Schulreformen in Baden-Württemberg

Kritik wegen Kompass-Test reißt nicht ab

Opposition und Lehrerverbände kritisieren die Kultusministerin wegen des missglückten Viertklässlertests. In der Koalition rumort es, und die CDU dringt auf schnelle Aufklärung.

Kultusministerin Theresa Schopper

© dpa/Marijan Murat

Kultusministerin Theresa Schopper

Von Bärbel Krauß

Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) steht wegen des missglückten Kompass 4-Tests der Viertklässler weiterhin unter Beschuss. Die Kritik daran reißt nicht ab und überschattet die erste Landtagsdebatte über das große grün-schwarze Schulreformpaket von der frühkindlichen Sprachbildung in Kitas und Grundschulen bis zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums in diesem Schuljahr.

Lehrkräfte „nur als Ausputzer“ gefragt?

Nicht nur Bildungsverbände wie der Verein der Gemeinschaftsschulen und der Grundschulverband bekräftigten ihre Forderung nach einer sofortigen Aussetzung der verpflichtenden Grundschulempfehlung „bis eine tragfähige und rechtlich sichere Grundlage geschaffen ist und die fachlichen Mängel von Kompass 4 beseitigt sind“. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnt die neue Form der Grundschulempfehlung ab. Alle drei Verbände reiben sich daran, dass der Kompass-Test, der in diesem Jahr viel zu schwer ausgefallen ist, als konkurrierende Bewertung der Schülerleistungen installiert wird und die Lehrkräfte mit ihrer pädagogischen Einschätzung der Kinder lediglich die Rolle als Ausputzer zumesse.

Auch die Opposition im Landtag mochte an dem Bildungsreformpaket, das Ministerpräsident Kretschmann als das größte in 15 Jahren einstufte, kaum ein gutes Haar lassen. Der FDP-Bildungsexperte Timm Kern kritisierte alle Elemente der Bildungsreform: die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses, die mangelhafte Umsetzung des neunjährigen Gymnasiums, die Verbundschulen und die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung nur für Gymnasien. Die frühkindliche Sprachförderung ist in Kerns Augen zwar richtig, aber unterfinanziert. Der SPD-Bildungspolitiker Stefan Fulst-Blei sprach von „Chaos“ und einem wachsenden Frust bei den Gymnasien. Mit dem missglückten Kompass-Test, bei dem 86 Prozent der getesteten Viertklässler in Mathe nur Hauptschulniveau erreicht haben, habe Schopper es geschafft, einem ganzen Jahrgang von Zehnjährigen die Angst vorm Versagen zu vermitteln, wetterte Fulst-Blei. „Wie konnte ein so unausgereifter Test an die Grundschulen gelangen“, fragte der SPD-Politiker und wies Schopper die politische Verantwortung dafür zu.

Auch in der Koalition gibt es kritische Fragen

Auch in der grün-schwarzen Koalition löst die Prüfungspanne bei den Viertklässlern inzwischen Unruhe aus. Dass Kultusministerin Schopper die Überarbeitung des Tests angekündigt hat, wird zwar unisono als notwendig begrüßt. Ob es ausreichend ist, darüber gehen die Meinungen aber auseinander. Dass die Kinder in der Grundschule richtig Mathe lernen und weniger fachfremden Unterricht erhalten, nennt Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz als wichtigste Konsequenz, die aus den Problemen mit dem Test zu ziehen ist.

Der CDU-Bildungspolitiker Andreas Sturm lobte das Bildungspaket im Landtag insgesamt und betonte, die Reformen trügen zu einem begabungsgerechten, qualitätsvollen und leistungsfähigen Bildungssystem bei. Aber seine Fraktion dringt auch auf eine zügige Aufklärung der Prüfungspanne. Dass die Gesamtergebnisse von Kompass 4 erst Ende Januar vorliegen sollen, wird von der CDU als viel zu spät erachtet. Es gebe den klaren Auftrag an das Kultusministerium, die externe Evaluation voranzutreiben und die Ergebnisse früher als geplant vorzulegen, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Bei einer Sitzung des koalitionsinternen Arbeitskreises Bildung im Januar müsse die im Ministerium zuständige Abteilung II Rede und Antwort stehen.

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Erstellt:
18. Dezember 2024, 17:16 Uhr

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