Krimispaziergang in Rietenau

Der Schwäbische Albverein hat am Tag des Schwäbischen Waldes zu einem Krimispaziergang nach Rietenau eingeladen. Der Krimiautor Jürgen Seibold hat rund 40 Teilnehmern beste Unterhaltung unter dem Motto „Obstwiese trifft Weinberg – Der letzte Most war tödlich“ geliefert.

Jürgen Seibold (rechts) macht mit den Teilnehmern des Krimispaziergangs Station am Pfarrgütle in Rietenau. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Jürgen Seibold (rechts) macht mit den Teilnehmern des Krimispaziergangs Station am Pfarrgütle in Rietenau. Foto: Tobias Sellmaier

Von Ute Rohrmann

Aspach. Mehr Genuss auf einmal kann man kaum haben: Was der Albverein zum Tag des Schwäbischen Waldes in Rietenau bot, war ein Sonntagnachmittag für Leib, Seele und Geist – und das alles bei schönstem Wetter. Initiator Albert Dietz, Vorsitzender des Schwäbischen Albvereins Ortsgruppe Backnang, fand die Gruppengröße von gut 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich den Krimispaziergang unter dem Motto „Obstwiese trifft Weinberg – Der letzte Most war tödlich“ gönnten, ideal.

Bewegung und zwanglose Begegnung in der wunderschönen Naturlandschaft rund um Rietenau, Wissenswertes über die Ortsgeschichte, das Dietz als kundiger Wanderführer immer wieder einstreute, unterhaltsame Krimiauszüge des erfolgreichen Autors Jürgen Seibold, der auch so manche Anekdoten aus seinem Schaffensprozess zum Besten gab, sowie Most- und Weinverkostungen samt Häppchen, die Weinbauer Jürgen Gruber mit seiner Freundin Antje Schultz reichten – all das und noch mehr war bei dem Spaziergang drin.

Furchtbarer Most inspiriert zu erstem Krimi

Der Obstanbau habe in dem kleinen Ort, der auch pietistisch geprägt sei, eine wichtige Tradition, erläutert Albert Dietz, nachdem die Spaziergänger ihren Bittenfelder Most verkostet haben, beim Obstlehrpfad des Obst- und Gartenbauvereins Rietenau. Pfarrer Luppold, der neben dem Seelenheil seiner Schäfchen auch ihre leiblichen Bedürfnisse im Blick hatte, machte sich nicht nur um Anbau und Pflege der Obstbäume verdient, sondern züchtete auch verschiedene Sorten. Noch heute ist das Kirchengrundstück als „Pfarrgütle“ bekannt.

Indes verriet Jürgen Seibold, dass der Most, den er in seiner Jugend kostete, ziemlich furchtbar schmeckte und diese Erfahrung ihn bei seinem ersten Krimi, „Endlich ist er tot“, inspirierte. Im Zusammenhang mit seinen Recherchen fragte der gelernte Journalist bei der Giftzentrale nach, ob Holzschutzmittel im Most denn tödlich sei. Wieso er das denn wissen wolle, so die misstrauische Nachfrage am anderen Ende der Leitung. „Ich schreibe einen Krimi“, sagte Seibold. – „Ach so... Nun ja, tödlich schon. Aber nicht sofort. Das könnte so zwölf bis 15 Jahre dauern“, so die Auskunft.

An der Tatwaffe fehlt die Blutspur

Somit war klar, dass neben dem verdorbenen Most noch eine Mordwaffe hermusste: Der allseits unbeliebte Bauer Greininger wurde mit einem Buchenscheit erschlagen. Den hatte der Autor bei dem Spaziergang übrigens dabei – allerdings fehlte an der Tatwaffe jede Blutspur. Wie dem auch sei: Der kleine schwäbische Ort Kallental (dahinter verbirgt sich Klaffenbach) ist, so erzählte Seibold, in Aufruhr. Die Kripo ermittelt. Dass Hauptkommissar Klaus Schneider aus Baden kommt, macht ihm den Auftrag nicht leichter. Der Mord stört, wo doch jetzt Mostobstzeit ist und Äpfel reingebracht werden müssen, findet etwa Ruth Wanner und nimmt mit Kurt Mader, der irgendwie immer noch Ortsvorsteher ist, eigene Ermittlungen auf.

Die spannenden Krimis von Seibold haben auch etwas Heiteres, Leichtes. Auch wenn die Fälle, wie er betonte, frei erfunden sind, werden sie durch das Lokalkolorit und die schwäbischen Dialoge lebendig. Als Service für Nichtschwaben bietet der hauptberufliche Autor, der neben Krimis auch Komödien verfasst, aber auch Synchronseiten im Internet mit Übersetzung ins Standarddeutsche.

Erzählungen zu Thaddäus Troll

Mit Geschichte, Geschichten und Kulinarischem ging es weiter. Originelle Instrumente zum Ausprobieren wie zum Beispiel eine Holzschlitztrommel präsentierte der örtliche Musikverein entlang der Rietenauer Tonspur. Da ist der Bänklespfad – Sitzbänke in Form von Skulpturen, die unter dem Motto „gucka, laufa, hogga“ zum Verweilen einladen. Albert Dietz erläuterte das alte schwäbische Wort „Gruhe“ und stellte den verdienten Rietenauer Dieter Weller vor, zu dessen Ehre eine Bank an einem tollen Aussichtspunkt aufgestellt wurde. Der Wanderführer erzählte zudem von Thaddäus Troll, dem bekannten Schriftsteller und schwäbischen Mundartdichter, der sich manches Mal in das von Legenden umwobene Mönchshäusle zurückgezogen habe. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war der Güldenkern mit dem großen Weinberg und der wunderbaren Sicht über die Backnanger Bucht, ebenso die Pause bei der Teichanlage der Fischereivereinigung Aspach.

Den Abschluss bildete die Einkehr bei dem traditionsreichen Familienunternehmen Weinbau Gruber. Zu dem herzhaften Vesper bot sich „an gscheidr Roséwein“ (Spätburgunder Rosé), „an gscheidr Rodwei“ (Trollinger-Lemberger) oder „an gscheidr Weißwei“ (Cuvée SW) – so die jeweilige Etikettenaufschrift – an. Und Krimiautor Jürgen Seibold zeigte seine musikalische Seite. Passend zu den Krimis hat er Lieder in petto, die er zur Gitarre singt.

Zur Person

Beruflicher Werdegang Jürgen Seibold, Jahrgang 1960, lebt mit seiner Familie nahe Stuttgart und arbeitet als freier Autor und Musiker. Er hat bei der Eßlinger Zeitung volontiert und dort als Redakteur gearbeitet, seit 1983 dann als freier Journalist für verschiedene Medien. Er gründete die Agentur „bold“ und ein Internetportal für Unterhaltungsthemen. Nach mehreren Sachbüchern erschien 2007 sein erster Roman, ein Rems-Murr-Krimi. Bisher wurden rund 530000 Exemplare seiner Romane verkauft.

Musik Früher war Seibold Bassist, Sänger und Songschreiber in verschiedenen Bands. Einige davon hat er auch mit gegründet, zum Beispiel Vera Cruz, Fennek oder Jack-A-Lynn. Nach einer längeren Pause hat er für einige seiner Krimifiguren Songs geschrieben, die er hin und wieder singt und spielt, manchmal steht er auch auf der Bühne mit Kollegen wie Zam Helga oder Martin Hofpower.

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Erstellt:
19. September 2023, 06:00 Uhr

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