Langeweile ist ihm ein Fremdwort

Oppenweilers Bürgermeister außer Dienst Bernd Brischke feiert seinen 70. Geburtstag – Der Jubilar hat immer etwas zu tun

Nach 32 Jahren im Bürgermeisteramt hätten sich andere vielleicht zurückgelehnt und die freie Zeit genossen – nicht so Bernd Brischke. Ob Renovierungsarbeiten rund ums Haus, Ausflüge mit dem Motorrad oder Einsätze am Verwaltungsgericht – zu tun hat Brischke genug. Heute wird er 70 Jahre alt.

Bei gutem Wetter sitzt Bernd Brischke am liebsten in seinem Garten. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Bei gutem Wetter sitzt Bernd Brischke am liebsten in seinem Garten. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

OPPENWEILER. Die Sonne scheint durch das Fenster, die Enkelinnen wuseln durch das Wohnzimmer und Bernd Brischke lächelt: „Ich bin zufrieden.“ Er erfreue sich guter Gesundheit und wenn er erzählt, was er in seiner Freizeit so alles macht, ist klar: Langeweile ist ihm ein Fremdwort. Nachdem er 2010 aus dem Bürgermeisteramt schied, wollte Brischke noch nicht aufhören zu arbeiten und war in der Folge noch fünf Jahre als Projektleiter für ein Wohnungsbauunternehmen im Kreis Ludwigsburg tätig. Und er ist nicht der einzige Schaffer im Hause: Auch seine Frau Ursula könnte schon in Rente sein, arbeitet aber weiterhin. „Nach 50 Arbeitsjahren hat’s dann aber gereicht“, sagt Brischke. Ab und an ist er als ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht im Einsatz, ansonsten füllen die Enkelkinder, Arbeiten rund um das Haus sowie Ausflüge – zu Fuß, auf dem Rad oder dem Motorrad – seine Tage. Im vergangenen Jahr habe er eine Motorradausfahrt unternommen und in drei Tagen elf Pässe überquert, erzählt der Jubilar. „Die biologische Uhr tickt, so was muss man machen, solange man es noch kann.“

Und wenn er mal ein bisschen Entspannung will, könne er ja auf seinem Lieblingsplatz – der Bank vor seinem Gartenhäuschen – sitzen und die Ruhe genießen, sagt er. Arbeiten rund um Haus und Garten erledigt Bernd Brischke für gewöhnlich noch selbst. So hat er etwa das Haus neu gestrichen und im Garten Platten verlegt. Aber unter Druck setzt er sich deshalb nicht. „Ich mache das mit der nötigen Gelassenheit. Wenn ich keine Lust mehr habe, höre ich auf und dann wird am nächsten Tag weitergemacht.“ Nicht nur am eigenen Haus wird geschafft, auch als seine Tochter vor zwei Jahren gebaut hat, habe er mitangepackt, erzählt Brischke. Und als einem Bekannten der Rasenmäher kaputtging, fackelte Brischke auch nicht lange. „Habt ihr Platz in der braunen Tonne“, habe er gefragt und den Rasen des Bekannten dann kurzerhand mit dem eigenen Gerät gemäht. „Ich hab doch die Zeit“, erklärt der Bürgermeister außer Dienst schulterzuckend.

Eine finanziell gut ausgestellte Gemeinde übergeben

Mit der Kommunalpolitik hat Brischke aber nicht gebrochen, oft trifft man ihn in Gemeinderatssitzungen und anderen offiziellen Veranstaltungen an. Als Bürger der Sturmfedergemeinde interessiere ihn natürlich auch weiterhin, was vor sich geht, sagt er. Darüber, dass nun schon der dritte Nachfolger im Bürgermeisteramt ist, will Brischke jedoch nicht viele Worte verlieren. Nur so viel: „Wenn jemand eine ganze Amtszeit ausfüllt und womöglich noch eine dranhängt, schafft das Kontinuität. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Qualität.“ Insofern hoffe er, dass Bernhard Bühler länger an der Spitze des Rathauses bleibt.

Brischke weiß aus erster Hand, wie es ist, auf einen langjährigen Bürgermeister zu folgen. Er übernahm das Amt 1978, nachdem sein Vorgänger Julius Zehender 30 Jahre lang die Geschicke der Gemeinde geleitet hatte. „Wenn jemand 30 Jahre dieses Amt innehat, weiß man auch: Der hat nicht alles falsch gemacht.“ Insofern habe er damals seine neue Aufgabe behutsam angehen wollen. „Man will seine eigenen Schwerpunkte setzen, aber ohne da jemandem auf die Füße zu treten.“

Besonders hervorgetan hat sich Bernd Brischke in puncto Finanzen. Als er die Leitung der Gemeinde übernahm, hatte diese Schulden in Höhe von etwa 1,55 Millionen Mark. An seinen Nachfolger übergab er eine Kommune mit Rücklagen in Höhe von gut neun Millionen Euro. „Ich habe gesehen, wo man Geld verdienen kann: im Grundstücksgeschäft“, erklärt Brischke. Zudem habe Oppenweiler gute Einnahmen aus der Gewerbesteuer verzeichnen können. „Wir sind bewusst mit Geld umgegangen.“

Für dringende Projekte sei es immer gut, ein finanzielles Polster zu haben, weiß der Bürgermeister außer Dienst. Er erinnert sich, dass in seiner Amtszeit an der Grundschule unverhofft PCB-Schadstoffe gefunden wurden. Das habe sofortiges Handeln erfordert, man sei froh gewesen, das nötige Geld zu haben. „Wenn du Geld hast, ist es aber auch schwieriger, Wünsche aus der Bevölkerung abzulehnen.“ Diesen Spagat müsse der Rathauschef meistern. Manche Themen seien aber vorgegeben – das ewige Thema der Ortsumfahrung etwa. „Ich glaube immer noch daran, dass ich das erleben werde. Auch wenn ich dafür wohl über 80 werden muss“, sagt er lachend. Auch im Hochwasserschutz sei Oppenweiler zum Handeln verpflichtet. „Das ist im Sinne des Klimawandels so zwingend, da kommt man nicht drumherum.“

Mit Ratschlägen an die Nachfolger will sich Brischke zurückhalten

Dass der Bürgermeister aber nicht immer so schalten und walten kann, wie wünscht, hat Brischke ebenfalls erlebt. „Es gab schon Abstimmungen im Gemeinderat, da habe ich allein für etwas gestimmt und alle anderen waren dagegen.“ Dann müsse man eben einen anderen Weg finden. „Meistens habe ich dann irgendwann recht bekommen, auch wenn es lang gedauert hat.“ An eine Gelegenheit erinnert sich Brischke jedoch, wo das nicht geklappt hat: Als nämlich die Möglichkeit bestand, ein barrierefreies Ärztehaus zu errichten. Das passende Grundstück sei damals zu kaufen gewesen, er habe aber keine Mehrheit im Gemeinderat dafür gefunden. Nun sei Bühler mit eben jenem Problem konfrontiert, dass der Bedarf eines Ärztehauses besteht, die Umsetzung aber schwierig ist. Schadenfroh ist Brischke deshalb nicht, er fragt sich vielmehr, warum es ihm damals nicht gelungen ist, die Wichtigkeit des Unterfangens so zu verdeutlichen, sodass die Räte ihm zustimmten. Klar sei aber: „So etwas gehört zur Grundversorgung. Wenn sich keine Investoren finden, muss die Gemeinde das leisten.“

Mit Ratschlägen an seine Nachfolger habe er sich aber immer zurückgehalten, erzählt Brischke. „Das gehört sich nicht.“ Er habe immer betont: „Wenn ihr etwas wissen wollt, meldet euch.“ Ein einziges Mal sei er von dieser Richtlinie abgewichen: beim Hochwasser 2011. An jenem Tag habe er eigentlich mit Freunden in eine Besenwirtschaft gehen wollen, als der Anruf kam und ihn ein Bekannter fragte: „Weißt du eigentlich, was deine Murr gerade macht?“ Da habe er den geselligen Abend abgesagt und sei heimgefahren. Sein Nachfolger Steffen Jäger habe alles im Griff gehabt, aber aus der Erfahrung des Hochwassers von 1999 – das übrigens an Brischkes 50. Geburtstag kam – wusste der Bürgermeister außer Dienst: Container für die Aufräumarbeiten müssen sofort bestellt werden, „sonst kriegt man keine mehr“. Und so habe er den damaligen Hauptamtsleiter Timo Mäule angerufen und ihm diesen Tipp gegeben.

Der Abschied aus dem Amt nach so vielen Jahren war für Brischke auch eine Befreiung. „In Vorbereitung auf den Ruhestand habe ich gearbeitet bis zum letzten Tag. Am Freitag wurde ich verabschiedet. Am Montagmorgen bin ich aufgewacht und eine Last ist von mir abgefallen“, erinnert er sich. Nun sei er ein freier Mensch, und nicht mehr verantwortlich für das Wohl der Gemeinde. „Ich kann mir von Weitem anschauen, wie es weitergeht.“

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Erstellt:
20. Februar 2019, 06:00 Uhr

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