Lebensmittelpreise treffen die Gastronomie
Alles wird teurer (6) Schon seit dem Beginn der Coronapandemie haben die Restaurantbetreiber zu kämpfen. Dazu kommen die gestiegenen Energiekosten und eben die Inflation. Weil die Lebensmittel teurer geworden sind, mussten viele schon die Preise auf ihrer Speisekarte anheben.
Von Melanie Maier
Rems-Murr. Ein bisschen günstiger ist seit kurzer Zeit wieder der Butterpreis. Aber so richtig helfe das auch nicht, sagt Christos Kiroglou. Denn die meisten Lebensmittel seien wegen der Inflation eben immer noch extrem teuer, erklärt der Chef des Backnanger Klubs und Restaurants Merlin. Ein paar Beispiele hat er sofort parat: Für ein Kilo Pommes hat er vor einem Jahr noch 99 Cent bezahlt, jetzt sind es 1,79 Euro. Der Sahnepreis ist von 2,19 Euro auf 4,25 Euro je Liter geschnellt. Am heftigsten ist der Unterschied beim Lachssteak: Das kostet nun 26 Euro pro Kilo statt 16,50 Euro. „Der Fischpreis ist brutal hochgegangen“, sagt Kiroglou. Aber auch die Grundprodukte, auf die er täglich zurückgreifen muss – Milchprodukte, Mehl, Gemüse –, sind teurer geworden. Und zwar deutlich.
Deshalb hat Kiroglou die Preise auf seiner Speisekarte erhöht. „So wie alle anderen auch“, sagt er. Den kompletten Aufpreis könne er aber nicht an die Kundinnen und Kunden weitergeben. Weil es zu viel wäre. „Das würde keiner mehr bezahlen“, ist er sich sicher. Bisher sei er noch nicht auf die höheren Preise angesprochen worden. „Die Kunden haben Verständnis“, sagt er. Dafür ist Kiroglou dankbar. Denn in den zurückliegenden drei Jahren ist viel zusammengekommen: die Pandemie, die Energiekrise und jetzt die Inflation. „Das Leiden der Gastronomie“, kommentiert er. Und fügt hinzu: „Wenn der Umsatz auch nur ein bisschen zurückgehen würde, würde ich in Schwierigkeiten kommen. Was das Merlin rettet, sind die Veranstaltungen.“ Die Getränkepreise seien glücklicherweise nicht so hochgegangen wie die Lebensmittelpreise. Wenn sich das Merlin allabendlich vom Restaurant zum Klub verwandelt, verdient Kiroglou am meisten Geld.
Die meisten Lebensmittel sind um rund zehn Prozent teurer geworden
Ähnlich ist das bei Kurt Sträb von der Gaststätte Traube in Murrhardt. Wobei Bier und Wein auch teurer seien als vorher, sagt er: „Nur die nicht alkoholischen Getränke sind gleich geblieben.“ Sträb bietet in der Traube zwar nur Vesper zum Essen an, aber dass Wurst und Brot mehr kosten, bekommt auch er zu spüren. Ob er seine Preise deshalb erhöht hat? „Jawoll, das hab ich gemacht“, bestätigt Sträb. „Es bleibt einem ja nichts anderes übrig.“ Die meisten Lebensmittel seien um rund zehn Prozent teurer geworden. „Das geht schon seit Herbst 2022 so“, weiß er.
Mit der Erhöhung der Preise stehen Sträb und Kiroglou nicht alleine da. „Denn was macht man als Restaurantbetreiber mit gestiegenen Lebensmittelpreisen? Einfach gesagt: die Preise erhöhen“, fasst Michael Matzke, der erste Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Rems-Murr, zusammen. Dabei treffe es alle: die Restaurantbetreiber genauso wie die Endverbraucher, die ja an der Supermarktkasse ebenfalls mehr bezahlen müssen. Für die Restaurantbetreiber heiße es aus diesem Grund abzuwägen, wie der nötige Umsatz gemacht werden kann, erklärt Matzke. Es ist ein schmaler Grat: Sind die Preise zu hoch, kommt niemand mehr zum Essen. Sind sie nicht hoch genug, bekommt der Gastronom vielleicht Probleme.
Ein Problem sind die großen Preisschwankungen
Daher versuchen es viele Betreiber mit verschiedenen Strategien, weiß Matzke. Zum Beispiel über die Preiskalkulation. Aber die Speisekarte täglich anzupassen und nur das einzukaufen, was tagesaktuell günstig ist, das tun nur die wenigsten. „Die meisten haben ein festes Programm und müssen dafür die Zutaten einkaufen – egal, wie teuer sie sind“, so Matzke. Das Problem seien die großen Schwankungen bei den Preisen. Es könne sein, dass ein bestimmtes Produkt von einem Tag auf den anderen dreimal so viel koste wie vorher, weiß der Dehoga-Chef. „Und jede Kostensteigerung beeinflusst am Ende den Ertrag. Denn die Erträge in der Gastronomie sind nicht so hoch. Schon kleine Kostensteigerungen wirken sich aus.“
Eine andere Maßnahme: nur noch so viel einkaufen, wie tatsächlich verbraucht wird. Dabei seien die Gastronomen aber auch auf die Gäste angewiesen, sagt Matzke. „Denn wenn sich eine Gruppe mit 30 Personen anmeldet, am Ende aber nur 20 kommen, ist es schwer, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.“ Dass weniger Müll in den Restaurants anfällt, ist vermutlich der einzige positive Effekt der höheren Lebensmittelpreise. Denn wenn selbst das Gemüse teuer ist, möchte niemand mehr auch nur eine Kartoffel verschwenden.
Als weitere Strategien nennt Matzke die Verkürzung der Öffnungszeiten, den Abbau von Personal sowie die Verkleinerung des Angebots. Das hat auch schon Matthias Häußer vom Restaurant Löwen in Heutensbach verkleinert. Coronabedingt, sagt er. „Wir hatten eine relativ große Karte, nach Corona haben wir die sehr eingeschränkt. Dafür mache ich alles frisch.“ Beschwert habe sich deshalb aber noch niemand. „Ich ändere von Zeit zu Zeit die Speisekarte, deshalb ist das wohl noch niemandem aufgefallen“, sagt Häußer. Auch er musste die Preise auf seiner Speisekarte aufgrund der Inflation und der gestiegenen Energiepreise anpassen. „Ich habe mich an der Inflation orientiert und relativ hoch aufgeschlagen. Es ging einfach nicht anders“, sagt er. Von seiner Kundschaft habe er aber sehr große Akzeptanz erfahren, freut sich der Löwen-Betreiber. Weil er weiß, wie schwierig die Situation ist, ist er sogar aktiv auf die Gäste zugegangen und hat erklärt, warum er die Preise erhöhen musste. „Ich lebe von der Akzeptanz“, ist sich Häußer sehr bewusst.
Serie Die Inflation in Deutschland ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In der Serie „Alles wird teurer“ beleuchten wir die Folgen des Preisanstiegs aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Alle erschienenen Folgen findet man in unserem Dossier.