Lage hat sich fürs Wonnemar verschärft
Vier Monate nach der ersten Intervention hat nun der Insolvenzverwalter in allen fünf Betriebsgesellschaften und der Holding der Interspa-Gruppe das Sagen. Die Stadt Backnang hat nicht nur zuletzt einen großen Beitrag zur Instandhaltung des Bads geleistet.

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Der zweite Lockdown hat nun auch das Backnanger Erlebnisbad in die Knie gezwungen. Wie viele der derzeit 68 Arbeitsplätze erhalten werden können ist derzeit noch offen. Das Ziel bleibt, nach dem Ende des Lockdowns möglichst schnell wieder öffnen zu können. Foto: A. Becher
Von Matthias Nothstein
BACKNANG/STUTTGART. Vor vier Monaten hat das Backnanger Wonnemar erstmals Insolvenz angemeldet, damals noch in Form des besonderen Verfahrens der Insolvenz in Eigenverantwortung. Dies bedeutete, dass die eigene Geschäftsführung den Betrieb weiterführen konnte und nicht von einem Insolvenzverwalter abhängig war. Dieser Versuch muss nun als gescheitert angesehen werden. Christoph Möller, der für die Öffentlichkeitsarbeit der Interspa-Gruppe zuständig ist, verkündete gestern in einer Pressemitteilung: „Die Sanierung der Interspa-Gruppe wird in einem Regelinsolvenzverfahren fortgesetzt. Das zuständige Amtsgericht in Stuttgart hat den bisherigen Sachwalter Jochen Sedlitz von der Kanzlei Menold Bezler als Insolvenzverwalter der Interspa-Holdinggesellschaft sowie von fünf Betriebsgesellschaften bestellt.“ Davon betroffen sind neben Backnang auch die Wonnemar-Erlebnisbäder in Wismar, Sonthofen, Bad Liebenwerda und Marktheidenfeld.
Als Ende September vergangenen Jahres der erste Rettungsversuch publik wurde, war das wirtschaftliche Umfeld noch deutlich positiver. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr war den Sommer über im Land wieder ein wenig Normalität eingetreten und in den Bädern waren die ersten Gäste zurückgekommen. Viele klammerten sich an die Hoffnung, dass man von der zweiten Welle verschont bleiben könnte. Doch es kam anders. Und so erklärte Insolvenzverwalter Sedlitz gestern: „Die Rahmenbedingungen für eine Sanierung der Interspa-Gruppe haben sich während der vergangenen Monate infolge der Coronapandemie zunehmend verschlechtert, Erst kam es zu einem zweiten Lockdown, dessen Ende nicht abzusehen ist. Und nun bleiben die zugesagten staatlichen Finanzmittel aus. Unter diesen Umständen war ein Wechsel ins Regelverfahren angezeigt und die Eigenverwaltung hat dies entsprechend am Montag bei Gericht beantragt.“
Sedlitz hat seinen Angaben zufolge sofort mit einem vielköpfigen Team die Geschäfte übernommen und sondiert die noch verbliebenen Sanierungsoptionen. „Mein Ziel ist es, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden, um damit möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Nur dann werden auch die Gläubiger die bestmögliche Befriedigung erlangen,“ so Sedlitz. Dabei müssten gegebenenfalls auch Einzelinteressen einzelner Beteiligter hinten angestellt werden.
„Wir werden alles dafür tun, dass an den Standorten, an denen das noch möglich ist, die Bäder unverzüglich nach dem Lockdown öffnen und von den Bürgern genutzt werden können“, fügte Sedlitz hinzu. „Allerdings liegt dieses Ziel, genauso wie der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze, nicht alleine in meiner Hand. Ich fordere daher alle Beteiligten dazu auf, ihren Beitrag hierfür zu leisten.“
Backnangs Erster Bürgermeister Siegfried Janocha erfuhr erst gestern von der Änderung und erklärte zum Appell an die Städte: „Damit kann der Insolvenzverwalter uns nicht meinen. Wir haben die gesamte Zeit über miteinander verhandelt und uns um den Substanzerhalt gekümmert. Wir haben bisher schon unseren Beitrag geleistet und jeden Monat 75000 Euro zugeschossen.“ Nötig war dies für den Notbetrieb samt Wasser, Strom und Gas, auch wenn keine Badegäste vor Ort sind. Aber die sehr kostenintensive Technik eines solchen Bads macht ein solches Engagement nötig, „sonst geht alles sehr schnell kaputt“, so Janocha. Seinen Angaben zufolge sind zwei Mitarbeiter vor Ort, die von Backnang bezahlt werden. „Uns ist es wichtig, dass alles in Schuss bleibt und die Bäder nach dem Ende des Lockdowns wieder ordnungsgemäß öffnen können.“ Interspa-Pressesprecher Möller bestätigt Janochas Angaben: „Backnang hat sich immer sehr fair verhalten.“
Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz weist darauf hin, dass es nicht gerechtfertigt sei, der Interspa-Gruppe die Schuld für die Situation zu geben. „Es liegt auf der Hand, dass die Coronapandemie für die Stilllegung der Betriebe verantwortlich ist“, sagte er. Über die laufenden Investorengespräche darf der Insolvenzverwalter aufgrund gegenseitiger Verschwiegenheitsverpflichtungen öffentlich keine Auskunft geben.
Der Umsatz des Erlebnisbads Wonnemar Backnang betrug 2019 über 3,1 Millionen Euro. Es gehört zur Interspa-Gruppe, die deutschlandweit sechs Familien- und Erlebnisbäder und Thermen sowie ein Vier-Sterne-Hotel betreibt. Insgesamt beschäftigt die Gruppe rund 600 Mitarbeiter.