Kühnle will Schlachtbetrieb in Backnang wieder öffnen
Im Backnanger Schlachthof an der Sulzbacher Straße laufen noch die Umbaumaßnahmen. Die Kühnle-Geschäftsführung bestätigt die Modernisierung der Betriebsabläufe und unter anderem Umbauten am sogenannten Wartestall. Noch steht kein Termin für die Wiedereröffnung fest.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Ein Jahr ist vergangen, seit das traditionelle Backnanger Fleischereifachgeschäft Kühnle in die Schlagzeilen geraten war. Damals hatte Kühnle „von sich aus“ und „vorsorglich“ den Schlachtbetrieb eingestellt, weil ihm Unregelmäßigkeiten beim Zutrieb und bei der Schlachtung von Rindern und Schweinen vorgeworfen worden waren.
Ein Jahr danach ist der Schlachtbetrieb an der Sulzbacher Straße immer noch geschlossen. Und doch hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan, vor allem baulicher Art. Die Geschäftsführung teilt mit, dass die Betriebsabläufe modernisiert wurden und weitere Umbaumaßnahmen erfolgt sind oder noch erfolgen werden. Die Umbaumaßnahmen betreffen unter anderem den sogenannten Wartestall. Auf Nachfrage teilt Kühnle mit: „Die Bauarbeiten für den Anbau an den Wartestall, der nach den neuesten Tierwohlkriterien geplant ist, haben begonnen. Aus heutiger Sicht ist mit einer Bauzeit von etwa drei Monaten zu rechnen.“ Zum Abschluss der Umbauarbeiten machen die Verantwortlichen keine konkrete Angaben, „im Moment können wir noch keinen Termin für die Eröffnung des umgebauten Schlachtbetriebs mitteilen“.
Wie erwähnt erfolgte die Schließung des Schlachthofs laut Kühnle vorsorglich. Die Geschäftsleitung entschied sich dazu, nachdem ihr das ARD-Magazin „Report Mainz“ einen Zusammenschnitt von heimlichen Videoaufnahmen aus dem Schlachtbetrieb präsentiert hatte. Wenige Tage danach wurde ein Report-Mainz-Beitrag mit Ausschnitten aus diesem Video deutschlandweit ausgestrahlt. Kühnle hatte sofort angekündigt, zur Aufklärung des Sachverhalts einen unabhängigen Gutachter hinzuziehen zu wollen. Schließlich waren die Aufnahmen von der sogenannten „Soko Tierschutz“ heimlich aufgenommen worden. Daher äußerte die Kühnle-Geschäftsführung immer wieder Zweifel, dass die Aufnahmen die tatsächlichen Zustände im Schlachtbetrieb widerspiegeln würden. So wurde etwa moniert, die Aufnahmen seien zusammengeschnitten worden.
Kühnle weist die Vorwürfe mit Verweis auf das BSI-Gutachten zurück
In einer aktuellen Stellungnahme weist Kühnle daher jetzt nochmals ausdrücklich darauf hin, „dass sich die Vorwürfe der selbst ernannten ,Soko Tierschutz‘ nach Einschätzung des unabhängigen Tierschutzinstituts BSI Schwarzenbek als falsch herausgestellt haben“. Die Veterinäre des BSI hätten die veröffentlichten Aufnahmen geprüft und hätten anhand dieser „keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz“ feststellen können. Das Institut BSI Schwarzenbek hatte der Backnanger Metzgerei Kühnle attestiert, dass „die Schlachtung der Tiere fachlich korrekt erfolgt“ ist. Den im Video gezeigten Tieren seien „keine länger anhaltenden Schmerzen und Leiden“ zugefügt worden (wir berichteten). Allerdings hatte sich daraufhin auch Friedrich Mülln von der „Soko Tierschutz“ nochmals zu Wort gemeldet und erklärt, das Ergebnis würde ihn nicht verwundern, da das Institut BSI, das mit dem Gutachten beauftragt worden war, „von der Fleischindustrie abhängig“ sei.
Zuerst werden nur Schweine geschlachtet, später auch wieder Rinder
Die Kühnle-Geschäftsführung blickt inzwischen voller Zuversicht nach vorne und erklärt: „Als einer der letzten in der Region verwurzelten Metzgereibetriebe beabsichtigen wir, den Schlachtbetrieb wiederaufzunehmen. Wir glauben, dass Kunden auch in Zukunft regionale Produkte und Waren von höchster Qualität zu schätzen wissen. Durch die beabsichtigte Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs bliebe zudem ein angemessener Selbstversorgungsgrad beim Fleisch in unserem Kreis erhalten.“
Das Veterinäramt des Landratsamts Rems-Murr-Kreis geht davon aus, dass bei Kühnle nach der Wiedereröffnung des Schlachtbetriebs zunächst Schweine und zu einem späteren Zeitpunkt Rinder aus regionaler Herkunft geschlachtet werden, „sofern der Betrieb das auch wünscht, die Umbaumaßnahmen abgeschlossen und vom Veterinäramt für tauglich befunden wurden“. Und weiter teilt das Amt mit: „Auf jeden Fall ist dem Landkreis ein regionaler Schlachtbetrieb wichtig, denn dadurch können lange Tiertransporte vermieden werden.“
Umbau Die Umbaupläne des Schlachtbetriebs wurden schon vor Monaten eingereicht. Ende Juli wurde vom Backnanger Baurechtsamt die Baugenehmigung erteilt. Die Baufreigabe ist vergangene Woche erfolgt.
Verbesserungen Die Firma Kühnle hat gemeinsam mit den beratenden Fachfirmen und einem Architekturbüro den Bestand analysiert, Verbesserungen vorgeschlagen und sie mit dem Regierungspräsidium Stuttgart, als Zulassungsbehörde für Umbauten in Schlachtbetrieben, und dem Veterinäramt besprochen. Alle Ansätze dienen der Verbesserung der Ablauforganisation, besonders der Reduzierung des menschlichen Eingriffs beim Abladen und Zutrieb der Tiere. Die Umbauten können nach Ansicht des Veterinäramts zu einer deutlichen Verbesserung der Betriebsabläufe beitragen. Ob die Maßnahmen greifen, kann erst im Rahmen einer ersten Schlachtung von Schweinen beurteilt werden.
Abstimmung Das Regierungspräsidium und das Veterinäramt hatten an der einen oder anderen Stelle noch Optimierungsbedarf gesehen und diesen angemerkt. Diese Punkte wurden eng mit Kühnle abgestimmt und in den überarbeiteten Plänen berücksichtigt. Die wichtigsten Punkte waren der stressfreie Zutrieb der Tiere und die sichere Durchführung der Betäubung. Diese sollen mittels baulicher/technischer Lösungen umgesetzt werden.
Eröffnung Für die Eröffnung des umgebauten Schlachtbetriebs ist ein gestuftes Vorgehen mit dem Veterinäramt abgestimmt worden. Zunächst soll die Schweine-, später die Rinderschlachtung wiederaufgenommen werden. Sobald die Umbauarbeiten abgeschlossen sind und die Schlachtungen unter Aufsicht des Veterinäramts erfolgreich durchgeführt wurden, wird die Schlachtung im Regelbetrieb wiederaufgenommen. Ein Datum kann noch nicht benannt werden.