oder zwei Besucher am Tag kämen, sei schwer zu rechtfertigen. „Insofern halte ich die Pläne für nachvollziehbar.“
„Radikaler Rückzug
aus der Fläche“
Mit den konkreten Auswirkungen sind jedoch nicht alle einverstanden. „Auf der Strecke bleiben die Alten, die nicht mobil sind, und die 17- und 18-Jährigen, die noch kein Auto fahren“, monierte Wiedersatz. Das könne nicht angehen. Die am nächsten gelegenen Filialen von Burgstetten aus sind Backnang und Kirchberg – dorthin auszuweichen sei eine „echte Zumutung“. Dass die Filiale in Burgstall nur schwach frequentiert werde, zieht die Bürgermeisterin außerdem in Zweifel. Im Gespräch seien ihr Folien vorgelegt worden, in denen von nur drei Besuchern pro Tag die Rede war. Jedes Mal wenn sie selbst die Filiale betrete, seien dort aber auch noch andere Kunden. Manchmal müsse man sogar Schlange stehen. In Richtung des Landrats Richard Sigel, der das Anschreiben der Kreissparkasse ebenfalls unterzeichnet hat, richtete sich die Wut der Bürgermeisterin ebenfalls. „Ich find‘s keinen guten Stil“, befand sie. Der Landrat solle aufseiten der Kommunen stehen.
Jürgen Kiesl wandte sich mit einem Brief an den Landrat, in dem er die Frage stellte: „Ist ein solch radikaler Rückzug aus der Fläche tatsächlich im Sinne des Verwaltungsrats und des Kreistags?“ Auch er merkte an, dass gerade körperlich eingeschränkte Bürger dadurch in der Teilhabe am öffentlichen Leben spürbar beeinträchtigt werden könnten. Dass von den Schließungsabsichten in Burgstall und Großerlach abgesehen wurde, nimmt Kiesl zum Anlass, auch die komplette Schließung der beiden Filialen in Nellmersbach und Weiler zum Stein zu überdenken. Zumindest ein Geldautomat sei doch möglich. „So würde die Kreissparkasse für die Bürgerinnen und Bürger in den beiden Ortschaften weiterhin präsent sein.“ Diese Argumentation hatte auch Christoph Jäger gegenüber den Verantwortlichen bei der Kreissparkasse vorgebracht – dem gegenüber habe man sich aufgeschlossen gezeigt. „Mein Argument war: Für die Kreissparkasse und die Volksbank ist das riesige Plus gegenüber den Onlinebanken, dass sie vor Ort sind. Wenn man nicht mal mehr das Logo sieht, weil selbst der Geldautomat weg ist, dann fühlen sich die Kunden im Stich gelassen.“ Seinem Gefühl nach, habe das gefruchtet.
13 Filialen werden geschlossen Info Bis zum 1. Dezember 2018 will die Kreissparkasse Waiblingen insgesamt 13 schwach frequentierte Filialen sowie solche Zweigstellen, die sehr nah an anderen Filialen gelegen sind, in zwei Stufen schließen. Davon betroffen sind die Standorte: Murrhardt (Hörschbachstraße), Backnang (Stettiner Straße), Leutenbach (Nellmersbach und Weiler zum Stein), Schorndorf (Fuchshof, Miedelsbach, Schornbach) Weinstadt (Schnait) und Urbach-Nord, sowie die SB-Stellen in Backnang (Maubach), Auenwald (Lippoldsweiler), Fellbach (Cannstatter Platz) und Alfdorf (Pfahlbronn). Die vier Filialen in Murrhardt (Fornsbach), Waiblingen (Beinstein, Neustadt) und Weinstadt (Strümpfelbach) sollen künftig als SB-Filialen weitergeführt werden. Ab dem 1. September gelten außerdem neue Service- und Beratungszeiten in den Geschäftsstellen der Kreissparkasse. Eine Beratung ist dann von 8 bis 20 Uhr möglich. Wie die Kreissparkasse in einem Schreiben an die Kommunen mitteilt, werden die Servicezeiten je nach Filialtyp aufgrund der gesunkenen Nachfrage angepasst beziehungsweise reduziert. Die eingeschränkten Öffnungszeiten betreffen beispielsweise die Filialen in Burgstetten (Burgstall) und Großerlach. Hier hatte die Kreissparkasse Waiblingen ursprünglich eine Schließung vorgesehen, war aber nach eigenen Angaben auf die Impulse der Gemeindevertreter bei der Auswahl und Ausgestaltung der Standort eingegangen.