Kritik an zögerlicher Haltung des Rechtsstaats

FDP-Landtagsabgeordneter Nico Weinmann stellt das Heilbronner Sicherheitsmodell im Backnanger Stadtblick vor

Nico Weinmann

© Pressefotografie Alexander Beche

Nico Weinmann

Von Carmen Warstat

BACKNANG.Nach dem Beschluss zur Aufstellung einer gemeinsamen Liste vom Backnanger Ortsverband der FDP und dem Bürgerforum BfB anlässlich der Gemeinderatswahlen im Mai 2019 (wir berichteten), fand nun der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe mit kommunalen Themen statt. Im Restaurant Stadtblick begrüßten Charlotte Klinghoffer (BfB) und Gudrun Wilhelm (FDP) Mitglieder und Freunde der beiden Vereinigungen. Zu einer „Stärkung der liberal-konservativen Inhalte“ solle die Veranstaltungsreihe beitragen und jeder Tag sei Wahlkampf, so die Frontfrauen der Liste. Mit Experten wolle man den „Blick über den Gartenzaun“ wagen. Dazu hatte man den FDP-Landtagsabgeordneten Nico Weinmann eingeladen, der zum Thema kommunale Sicherheit über das Heilbronner Modell „Kommunaler Ordnungsdienst und Streetwork“ sprach. Der Referent ist gelernter Bankkaufmann und Fachanwalt für Strafrecht. Im Landtag sitzt er dem Arbeitskreis Wissenschaft/Forschung/Kunst vor und unter anderem zwei Untersuchungsausschüssen bei.

In seinem Vortrag schilderte Weinmann, wie es zum Heilbronner Sicherheitsmodell kam und wie dieses sich gestaltet, um anschließend mit den Backnangern darüber zu diskutieren. Der Wunsch nach mehr Polizeipräsenz ging in Heilbronn vor allem vom Einzelhandel aus, der zunehmende Sicherheitsdefizite und ein Fehlen des Wohlgefühls auf den Straßen beklagte. Vor diesem Hintergrund wurde 2012 der kommunale Ordnungsdienst (KOD) ins Leben gerufen, der mit Streetworkern (etwa aus der Suchtkrankenhilfe) zusammenarbeitet und seither Kommunaler Ordnungsdienst und Streetwork (KOS) heißt. Im Unterschied zu herkömmlichen Modellen der Straßenarbeit sind die Angestellten hier uniformiert, und zwar um den Bezugspersonen (beispielsweise Obdachlosen, herumlungernden Jugendlichen, Angehörigen der Trinkerszene, anderen Drogenabhängigen) Respekt einzuflößen, ohne das Konzept der Niederschwelligkeit, Freiwilligkeit und aufsuchenden Dienstleistung aufzugeben. Die Einsatzkräfte fahren mit Autos, Pedelecs und Segways im Stadtgebiet, jeweils mindestens zu zweit, herum und zeigen Präsenz. Sie sind nicht bewaffnet, aber mit Mitteln für die Eigensicherung ausgestattet. Einsatzschwerpunkte sind etwa Parkanlagen und die Fußgängerzone, wo der KOS den Vollzug kommunaler Satzungen durchsetzen soll, will heißen: Die Leute sind angehalten, ihren eigenen Müll mitzunehmen und die Lärmschutzzeiten einzuhalten. Der KOS hat das Ziel, vor allem das subjektive Sicherheitsempfinden der Heilbronner zu verbessern, und versteht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zur Polizei. „Es ist ein teurer Spaß, aber lohnend“, so Weinmann, denn immerhin sei Heilbronn die sicherste Großstadt in Baden-Württemberg.

„Kann das Heilbronner Modell uns Vorbild sein?“, fragte Gudrun Wilhelm in die Runde und eröffnete damit die Diskussion über das Referat. Der teils sehr engagierte Meinungsaustausch erstreckte sich dann jedoch weit darüber hinaus und berührte auch Fragen des Zeugenschutzes und der Flüchtlingspolitik. Mehrfach wurde eine zu zögerliche Haltung des Rechtsstaates gegenüber (ausländischen) Straftätern beklagt, sodass der Referent Mühe hatte, Prinzipien der Verfassung zu verteidigen. Ebenso wurde die mangelnde Personaldichte bei den Gerichten scharf kritisiert. „Wir haben kein Müllproblem, sondern ein Sicherheitsproblem“, rief einer, und Nico Weinmann warnte vor einem Überwachungsstaat nach chinesischem Vorbild.

Im Anschluss bekam der junge FDP-Kandidat für die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019, Roland Fink, die Gelegenheit, sich vorzustellen und „in einem Parcours“ seine Ideen zu präsentieren. Fink plädierte für offene Binnengrenzen in Europa und resümierte: „Wenn wir offene Binnengrenzen wollen, müssen wir die Außengrenzen sichern.“ Hinsichtlich der Europaverdrossenheit vieler Bürger versicherte er: „Es gibt keine Entscheidung der EU, der die Bundesregierung nicht zugestimmt hat.“

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Erstellt:
15. Juni 2018, 06:00 Uhr

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