Lehrer warnen vor Gesundheitsgefahren bei Schulöffnungen
dpa/lsw Stuttgart. Endlich wieder im Klassenverband in der Schule lernen - das soll für immer mehr Kinder und Jugendliche im Südwesten möglich werden. Doch die Lehrer mahnen zur Vorsicht.

Schüler arbeiten in einem Klassenraum. Foto: Oliver Berg/dpa/Symbolbild
Lehrerverbände warnen bei weiteren Schulöffnungen vor möglichen Corona-Infektionen. „Eine Öffnung für Präsenzunterricht bei Inzidenzen über 50 ist fahrlässig“, sagte GEW-Sprecher Matthias Scheider am Donnerstag in Stuttgart. Die entsprechenden Hinweise der Gesundheitsexperten des Robert Koch-Institutes seien ernst zunehmen. Auch der Philologenverband äußerte Bedenken.
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte angekündigt, weiterführende Schulen könnten selbst bei einer Corona-Inzidenz von mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen bald wieder in den Regelbetrieb gehen. Bislang war geplant, dass bei Werten zwischen 50 und 100 nur Grundschulen sowie die Grundstufen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und die Schulkindergärten zum Präsenzunterricht zurückkehren. Diese Regelung wird ab 11. Juni auf alle Schüler von Klasse fünf an ausgeweitet, die derzeit noch im Wechselunterricht sind. Schneider von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) betonte: „Die neue Ministerin wiederholt die Fehler der alten.“
Schopper nannte die Öffnung eine wichtige Perspektive für Familien. Viele Kinder und Jugendliche, aber auch ihre Eltern seien am Ende ihrer Kräfte, sagte sie den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag). Auch für die Lehrer und Schulleitungen sei eine Rückkehr zum Präsenzbetrieb unter Pandemiebedingungen ein erster Schritt im den gewohnten Schulalltag.
Der Philologenverband wünscht sich weitere Schulöffnungen, rät aber zur Vorsicht. „Zwar gibt es ein großes pädagogisches Bedürfnis nach Präsenzunterricht bei Lehrern und Schülern, aber der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss sichergestellt sein“, sagte Vorstandsmitglied Cord Santelmann. Die meisten Lehrer seien geimpft, die Schüler und ihre Familien aber nicht. Neben der Maskenpflicht müssten auch die Abstände zwischen den Schülern gewährleistet sein. Das sei gerade in der Unter- und Mittelstufe der Gymnasien mit vollen Klassen in kleinen Räumen schwierig. „Da muss dann gut überlegt werden, bei welcher Inzidenz Präsenzunterricht unter solchen Bedingungen verantwortbar ist“, sagte der Vertreter des Zusammenschlusses der Gymnasiallehrer.
Die Ministerin sagte: „Die sinkenden Inzidenzen, weitgehend geimpfte Lehrerinnen und Lehrer und das Testkonzept bieten uns jetzt eine echte Chance, dass wir auch an den Schulen zu mehr Normalität kommen.“
In Kommunen mit einem Inzidenzwert von mehr als 100 findet weiterhin Wechselunterricht statt. Ab einem Wert von 165 ist selbst dieser untersagt und muss durch Fernunterricht ersetzt werden. Bei einer Inzidenz von unter 50 in ihrem Stadt- oder Landkreis dürfen alle Schüler wieder in den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen gehen.
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