Landwirtschaft mit Mut zur Vielfalt

Demonstrationsbetrieb in Leutenbach stellt beim Feldtag mit rund 40 Teilnehmern Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität vor.

Beim Feldtag hat Familie Häußermann gemeinsam mit dem Landwirtschaftsamt Maßnahmen für mehr Artenvielfalt vorgestellt. Foto: Landratsamt Rems-Murr-Kreis

Beim Feldtag hat Familie Häußermann gemeinsam mit dem Landwirtschaftsamt Maßnahmen für mehr Artenvielfalt vorgestellt. Foto: Landratsamt Rems-Murr-Kreis

Rems-Murr. Der Micheleshof der Familie Häußermann in Leutenbach-Heidenhof ist ein Demonstrationsbetrieb für Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) in der Landwirtschaft. Diese wurden bei einem Felderrundgang mit rund 40 Teilnehmern nun vorgestellt und besichtigt.

Die Betriebsleiter Bernd und Jens Häußermann erläuterten, wie sie den Boden auf einem Kartoffelacker durch eine Schicht aus Mähgut länger feucht halten. Indem zusätzliche Nährstoffe eingetragen werden und das Unkraut unterdrückt wird, kann in der Folge vollständig auf die chemische Unkrautbekämpfung verzichtet werden. Außerdem finden sich viele Bodentiere in dieser Mulchschicht, wodurch die Artenvielfalt steigt. Das Mähgut stammt dabei von anderen Flächen des Betriebs, auf denen ein Gemenge aus Roggen und Wicken als Zwischenfrucht angebaut wurde. Das Mähen und Zerkleinern dieses Aufwuchses fand erst nach dem Blühzeitraum der Wicken statt – eine zusätzliche Nahrungsquelle für viele Insekten.

Familie Häußermann plant, die bisher viergliedrige Fruchtfolge (Getreide, Rüben, Kartoffeln und Soja) zukünftig um eine fünfte Frucht zu erweitern. „Eine weite Fruchtfolge ist genauso wichtig für die Biodiversität wie viele weitere Maßnahmen“, erläutert Bernd Häußermann. Denn durch die Abwechslung werden die vorhandenen Nährstoffe ausgelastet, die Bodenstruktur wird geschont und der Landwirt behält die Kontrolle über unerwünschte Beikräuter.

Als zweites Versuchsfeld wurde ein Weizenacker besichtigt. Die Besonderheit hier: Der Saatreihenabstand wurde von 12,5 Zentimetern auf 25 Zentimeter erhöht. Zudem wurden in die Lücken zwischen den Weizenreihen Klee, Ringelblumen und Kräuter eingesät. So haben Bodenbrüter wie die Feldlerche, aber auch das Niederwild im Acker mehr Platz zur Nahrungssuche sowie für den Nestbau und gleichzeitig mehr Möglichkeiten für einen Unterschlupf. Die Pflanzen zwischen den Weizenstängeln dienen Insekten zudem als Nahrungsquelle.

Ein gewisser Nachteil sind allerdings aufkeimende Unkräuter. „Um ein vermehrtes Auftreten von Problemunkräutern zu verhindern, sollten weite Reihen nur zum Einsatz kommen, wenn das Potenzial dafür gering ist“, empfiehlt die Biodiversitätsberaterin Dorothee Steinle vom Landwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises. Für Familie Häußermann bedeutet das aber auch einen geringeren Ertrag, denn auf dem Feld kann weniger Weizen geerntet werden.

Mehr Wohnraum für Tiere

durch Steinhaufen und Totholz

Für Reptilien und Kleinsäuger wurde ein Steinhaufen neben einer neu angelegten Streuobstwiese aufgeschüttet. Zudem wurde eine Menge Totholz abgelegt, das den Tieren als Wohnraum und Nahrung dient. Auch solche Maßnahmen dienen der Artenvielfalt sowie der Biodiversität und stören die Landwirtschaft nicht, wenn sie auf ertragsarmen Böden oder am Waldrand mit großer Beschattung angelegt werden.

Landwirtschaftsamtsleiter Michael Stuber und Dezernent Gerd Holzwarth vom Landratsamt Rems-Murr-Kreis sind begeistert über die Aktivitäten der Familie Häußermann, die helfen, den Rückgang der Arten zu reduzieren. „Es braucht Macher, die jetzt Neues ausprobieren und handeln, aber auch staatliche Förderung, um dadurch entstehende finanzielle Verluste der Landwirte auszugleichen“, so Gerd Holzwarth. Er hofft, dass viele landwirtschaftliche Betriebe dem guten Beispiel folgen. pm

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Erstellt:
12. August 2023, 06:00 Uhr

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